Zivilrecht

Geschäftsführung ohne Auftrag (GoA)

Die echte GoA

Bezahlung fremder Schuld - Bürgenregress

Bezahlung fremder Schuld - Bürgenregress

21. November 2024

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+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)

Jurafuchs

M hat von V eine Wohnung gemietet. Vor Abschluss des Mietvertrags hat sich Ms reiche Freundin F für Ms Verbindlichkeiten aus dem Mietverhältnis verbürgt. Als M eines Tages die fällige Miete nicht aufbringen kann, zahlt F diese und verlangt wenig später den Betrag von M zurück.

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Einordnung des Falls

Bezahlung fremder Schuld - Bürgenregress

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 8 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. Sowohl M als auch F waren zur Erfüllung der Verbindlichkeiten aus dem Mietverhältnis beziehungsweise zur Zahlung der Miete verpflichtet.

Genau, so ist das!

Nach § 535 Abs. 2 BGB verpflichtet ein Mietvertrag den Mieter einer Sache dazu, dem Vermieter die vereinbarte Miete zu entrichten. Nach § 765 Abs. 1 BGB verpflichtet ein Bürgschaftsvertrag den Bürgen, für die Erfüllung der Verbindlichkeit eines Dritten gegenüber dessen Gläubiger einzustehen. M und V haben einen Mietvertrag geschlossen, der den M zur Entrichtung der Mietzahlung verpflichtete. Aufgrund des Bürgschaftsvertrags zwischen V und F zur Absicherung der Verbindlichkeiten des M aus dem Mietverhältnis war auch F zur Mietzahlung verpflichtet.
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2. Indem F die Miete für M bezahlte, ist der Mietzinsanspruch des V gegen M (§ 535 Abs. 2 BGB) in gleicher Höhe auf F übergegangen.

Ja, in der Tat!

Soweit der Bürge den Gläubiger befriedigt, geht die Forderung des Gläubigers gegen den Hauptschuldner auf den Bürgen über (§ 774 Abs. 1 S. 1 BGB). F ist Bürge für die Verbindlichkeiten des M aus dem Mietverhältnis. Indem sie die Miete für M bezahlte, ist der Mietzinsanspruch des V aus § 535 Abs. 2 BGB auf sie übergegangen.

3. Indem F die Miete für M bezahlte, hat sie ein Geschäft des M geführt.

Nein!

Grundsätzlich stellt die Tilgung einer fremden Schuld für den Leistenden ein fremdes Geschäft dar. Etwas anderes gilt nur dann, wenn die Schuldtilgung einen gesetzlichen Forderungsübergang (Legalzession) zur Folge hat. Dann stellt sie ausschließlich ein Geschäft des Zahlenden dar. F hat als Bürge des M dessen Mietschulden bei V bezahlt. Vs Mietzinsanspruch ging dadurch per Legalzession auf F über (§ 774 Abs. 1 S. 1 BGB ). Somit hat sie ein eigenes Geschäft geführt.

4. Indem sich F gegenüber V für die Verbindlichkeiten des M aus dem Mietverhältnis verbürgte, hat sie ein Geschäft des M geführt.

Genau, so ist das!

Ein objektiv fremdes Geschäft fällt nach außen erkennbar in den Rechts- und Interessenkreis eines anderen. Die Übernahme einer Bürgschaft zur Absicherung einer Verbindlichkeit fällt in den Rechts- und Interessenkreis des Schuldners dieser Verbindlichkeit. Hat sich der Bürge zugleich vertraglich gegenüber dem Schuldner zur Übernahme der Bürgschaft verpflichtet, stellt die Übernahme der Bürgschaft für den Bürgen ein auch-fremdes Geschäft dar.

5. Der Fremdgeschäftsführungswille wird vermutet.

Ja, in der Tat!

Bei objektiv fremden Geschäften wird der Fremdgeschäftsführungswille sowohl nach Ansicht des BGH, als auch nach Ansicht der Literatur widerlegbar vermutet. Die Übernahme der Bürgschaft stellt für F ein objektiv fremdes Geschäft dar.

6. Die Grundvoraussetzungen einer echten GoA nach § 677 BGB sind erfüllt.

Ja!

Nach § 677 BGB setzen Ansprüche aus echter GoA (egal, ob berechtigt oder unberechtigt) voraus, dass ein Geschäftsführer (1) ein fremdes Geschäft (2) mit Fremdgeschäftsführungswillen ausführt, (3) ohne vom Geschäftsherrn beauftragt oder ihm gegenüber sonst dazu berechtigt zu sein. Die Übernahme der Bürgschaft stellt für F ein objektiv fremdes Geschäft dar. Der Fremdgeschäftsführungswille wird vermutet. M hat F weder zur Übernahm der Bürgschaft beauftragt, noch war F gegenüber M sonst dazu berechtigt.

7. Die Übernahme der Bürgschaft stellt eine berechtigte GoA im Sinne des § 683 S. 1 BGB dar.

Genau, so ist das!

Eine GoA ist nach § 683 S. 1 BGB berechtigt, wenn sie dem Interesse und dem wirklichen oder dem mutmaßlichen Willen des Geschäftsherrn entspricht. Der wirkliche Wille des Geschäftsherrn ist dabei stets vorrangig zu prüfen. Sein mutmaßlicher Wille wird erst relevant, wenn sein wirklicher Wille nicht ermittelbar ist, weil er diesen nicht geäußert hat. Der mutmaßliche Wille des Geschäftsherrn ergibt sich in der Regel aus seinem objektiven Interesse. M hat seinen wirklichen Willen nicht geäußert. Die Übernahme der Bürgschaft entsprach jedoch seinem objektiven Interesse und somit auch seinem mutmaßlichen Willen.

8. F hat einen Aufwendungsersatzanspruch gegen M aus GoA nach §§ 677, 683 S. 1, 670 BGB.

Ja, in der Tat!

Dieser Anspruch besteht neben dem Anspruch des F gegen M aus § 535 Abs. 2 BGB, der nach § 774 Abs. 1 S. 1 BGB durch Bezahlung von Ms Mietschulden auf F übergegangen ist.
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