Abgrenzung beendeter/unbeendeter Versuch Korrektur Rücktrittshorizont


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T möchte O töten. Dazu schlägt er erst mit einem Hammer auf Os Kopf. Dann sticht er mit einem Messer (knapp 20cm lang) in Os Hals. Da T denkt, dass O jetzt sicher sterben würde, geht er in die Küche und raucht. Als er ein Röcheln des O hört, drückt er O ein Kissen ins Gesicht, damit ihn niemand hört. Nachdem er dies ein paar Mal getan hat, merkt er, dass O doch nicht lebensgefährlich verletzt ist. Aus Mitleid bringt er den Versuch jedoch nicht zu Ende.

Einordnung des Falls

Abgrenzung beendeter/unbeendeter Versuch Korrektur Rücktrittshorizont

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 3 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. Der Versuch ist nach h.M. fehlgeschlagen.

Nein, das ist nicht der Fall!

Ein Versuch gilt dann als fehlgeschlagen, wenn der Täter glaubt, dass er den Erfolg nicht mehr herbeiführen kann, ohne eine völlig neue Kausalkette in Gang zu setzen. T denkt, dass er den Erfolg mit den ihm zur Verfügung stehenden Mitteln weiterhin herbeiführen kann.

2. Zum Zeitpunkt, als T zu rauchen beginnt, liegt ein unbeendeter Versuch vor.

Nein, das trifft nicht zu!

Ein Versuch gilt dann als unbeendet, wenn der Täter sicher annimmt, dass es weiterer Handlungen bedarf, um den tatbestandlichen Erfolg herbeizuführen. Dabei reicht es aus, dass er den Erfolgseintritt für möglich hält. Es kommt dabei auf den Zeitpunkt der letzten Ausführungshandlung an. T geht zum Zeitpunkt des Rauchens davon aus, dass er alles Erforderliche getan hat, damit O stirbt. Eine weitere Tötungshandlung ist nach seiner Vorstellung nicht erforderlich.

3. Der Rücktrittshorizont des T hat sich korrigiert.

Ja!

Eine Korrektur des Rücktrittshorizontes ist dann möglich, wenn der Täter in nahem zeitlichen Zusammenhang erkennt, dass der Erfolg doch nicht ohne weitere Handlungen eintreten wird. In diesem Fall wird von einem unbeendeten Versuch ausgegangen, sodass es für den Rücktritt ausreichend ist, dass der Täter die weitere Tatausführung unterlässt, also keine weiteren Handlungen vornimmt. Nachdem T versucht hat, den O mit einem Kissen ruhig zu stellen, bemerkt er, dass der Erfolg nicht ohne Weiteres eintreten wird und O nicht lebensgefährlich verletzt ist. Er bemerkt in diesem Zeitpunkt, dass der Versuch noch unbeendet ist. Ein naher zeitlicher Zusammenhang liegt noch vor und der Rücktrittshorizont wird korrigiert. Natürlich darf zu diesem Zeitpunkt kein fehlgeschlagener Versuch vorliegen. Beachte auch, dass die Frage nach dem nahen zeitlichen Zusammenhang eine Einzelfallwertung ist.

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