Zivilrecht

Schuldrecht Allgemeiner Teil

Rücktritt

Rücktritt bei Teilleistung - Erheblichkeit

Rücktritt bei Teilleistung - Erheblichkeit

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+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)

Jurafuchs
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Klassisches Klausurproblem

K kauft bei V eine Designerküche für € 10.000. Außer dem Kühlschrank wird alles wie vereinbart geliefert. K setzt V erfolglos eine Nachfrist. Da kein anderer Kühlschrank in die maßgefertigte Küche passt, will K die Küche zurückgeben und fordert ihr gesamtes Geld zurück.

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Einordnung des Falls

Rücktritt bei Teilleistung - Erheblichkeit

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 3 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. K kann nach § 346 Abs. 1 BGB den Kaufpreis zurückverlangen, wenn sie wirksam den Rücktritt ausgeübt hat.

Ja, in der Tat!

Durch den wirksamen Rücktritt wird der ursprüngliche Vertrag in ein Rückgewährschuldverhältnis umgewandelt und die Parteien müssen die jeweils empfangenen Leistungen und Nutzungen zurückgewähren (§ 346 Abs. 1 BGB). Ein wirksamer Rücktritt setzt (1) eine Rücktrittserklärung und (2) einen Rücktrittsgrund voraus. (3) Zudem darf der Rücktritt nicht ausgeschlossen sein. Achte darauf, dass bei Rückgewähransprüchen die Rechtsfolge aus §§ 346 ff. BGB resultiert. Diese sind als Anspruchsgrundlage im Obersatz zu zitieren.
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2. K steht ein gesetzliches Rücktrittsrecht nach § 323 Abs. 1 BGB zu.

Ja!

Das Rücktrittsrecht nach § 323 Abs. 1 BGB setzt voraus: (1) gegenseitiger Vertrag, (2) wirksamer, fälliger und einredefreier Anspruch, (3) Nichterbringung der Leistung bei Fälligkeit bzw. nicht ordnungsgemäßer Leistung und (4) erfolglose Fristsetzung (§ 323 Abs. 1-3 BGB).Aufgrund des geschlossenen Kaufvertrages stand K ein Anspruch auf Übergabe und Übereignung des Kühlschranks zu. Da V den Kühlschrank nicht geliefert hat, hat sie zumindest teilweise ihre fällige Leistung nicht vertragsgemäß erbracht. Die von K gesetzte Frist ist erfolglos abgelaufen.

3. K kann vom ganzen Kaufvertrag zurücktreten und den Kaufpreis in Höhe von €10.000 zurückverlangen.

Genau, so ist das!

Nimmt der Gläubiger entgegen § 266 BGB eine Teilleistung an, so ist sein Rücktrittsrecht grundsätzlich auf den nicht erbrachten Teil des Vertrages beschränkt (§ 323 Abs. 5 S. 1 BGB) und auch seine Gegenleistungspflicht erlischt nur in diesem Umfang. Ausnahmsweise kommt ein Rücktritt insgesamt in Betracht, wenn er an der erbrachten Teilleistung bei objektiver Betrachtung kein Interesse hat. Dieser Interessenwegfall muss auf der Unvollständigkeit der Leistung beruhen.Da ausweislich des Sachverhaltes kein anderer Kühlschrank in die Küche passt und dieser essentiell für eine Küche ist, hat K objektiv kein Interesse an dem Behalten der unvollständigen Küche.
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Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community

CDE

corpus delicti

23.8.2023, 11:14:18

Kann K Mehrkosten für einen neuen passenden Kühlschrank verlangen? eventuell war dieser im Set günstig aber andere von gleicher Größe sind deutlich teurer. Ist es dann nicht vertretbar, bei deutlichem Preisunterschied kein Interesse anzunehmen ist gem. § 323 V und bei einem Unterschied K eventuell die Mehrkosten von V verlangen könnte? Über welche AGL wäre das? §§ 280,281?

LELEE

Leo Lee

24.8.2023, 14:56:43

Hallo corpus delicti, sobald die Voraussetzungen des §§ 280 I, III, 281 I BGB vorliegen, kann man auch die Deckungskosten (einschl. der Mehrkosten) verlangen. Dass dieser im Set günstiger war, spielt für die Deckungskosten erstmal keine Rolle. In diesem Fall waren die Mehrkosten allerdings irrelevant, da es keinen Kühlschrank gab, der in die Küche passte (womit auch keine Deckungskosten anfielen). D.h., in deinem gedachten Fall könnte die K - wenn es einen Kühlschrank gibt, der passt - die Mehrkosten selbstverständlich verlangen, solange Sie die restliche Küche behält (dann liegt ein sog. kleiner Schadensersatz vor); AGL wäre dann §§ 280 I, III, 281 I BGB :). Liebe Grüße - für das Jurafuchsteam - Leo

CDE

corpus delicti

24.8.2023, 15:16:11

Super danke für die Antwort:)

THE

Theo1

25.7.2024, 16:36:24

In der Erklärung zur Aufgabe steht: "Nimmt der Gläubiger entgegen § 266 BGB eine Teilleistung an, so ist sein Rücktrittsrecht grundsätzlich auf den nicht erbrachten Teil des Vertrages beschränkt (§ 323 Abs. 5 S. 1 BGB)." Ich glaube dass ist so nicht richtig, der Gläubiger *muss* eine Teilleistung entgegen § 266 BGB annehmen, wenn der Rest der Leistung wegen Unmöglichkeit nicht erbracht werden kann und er nicht an der Teilleistung kein Interesse hat.


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