Zivilrecht

Geschäftsführung ohne Auftrag (GoA)

Die echte GoA – Rechtsfolgen

Wirklicher Wille des Geschäftsherrn (Einführungsfall)

Wirklicher Wille des Geschäftsherrn (Einführungsfall)

29. April 2025

8 Kommentare

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+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)

Jurafuchs

B ist Briefmarkensammler. Seit langer Zeit sucht er verzweifelt nach der Briefmarke „Das Nilpferd“ und würde jeden Preis dafür bezahlen. Hiervon weiß auch sein Freund F, der ein Exemplar der Marke in einem Antiquariat für B kauft.

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Einordnung des Falls

Wirklicher Wille des Geschäftsherrn (Einführungsfall)

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 4 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. F möchte den Kaufpreis für die Briefmarke von B ersetzt bekommen. Ist der Tatbestand einer echten GoA (§ 677 BGB) erfüllt?

Ja, in der Tat!

Merke: Eine echte GoA setzt immer voraus, dass die Voraussetzungen des § 677 BGB vorliegen. Ob die GoA berechtigt oder unberechtigt war, wird erst auf Rechtsfolgenseite relevant. Nach § 677 BGB setzen Ansprüche aus echter GoA voraus, dass ein Geschäftsführer (1) ein fremdes Geschäft (2) mit Fremdgeschäftsführungswillen ausführt, (3) ohne vom Geschäftsherrn beauftragt oder ihm gegenüber sonst dazu berechtigt zu sein. Der Kauf der Briefmarke (= Geschäftsbesorgung) ist als neutrales Geschäft einzustufen. Das heißt, es ist nicht nach außen erkennbar, wessen Geschäft es ist bzw. ob es für F ein fremdes oder ein eigenes Geschäft ist. Es wird als dadurch zum fremden Geschäft, dass F (subjektiv) mit Fremdgeschäftsführungswillen (für B und gerade nicht im eigenen Interesse) handelte. B hat den F auch nicht zum Kauf beauftragt. Somit liegen die Voraussetzungen des § 677 BGB vor. Wenn ein Geschäft nach außen (objektiv) neutral ist, kommt es auf die subjektive Einstellung des Geschäftsführers an. Es kommt ein subjektiv fremdes Geschäft in Betracht, bei dem man den Fremdgeschäftsführungwillen positiv feststellen muss.
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2. F kann das Geld, das er für den Kauf der Briefmarke ausgegeben hat, von B ersetzt verlangen, wenn eine berechtigte GoA vorliegt (§§ 677, 683 S. 1, 670 BGB).

Ja!

Nach §§ 677, 683 S. 1, 670 BGB hat der Geschäftsführer einer berechtigten GoA einen Anspruch auf Ersatz derjenigen Aufwendungen, die er den Umständen nach für erforderlich halten durfte. Damit F einen solchen Aufwendungsersatzanspruch gegen B hat, müsste daher eine berechtigte GoA vorliegen.

3. Eine berechtigte GoA liegt vor, wenn die Geschäftsführung dem Interesse des Geschäftsherrn widerspricht (§ 683 S. 1 BGB).

Nein, das ist nicht der Fall!

Eine GoA ist nach § 683 S. 1 BGB berechtigt, wenn sie dem Interesse und dem wirklichen oder dem mutmaßlichen Willen des Geschäftsherrn entspricht. Du musst den wirklichen Wille des Geschäftsherrn stets vorrangig prüfen. Er muss diesen zum Zeitpunkt der Geschäftsführung ausdrücklich oder konkludent geäußert haben. Nicht erforderlich ist jedoch, dass er diesen Wille gegenüber dem Geschäftsführer geäußert hat ist oder dass dieser Kenntnis von der Willensäußerung hat.

4. Ist die GoA hier berechtigt im Sinne des § 683 S. 1 BGB?

Genau, so ist das!

Eine GoA ist nach § 683 S. 1 BGB berechtigt, wenn sie dem Interesse und dem wirklichen oder dem mutmaßlichen Willen des Geschäftsherrn entspricht. Du musst den wirklichen Wille des Geschäftsherrn stets vorrangig prüfen. Er muss diesen zum Zeitpunkt der Geschäftsführung ausdrücklich oder konkludent geäußert haben. B sucht verzweifelt nach der Briefmarke „Das Nilpferd“ und würde nahezu jeden Preis dafür bezahlen. Dieser wirkliche Wille des B ist – jedenfalls konkludent – nach außen getreten, denn F wusste davon. F durfte die Bezahlung des Preises wohl auch für erforderlich halten und kann daher nach §§ 677, 683 S. 1, 670 BGB den Ersatz des gezahlten Preises von B verlangen. B hat im Gegenzug einen Anspruch auf Herausgabe der Briefmarke gegen F (§§ 681 S. 2, 667 BGB). Dazu später mehr! Im ersten Examen sollte Dein Sachverhalt hierzu genug Anhaltspunkte haben. Arbeite damit!
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