Sucht Kind nur Gespräch und Hilfe: Kein Wille zur Inobhutnahme (RdNr. 14)


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Karl (15 Jahre) sucht den Notdienst des Jugendamtes auf. Bei einem Gespräch mit einem Mitarbeiter gibt er an, ständig in Streit mit dem neuen Freund seiner Mutter zu geraten. Er bittet um Rat, wie er mit der Situation umgehen solle, da er sich alleine nicht mehr zu helfen wisse.

Einordnung des Falls

Sucht Kind nur Gespräch und Hilfe: Kein Wille zur Inobhutnahme (RdNr. 14)

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 3 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. Der Jugendliche muss die Bitte um Inobhutnahme als solche bezeichnen und wörtlich zum Ausdruck bringen.

Nein!

Der Wunsch des Minderjährigen muss nicht ausdrücklich als Bitte um Inobhutnahme bezeichnet werden. Entscheidend ist der wirkliche Wille des Minderjährigen, den das Jugendamt durch Auslegung ermitteln muss.

2. Karl hat durch sein Vorsprechen beim Jugendamt um Inobhutnahme (§ 42 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 SGB VIII) gebeten.

Nein, das ist nicht der Fall!

Der Wille des Minderjährigen ist im Zweifelsfall durch fachkundige Auslegung zu ermitteln. Karl sucht hier im Konflikt mit dem neuen Partner seiner Mutter nur einen Rat, also ein Gespräch und Hilfe. Es geht lediglich um eine Beratung ohne die Eltern nach § 8 Abs. 3 SGB VIII. Karl bittet nicht um eine Inobhutnahme durch das Jugendamt (§ 42 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 SGB VIII).

3. Das Jugendamt ist verpflichtet, einen Minderjährigen in Obhut zu nehmen, wenn dieser darum bittet (§ 42 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 SGB VIII).

Ja, in der Tat!

§ 42 SGB VIII sieht drei unterschiedliche Fallgruppen vor, die Anlass für eine Inobhutnahme geben: (1) wenn ein Minderjähriger um die Inobhutnahme bittet (§ 42 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 SGB VIII), (2) eine dringende Gefahr für das Wohl des Minderjährigen die Inobhutnahme erfordert (§ 42 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 SGB VIII) oder (3) wenn ausländische Minderjährige unbegleitet nach Deutschland kommen (§ 42 Abs. 1 S. 1 Nr. 3 SGB VIII). Bei der Bitte um Inobhutnahme durch einen Minderjährigen handelt es sich um eine sogenannte Selbstmeldung. Hier ist die Frage, ob K um Inobhutnahme gebeten hat, indem er sich an das Jugendamt wandte.

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