Gestörte Gesamtschuld – Einführung

21. November 2024

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leichtmittelschwer

+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)

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Klassisches Klausurproblem

T nimmt Anhalter A in ihrem Tesla mit. Sicherheitshalber vereinbart sie mit A wirksam einen Haftungsausschluss für Schäden infolge eines Verkehrsunfalls. Tatsächlich kommt es später zu einem Unfall mit Fs Smart, bei dem A verletzt wird. T und den F treffen gleich hohes Verschulden.

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Einordnung des Falls

Gestörte Gesamtschuld – Einführung

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 4 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. A kann von F Schadensersatz für die erlittenen Verletzungen nach § 7 Abs. 1 StVG verlangen.

Genau, so ist das!

Die Halterhaftung aus § 7 Abs. 1 StVG setzt voraus: (1) Rechtsgutverletzung; (2) Verursachung bei dem Betrieb eines Kraftfahrzeugs; (3) Haltereigenschaft des Anspruchsgegners; (4) kein Ausschluss des Anspruchs (§ 7 Abs. 2 und 3, § 8, § 17 Abs. 3 StVG).As Körper und Gesundheit wurden bei dem Unfall der beiden Wagen verletzt. Die Verletzung ereignete sich bei Betrieb des Smarts und F ist auch dessen Halter. Ausschlussgründe sind nicht ersichtlich.Ebenso besteht ein Anspruch aus §§ 7, 18 StVG (Fahrerhaftung) bzw. § 823 Abs. 1 BGB).
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2. A kann ebenfalls von T Schadensersatz für die erlittenen Verletzungen nach § 7 Abs. 1 StVG verlangen.

Nein, das trifft nicht zu!

Die Anspruchsvoraussetzungen des § 7 Abs. 1 StVG liegen grundsätzlich auch gegenüber T vor. Allerdings haben T und A wirksam individualvertraglich einen Haftungsausschluss geschlossen für Verletzungen, die im Zusammenhang mit einem Unfall stehen. Damit scheidet ein Anspruch des A gegen T aus § 7 Abs. 1 StVG aus. Gleiches gilt für die Ansprüche aus §§ 7, 18 StVG, § 823 Abs. 1 BGB, §§ 823 Abs. 2 i.V.m. § 229 StGB.Beachte: In allgemeinen Geschäftsbedingungen würde der Haftungsausschluss für fahrlässige Körperverletzungen an § 309 Nr. 7a BGB scheitern.

3. Ohne den Haftungsausschluss hätte A auch von T Schadensersatz verlangen können. T und F wären dann Gesamtschuldner (§ 840 Abs. 1 BGB).

Ja!

Sind für den aus einer unerlaubten Handlung entstehenden Schaden mehrere nebeneinander verantwortlich, so haften sie nach § 840 Abs. 1 BGB als Gesamtschuldner. Die Höhe der Anteile richtet sich analog § 254 BGB nach dem Verursachungs- und Schuldbeitrag.Ohne den Haftungsausschluss hätte A gegen F und T Ansprüche aus unerlaubter Handlung. Damit wären sie Gesamtschuldner. Der leistende Schuldner könnte dann auch bei dem jeweils anderen Rückgriff nehmen (§ 426 Abs. 1 S. 1 BGB bzw. § 426 Abs. 2 BGB).

4. In Fällen wie dem vorliegenden spricht man von einer gestörten Gesamtschuld.

Genau, so ist das!

§ 840 Abs. 1 BGB setzt voraus, dass mehrere Schädiger nebeneinander haften. Besteht zwischen Opfer und einem der Schädiger indes eine Haftungsprivilegierung, so verhindert diese Privilegierung die Entstehung einer Gesamschuld. Denn dann gibt es lediglich einen und nicht mehrere haftende Schädiger (Zweitschädiger). Es liegt eine gestörte Gesamtschuld vor. Dies hätte zur Folge, dass der Zweitschädiger allein für den Schaden verantwortlich wäre. Um dieses Ergebnis zu korrigieren, haben sich unterschiedliche Lösungswege entwickelt. Hierzu mehr in den folgenden Aufgaben.
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Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community

PattarP

PattarP

20.1.2023, 18:31:01

T nimmt Anhalter A in ihrem Tesla mit. Und das im Jahr 1954 - da ist T aber ihrer Zeit voraus 😄

Nora Mommsen

Nora Mommsen

25.1.2023, 14:22:52

Hey, PattarP - da ist unser Aufgabensteller wohl in der Zeit gereist. :D Viele Grüße, Nora - für das Jurafuchs-Team

BAY

bayilm

19.10.2023, 23:49:08

Findet der Grundsatz der gestörten Gesamtschuld auch Anwendung neben dem Deliktsrecht auch in anderen Rechtsgebieten Anwendung, oder handelt es sich hier nur um etwas was spezifisch im Deliktsrecht verwendet wird?

LELEE

Leo Lee

21.10.2023, 15:06:01

Hallo baylim, die

gestörte Gesamtschuld

wird immer dann relevant, wenn ein „Dritter“ involviert ist, der nichts mit den internen Abreden (vertragliche Haftungsprivilegien) oder mit gesetzlichen Privilegien was zu tun hat (etwa Dritter vs. Eltern-Kind). Und da es im Zivilrecht i.R.v. Schaden nur einen „Dritten“ – also der keine vertraglichen Beziehungen hat – im Deliktsrecht gibt, wird auch die

gestörte Gesamtschuld

nur in deliktsrechtlichen Ansprüchen ggü. Dem DRITTEN relevant :). Liebe Grüße – für das Jurafuchsteam – Leo


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