Zivilrecht
Geschäftsführung ohne Auftrag (GoA)
Die echte GoA – Rechtsfolgen
Wirklicher Wille des Geschäftsherrn (Einführungsfall)
Wirklicher Wille des Geschäftsherrn (Einführungsfall)
5. Juli 2025
9 Kommentare
4,6 ★ (13.747 mal geöffnet in Jurafuchs)
+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)
B ist Briefmarkensammler. Seit langer Zeit sucht er verzweifelt nach der Briefmarke „Das Nilpferd“ und würde jeden Preis dafür bezahlen. Hiervon weiß auch sein Freund F, der ein Exemplar der Marke in einem Antiquariat für B kauft.
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Einordnung des Falls
Wirklicher Wille des Geschäftsherrn (Einführungsfall)
Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 4 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt
1. F möchte den Kaufpreis für die Briefmarke von B ersetzt bekommen. Ist der Tatbestand einer echten GoA (§ 677 BGB) erfüllt?
Ja, in der Tat!
2. F kann das Geld, das er für den Kauf der Briefmarke ausgegeben hat, von B ersetzt verlangen, wenn eine berechtigte GoA vorliegt (§§ 677, 683 S. 1, 670 BGB).
Ja!
3. Eine berechtigte GoA liegt vor, wenn die Geschäftsführung dem Interesse des Geschäftsherrn widerspricht (§ 683 S. 1 BGB).
Nein, das ist nicht der Fall!
4. Ist die GoA hier berechtigt im Sinne des § 683 S. 1 BGB?
Genau, so ist das!
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Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community
simon175
12.12.2022, 17:07:49
Mir stellen sich hier zwei fragen: (1) Stehen B in diesem Fall keinerlei Verweigerungsrechte bzgl. der Zahlung zu?, (2) Würde F auf den Kosten sitzenbleiben wenn über das Vermögen des B ein Insolvenzverfahren eröffnet worden wäre? Danke vorab!
Dogu
31.8.2023, 17:12:54
Zur zweiten Frage: Er übernimmt die GoA ja auf eigenes Risiko. Wieso sollte ihm ein Ersatzanspruch ggü. einer anderen Person zustehen? Der Briefmarkenverkäufer kann ja nichts dafür, wenn sein Vertragspartner in eigenem Namen etwas für eine andere Person kauft bzw. er hat hier wohl überhaupt keine Kenntnis von dem Vorgang, sodass der Umstand auch nicht Geschäftsgrundlage geworden sein kann.

CR7
4.9.2023, 19:44:52
@ Support würde mich über eine Antwort zu Simons erster Frage freuen

Paulah
8.6.2024, 18:28:55
Es ist zwar schon ziemlich lange her, aber ich denke nicht, dass der Geschäftsherr die Zahlung verweigern kann. Aus der GoA besteht ein gesetzliches
Schuldverhältnis - da kann der Geschäftsherr sich auf den Kopf stellen. Wenn die GoA berechtigt war, wie hier, ist das
Schuldverhältnis entstanden und der Anspruch besteht.
judith
4.7.2024, 12:04:32
Ich habe die Frage so verstanden, dass gerade eben die Berechtigung zur Geschäftsführung infrage gestellt wird. Für mich persönlich erscheint die Äußerung "nahezu jeden Preis" für diese Sammlung zahlen zu wollen, zu vage um darauf zu schließen, dass der Erwerb der Sammlung zum 5-Marktwert noch vom Willen des Geschäftsherrn gedeckt ist.
___
19.12.2024, 10:46:35
Soweit ich weiß, ist es ganz herrschende Meinung, dass das Interesse im Sinne einer objektiven Nützlichkeit zu verstehen ist, die zwar wenn es um die rechtliche Bewertung geht vorrangig ist, im Gutachten aber immer zuerst zu prüfen ist.
benjaminmeister
5.1.2025, 21:20:24
Nach der Ansicht, nach der der
Fremdgeschäftsführungswillebei der Geschäftsführung bei subjektiv fremden Geschäften nach außen erkennbar sein muss, würde hier mMn. nach den
Fremdgeschäftsführungswilleverneinen und damit auch das subjektiv fremde Geschäft. Ansprüche aus GoA dürften danach nicht in Frage kommen.

Linne Hempel
7.1.2025, 15:37:16
Hey @[benjaminmeister](216712), danke für deine Anmerkung. Wir sind gerade dabei, den GoA-Kurs Schritt für Schritt noch besser zu machen. Bald ist dieses Kapitel dran. Vielen Dank für die Geduld. Liebe Grüße – Linne, für das Jurafuchs-Team
lexspecialia
3.6.2025, 13:10:38
@[benjaminmeister](216712) Bei subjektiv fremden (neutralen) Geschäften wird der FGW nicht vermutet, sondern muss konkret festgestellt werden. Eine „Manifestation“ ist erforderlich – aber nicht im Sinne äußerer Sichtbarkeit, sondern im Sinne nachvollziehbarer Feststellung anhand der Umstände. F weiß, dass B diese Briefmarke verzweifelt sucht F handelt gerade deswegen F will sie für B besorgen – nicht für sich selbst ➡️ Diese Umstände zeigen deutlich, dass F subjektiv fremd gehandelt hat, also im Interesse des B und für dessen Rechtskreis, nicht in seinem eigenen. 🎯 Das genügt, um den
Fremdgeschäftsführungswillen positiv festzustellen – auch wenn dieser nicht äußerlich manifestiert ist. Korrigiert mich wenn ich falsch liege :)