Kneipenschlägerei (Haftung Beteiligter)
13. Juli 2025
11 Kommentare
4,8 ★ (18.579 mal geöffnet in Jurafuchs)
+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)
A geht in eine Kneipe. Kurz darauf bricht unvermittelt eine chaotische Kneipenschlägerei aus, in deren Verlauf B und C unabhängig voneinander der A mehrmals ins Gesicht schlagen. Am Ende der Schlägerei stellt A fest, dass ihre Nase gebrochen ist.
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Einordnung des Falls
Kneipenschlägerei (Haftung Beteiligter)
Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 4 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt
1. A hat eine Rechtsgutsverletzung erlitten (§ 823 Abs. 1 BGB).
Genau, so ist das!
2. B und C haben jeweils eine kausale Verletzungshandlung begangen (§ 823 Abs. 1 BGB).
Nein, das trifft nicht zu!
3. B und C haften als Mittäter (§§ 830 Abs. 1 S. 1, 840 BGB).
Nein!
4. B und C haften als Beteiligte (§§ 830 Abs. 1 S. 2, 840 BGB).
Genau, so ist das!
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Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community
evanici
11.9.2023, 19:27:19

Lukas_Mengestu
15.9.2023, 18:17:25
Hallo evanici, grundsätzlich ja, allerdings bedarf es hier eben des qualifizierenden Elements der "Beteiligung". Der Begriff der Beteiligung ist hierbei anders zu verstehen, als im Strafrecht. Der BGH verlangt hier im Minimum eine Haftungsgemeinschaft auf Grund der gemeinsamen Gefährdung,
Mittäterschaft, Anstiftung, Beihilfe sind also für einen Anspruch aus § 830 Abs. 1 S. 2 BGB gerade nicht notwendig. Mehr dazu findest Du auch hier: Jauernig/Kern, 19. Aufl. 2023, BGB § 830 Rn. 10 Beste Grüße, Lukas - für das Jurafuchs-Team
isa_hh
16.10.2023, 15:45:28
Wie kann denn Gewissheit über die Schadensverursachung durch einen der Beteiligten vorherrschen, wenn bei beiden unerlaubten Handlungen keine Kausalität nachgewiesen werden kann?
isa_hh
16.10.2023, 15:58:53
Ich kann es mir durch einen nachfolgenden Fall hoffentlich bereits selbst erklären. Es ist zu unterscheiden zwischen Urheberzweifeln und Anteilszweifeln, heißt hinsichtlich der Urheberzweifel, dass klar ist, dass es einer der Beteiligten war, nur nicht wer und dies auch nicht durch Kausalität geklärt werden kann - aber es kann niemand anderes gewesen sein. Wie hier im Fall kann es niemand außer B und C gewesen sein.
Findet Nemo Tenetur
16.3.2025, 23:06:42
@[

Sassun
25.12.2024, 16:08:44
Inwiefern wären hier die Grundsätze der alternativen Kausalität darzustellen? Mich verwirrt die § 830 Konstellation noch immer etwas
benjaminmeister
20.1.2025, 18:15:08
Ich bin mir selbst nicht ganz sicher, aber ich würde es so sehen: Für Fälle der alternativen Kausalität (=
Doppelkausalität) wird die Äquivalenzformel folgendermaßen modifiziert: "Wenn mehrere Bedingungen zwar alternativ, nicht aber kumulativ hinweggedacht werden können, ohne dass der Erfolg entfiele, soll jede von ihnen als ursächlich anzusehen sein.". Eine Handlung ist danach also dann kausal wenn: 1. Der Erfolg entfällt NICHT wenn man nur eine Handlung wegdenkt. 2. Der Erfolg entfällt wenn man beide Handlungen wegdenkt. Voraussetzung 2 dürfte erfüllt sein: Denkt man Bs und Cs Handlung weg, entfällt der Erfolg. Aber bzgl. Voraussetzung 1: Denkt man Bs Handlung weg, steht nicht fest, dass der Erfolg gerade NICHT entfällt. Der Erfolg könnte nämlich entfallen, wenn es tatsächlich Bs Handlung ist, die ursächlich war. Das steht aber eben nicht fest. Deshalb hilft die Modifikation der Äquivalenzformel nicht weiter und es bedarf § 830 I S. 2.
okalinkk
5.4.2025, 10:58:42
?
Dogu
26.5.2025, 11:06:18
Ja, das stimmt. Wenn aber im weiteren Verlauf der SE für den Nasenverletzung geprüft wird, muss der geltend gemachte Schaden auch auf die durch den Schädiger konkret kausal verursachte Rechtsgutverletzung zurückzuführen sein (wenn kein Fall des
830 BGBvorliegt). Die Rechtsgutverletzung ist das Nadelöhr bei
823 BGB. Für die KV an einem anderen Körperteil durch einen anderen Schädiger ist der andere Schädiger ja grds. erstmal nicht verantwortlich, wenn nicht andere Umstände hinzutreten sollten.
okalinkk
5.4.2025, 10:59:30
?
Honeybee
15.6.2025, 18:01:52
Hi, Habe ich es richtig verstanden, dass im strafrechtlichen Kontext die Täter gar nicht verurteilt werden dürften, wenn nicht festgestellt werden kann, ob sie für die (schwere) Körperverletzung verantwortlich sind (
in dubio pro reo). Ich meine bei der alternativen Kausalität muss jede Handlung für sich allein schon kausal sein, während bei der kumulativen Kausalität die Handlung nicht hinweggedacht werden darf, ohne, dass der Erfolg entfiele. Im deliktsrecht ist es aber so, dass jeder für den Schaden verantwortlich ist, wenn bei einer gemeinsamen Tat nicht festgestellt werden kann, wer tatsächlich die entscheidende Handlung begangen hat? Würde man sich hier die Handlung des einen Täters wegdenken, so kann man ja gar nicht sagen, ob der Erfolg entfiele. Vielen Dank Hanna