Zivilrecht

Schuldrecht Allgemeiner Teil

Rücktritt

Rücktritt bei Teillleistung - keine teilbare Gegenleistung

Rücktritt bei Teillleistung - keine teilbare Gegenleistung

leichtmittelschwer

+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)

Jurafuchs
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Klassisches Klausurproblem

K kauft von V einen Vitrasessel für €5.000. Trotz Fälligkeit zahlt K nicht. Nachdem ihm V eine angemessene Nachfrist von 14 Tagen gesetzt hat, überweist K zumindest €4.000. V wird die Sache lästig, weswegen er nun insgesamt von dem Vertrag zurücktreten möchte.

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Einordnung des Falls

Rücktritt bei Teillleistung - keine teilbare Gegenleistung

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 4 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. V kann nach § 346 Abs. 1 BGB den Sessel zurückverlangen, wenn er wirksam den Rücktritt ausgeübt hat.

Ja, in der Tat!

Durch den wirksamen Rücktritt wird der ursprüngliche Vertrag in ein Rückgewährschuldverhältnis umgewandelt und die Parteien müssen die jeweils empfangenen Leistungen und Nutzungen zurückgewähren (§ 346 Abs. 1 BGB). Ein wirksamer Rücktritt setzt (1) eine Rücktrittserklärung und (2) einen Rücktrittsgrund voraus. (3) Zudem darf der Rücktritt nicht ausgeschlossen sein. Achte darauf, dass bei Rückgewähransprüchen die Rechtsfolge aus §§ 346 ff. BGB resultiert. Diese sind als Anspruchsgrundlage im Obersatz zu zitieren.
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2. V steht ein gesetzliches Rücktrittsrecht nach § 323 Abs. 1 BGB zu.

Ja!

Das Rücktrittsrecht nach § 323 Abs. 1 BGB setzt voraus: (1) gegenseitiger Vertrag, (2) wirksamer, fälliger und einredefreier Anspruch, (3) Nichterbringung der Leistung bei Fälligkeit bzw. nicht ordnungsgemäßer Leistung und (4) erfolglose Fristsetzung (§ 323 Abs. 1-3 BGB).Aufgrund des geschlossenen Kaufvertrages hat V einen Anspruch darauf, dass K den Kaufpreis bezahlt. Da K auch innerhalb der gesetzten Nachfrist den Kaufpreis nicht vollständig bezahlt hat, liegen die Voraussetzungen des § 323 Abs. 1 BGB vor.

3. Bei Teilleistungen kann der Schuldner grundsätzlich nur vom Vertrag zurücktreten, wenn er an diesen objektiv kein Interesse hat.

Genau, so ist das!

Bei Teilleistungen ist das Rücktrittsrecht nach § 323 BGB grundsätzlich auf den nicht erbrachten Teil des Vertrages beschränkt. Ausnahmsweise kommt ein Rücktritt insgesamt in Betracht, wenn er an der erbrachten Teilleistung bei objektiver Betrachtung kein Interesse hat (§ 323 Abs. 5 S. 1 BGB). Dieser Interessenwegfall muss auf der Unvollständigkeit der Leistung beruhen.

4. Da V objektiv an den bereits gezahlten €4.000 Interesse hat, kann er lediglich bezüglich der ausgebliebenen Leistung (€1.000) zurücktreten.

Nein, das trifft nicht zu!

Über den Wortlaut des § 323 Abs. 5 S. 1 BGB hinaus, ist bei Teilleistungen ein vollständiger Rücktritt auch dann möglich, wenn die geschuldete Gegenleistung des Gläubigers unteilbar ist. Auf den Interessenwegfall kommt es dann nicht an. Da es V nicht möglich ist, K bloß einen Anteil des Sessels zu übereignen, fehlt es an der Teilbarkeit seiner Gegenleistung. Ungeachtet der Frage, ob V objektiv ein Interesse an den €4.000 hat, kann er somit insgesamt zurücktreten.
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Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community

Johannes Nebe

Johannes Nebe

1.9.2024, 09:24:33

Wäre hier eine Erwähnung von § 266 BGB hilfreich, der das Recht zu Teilleistungen versagt?


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