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+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)

Jurafuchs

A arbeitet im Elektrogroßhandelsgeschäft des E. Er soll dort einen Laptop des E reparieren. Als D ihm €50 für den Laptop bietet, "lässt A ihn mitgehen" und veräußert ihn an D. D veräußert den Laptop weiter an den gutgläubigen G.

Einordnung des Falls

Besitzdiener

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 2 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. G hat nach § 929 S. 1 BGB Eigentum an dem Laptop erlangt.

Nein, das ist nicht der Fall!

Die Übereignung nach § 929 S. 1 BGB setzt voraus: (1) Einigung, (2) Übergabe, (3) Einigsein bei Übergabe, (4) Berechtigung des Veräußerers. D und G haben sich über den Eigentumsübergang geeinigt. D hat G den Laptop übergeben. G und D waren zum Zeitpunkt der Übergabe einig, dass das Eigentum an G übergehen soll. D war jedoch nicht verfügungsbefugt.

2. G hat nach hM gemäß §§ 929 S. 1, 932 BGB gutgläubig Eigentum an dem Laptop erworben.

Nein, das trifft nicht zu!

Abhandenkommen bedeutet Verlust des unmittelbaren Besitzes ohne, nicht notwendigerweise gegen den Willen des Besitzers (etwa durch Diebstahl oder Veruntreuung). Umstritten ist, ob das Aufschwingen des Besitzdieners zum Eigenbesitzer zum Abhandenkommen beim Besitzherrn führt. Der BGH und die hL stellen alleine auf den Willen des Besitzherrn ab, so dass ihm die Sache, wenn sie der Besitzdiener unbefugt weggebe, abhanden komme (vgl. BGHZ 199, 227). Eine andere Ansicht sieht keinen Grund, wieso statt dem Besitzherrn ein gutgläubiger Dritter das Risiko der Veruntreuung der Sache durch den Besitzdiener tragen soll, sodass bei unbefugter Weggabe durch den Besitzdiener kein Abhandenkommen vorliegen soll (MüKoBGB/Schäfer, 8. A. 2020, § 855 RdNr. 23f).Mangels Verfügungsbefugnis des D kommt nur ein gutgläubiger Erwerb des G nach §§ 929 S. 1, 932 BGB in Betracht. G war gutgläubig (§ 932 Abs. 2 BGB). Fraglich ist, ob der Laptop dem E abhandengekommen ist (§ 935 BGB). E hat den Besitz nicht bereits dadurch verloren, dass er A den Laptop reparieren ließ. A war als Angestellter des E lediglich Besitzdiener (§ 855 BGB), kein echter Besitzer. E hat den Besitz dadurch verloren, dass A den Laptop mitgehen ließ und sich damit zum Eigenbesitzer aufgeschwungen hat. Nach hM ist der Laptop E damit abhandengekommen.

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PEL

Pelikan

2.2.2021, 16:31:50

Kommt es nicht hier auf den Besitzmittler an? 935 I 2? Und beim A liegt ja genau kein Abhandenkommen vor, da er den Laptop freiwillig aus der Hand gibt.

Eigentum verpflichtet 🏔️

Eigentum verpflichtet 🏔️

4.2.2021, 18:49:09

Hallo Pelikan, danke für deinen Kommentar. Vorsicht! Hier gibt es keinen Besitzmittler (§ 868 BGB). Vielmehr ist A als weisungsgebundener Arbeitnehmer

Besitzdiener

und E als Arbeitgeber Besitzherr (§ 855 BGB). In der Konstellation ist umstritten, ob bei unbefugter Weggabe durch den

Besitzdiener Abhandenkommen

(§ 935 BGB) vorliegt. Die hM bejaht dies. Anlässlich deines Kommentares habe ich die letzte Antwort um den Streitstand ergänzt, sodass es jetzt klar sein sollte. In der Klausur sind übrigens beide Ansichten vertretbar!

Albert Hofmann

Albert Hofmann

2.2.2023, 13:41:47

Wieso wurde 56 HGB nicht angesprochen? Wäre das Abhandenkommen demnach hier nicht ausgeschlossen?

cjackson94

cjackson94

26.3.2023, 17:19:14

56 HGB regelt eine gesetzliche Vertretungsmacht. Das Abhandenkommen innerhalb des Eigentumserwerbs ist ja was faktisches - unabhängig davon, ob und inwieweit der Angestellte zur Vertretung befugt war. Er handelt ja für sich und eben nicht für den Arbeitgeber.

paulmachtexamen

paulmachtexamen

22.4.2024, 14:46:53

56 HGB kann und sollte man ansprechen. Es kann nämlich nicht sein, dass 56 HGB zugunsten des Geschäftsverkehrs die Vollmacht von Ladenangestellten fingiert, die dingliche Einigung nach 929 S.1 damit wirksam ist, gleichzeitig aber aufgrund der Weggabe ein Abhandenkommen iSd 935 vorliegt. (Wertungswiderspruch!)

FAP

Falsus Prokuristor

2.6.2024, 19:35:13

@[paulmachtexamen](210803) grundsätzlich sehe ich es genauso wie du, dass der § 56 HGB an dieser Stelle relevant sein kann. Allerdings könnte die Fiktion hier nur zugunsten des D eingreifen und diesem war bewusst, dass A außerhalb seiner Berechtigungen handelt. Die Veräußerung erfolgte außerdem im eigenen Namen, so dass keine Stellvertretung des E im Rahmen der dinglichen Einigung gegeben ist, bei bei welcher die Fiktion eingreifen würde. Im Falle des kollusiven Zusammenwirkens, sehe ich darum keinen Wertungswiderspruch.

LI

Lisa

13.6.2024, 14:10:29

Würde man hier eigentlich nicht schon bei der Gutgläubigkeit rausfliegen? Denn §

932 BGB

schützt ja die Gutgläubigkeit in Bezug auf die Eigentümerstellung.

Nora Mommsen

Nora Mommsen

14.6.2024, 16:37:23

Hallo Lisa, Achtung! Genau den Fall lesen. Der PC wurde an G veräußert, der die Vorgeschichte nicht kannte. Das heißt er hat angenommen in dem Verkäufer auch den Eigentümer vor sich zu haben. Beste Grüße, Nora - für das Jurafuchs-Team


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