Zivilrecht
Schuldrecht Allgemeiner Teil
Gläubiger- /Schuldnermehrheit
Gestörte Gesamtschuld – Einführung
Gestörte Gesamtschuld – Einführung
3. Juli 2025
9 Kommentare
4,8 ★ (17.600 mal geöffnet in Jurafuchs)
+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)
T nimmt Anhalter A in ihrem Tesla mit. Sicherheitshalber vereinbart sie mit A wirksam einen Haftungsausschluss für Schäden infolge eines Verkehrsunfalls. Tatsächlich kommt es später zu einem Unfall mit Fs Smart, bei dem A verletzt wird. T und den F treffen gleich hohes Verschulden.
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Einordnung des Falls
Gestörte Gesamtschuld – Einführung
Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 4 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt
1. A kann von F Schadensersatz für die erlittenen Verletzungen nach § 7 Abs. 1 StVG verlangen.
Genau, so ist das!
2. A kann ebenfalls von T Schadensersatz für die erlittenen Verletzungen nach § 7 Abs. 1 StVG verlangen.
Nein, das trifft nicht zu!
3. Ohne den Haftungsausschluss hätte A auch von T Schadensersatz verlangen können. T und F wären dann Gesamtschuldner (§ 840 Abs. 1 BGB).
Ja!
4. In Fällen wie dem vorliegenden spricht man von einer gestörten Gesamtschuld.
Genau, so ist das!
Fundstellen
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Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community
PattarP
20.1.2023, 18:31:01
T nimmt Anhalter A in ihrem Tesla mit. Und das im Jahr 1954 - da ist T aber ihrer Zeit voraus 😄

Nora Mommsen
25.1.2023, 14:22:52
Hey, PattarP - da ist unser Aufgabensteller wohl in der Zeit gereist. :D Viele Grüße, Nora - für das Jurafuchs-Team
bayilm
19.10.2023, 23:49:08
Findet der Grundsatz der gestörten
Gesamtschuldauch Anwendung neben dem Deliktsrecht auch in anderen Rechtsgebieten Anwendung, oder handelt es sich hier nur um etwas was spezifisch im Deliktsrecht verwendet wird?
Leo Lee
21.10.2023, 15:06:01
Hallo baylim, die
gestörte Gesamtschuldwird immer dann relevant, wenn ein „Dritter“ involviert ist, der nichts mit den internen
Abreden (vertragliche Haftungsprivilegien) oder mit gesetzlichen Privilegien was zu tun hat (etwa Dritter vs. Eltern-Kind). Und da es im Zivilrecht i.R.v.
Schadennur einen „Dritten“ – also der keine vertraglichen Beziehungen hat – im Deliktsrecht gibt, wird auch die
gestörte Gesamtschuldnur in deliktsrechtlichen Ansprüchen ggü. Dem DRITTEN relevant :). Liebe Grüße – für das Jurafuchsteam – Leo
Lt. Maverick
7.5.2025, 14:45:39
@[Leo Lee](213375) Wie verhält es sich aber, wenn z.B. M und F einen Mietvertrag mit dem minderjährigen C geschlossen haben und C Sohn des M ist. Wenn jetzt eine Nebenpflichtverletzung aus dem Mietvertrag von M und F ausgeht und C einen
Schadenerleidet, M aber gegenüber C im Rahmen des §
280 I BGBwegen §§ 1664 I, 276 BGB nicht haftet, dann wäre F gerade kein „Dritter“.
Daniel
15.6.2025, 15:45:10
@LeoLee, in einer Variante des
Salatblattfalls ist das durchaus ein Thema, wenn das Kind auf von der Mutter geschenkten Rollschuhen durch den Supermarkt rauscht und durch das Salatblatt stürzt. Dann könnte man eigentlich ein Mitver
schulden der Mutter annehmen, was dann wegen §§ 1664,
277 BGBauch nur ausgeschlossen ist, wenn das mit den Rollschuhen nicht grob fahrlässig war...
nondum conceptus
2.4.2025, 13:41:04
wie sieht es auch wenn das Kind als Beifahrer mitfährt
Daniel
15.6.2025, 15:40:05
Ein Fall der gestörten
Gesamtschuldliegt nach Rechtsprechung schon nicht vor, denn die gesetzliche (!) Privilegierung durch §
1664 BGBverhindert das Entstehen eines
Gesamtschuldverhältnisses nach § 840 Abs. 1 BGB. Nach §
1664 BGBwird die Haftung der Eltern gegenüber der Kinder auf
Sorgfalt in eigenen Angelegenheitenbeschränkt, was nach
§ 277 BGBim Allgemeinen grobe Fahrlässigkeit bedeutet. Der BGH sagt: "Wenn die Mithaftung an §
1664 BGBscheitert, wächst der so “privilegierte” Mitschädiger schon gar nicht in die Regelung des § 840 Abs. 1 BGB hinein; es fehlt schon an den Grundlagen für ein
Gesamtschuldverhältnis, das “gestört” werden konnte." (BGH NJW 1988, 2667, 2669; bestätigt BGH NJW 2004, 2892, 2893).
sparfüchsin
18.5.2025, 20:10:17
Kann mir nochmal jemand erklären, wo grnau das Problem ist? Warum das Ergebnis als unbillig empfunden wird und korrigiert wird? War eben klug vom Fahrer, einen Haftungsauschluss zu vereinbaren. Ich empfinde es eher als unbillig, ihm diese vorausschauende Entscheidung zunichte zu machen. Für den Dritten ist es eben doof, weil er den
Schadeninsgesamt trägt. Aber ist es nicht nur rejnes „Glück“ dass hier neben ihm noch ein anderer haftet, sodass ich es als weniger unbillig empfinde, wenn der Dritte sich auf diesen zufälligen Umstand nicht berufen kann.