Psycholyse-Fall
+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)
Arzt A verteilt im Rahmen einer sog. Psycholyse-Sitzung illegale Drogen an Teilnehmende. Zweck dieser wissenschaftlich nicht anerkannten Methode ist es, zu ermöglichen an unbewusste Inhalte der Psyche zu gelangen. Infolge einer defekten Waage händigt A versehentlich eine viel zu hohe Menge an T aus, der daraufhin an einer Überdosis verstirbt.
Diesen Fall lösen 92,6 % der 15.000 Nutzer:innen unseres digitalen Tutors "Jurafuchs" richtig.
Einordnung des Falls
Psycholyse-Fall
Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 4 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt
1. A hat den Tod des T kausal herbeigeführt.
Genau, so ist das!
Jurastudium und Referendariat.
2. A hat sich objektiv sorgfaltspflichtwidrig verhalten (§ 222 StGB).
Ja, in der Tat!
3. Der Tod des T war objektiv auch vorhersehbar.
Ja!
4. Der Tod des T ist dem A jedoch nicht objektiv zurechenbar, da T freiwillig an der Psycholyse-Sitzung teilnahm und in deren Rahmen sich durch die eigenhändige Einnahme der Drogen eigenverantwortlich selbst schädigte.
Nein, das ist nicht der Fall!
Jurafuchs ist eine Lern-Plattform für die Vorbereitung auf das 1. und 2. Juristische Staatsexamen. Mit 15.000 begeisterten Nutzern und 50.000+ interaktiven Aufgaben sind wir die #1 Lern-App für Juristische Bildung. Teste unsere App kostenlos für 7 Tage. Für Abonnements über unsere Website gilt eine 20-tägige Geld-Zurück-Garantie - no questions asked!
Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community
Jeanny
2.9.2022, 14:16:36
Ich habe eine Frage zur objektiven Vorhersehbarkeit: Hier wurde darauf eingegangen, dass es für einen durchschnittlichen Arzt objektiv vorhersehbar ist, dass man an einer Überdosis sterben kann. Nun frage ich mich, warum man nicht prüft, ob es objektiv vorhersehbar ist, dass der A ausversehen eine zu hohe Menge verteilt?
Nora Mommsen
5.9.2022, 17:12:18
Hallo Jeanny, objektiv vorhersehbar ist der Erfolg, wenn er nicht so sehr außerhalb aller Lebenserfahrung liegt, dass man vernünftigerweise nicht damit zu rechnen brauchte. Es ist nicht so sehr außerhalb aller Lebenserfahrung, dass es bei der Dosierung und Abmessung von kleinsten Mengen z.B. von Medikamenten oder Drogen zu Fehlern kommt, dass damit nicht zu rechnen war. Wir haben den Vertiefungshinweis entsprechend ergänzt. Viele Grüße, Nora - für das Jurafuchs-Team
IsiRider
1.3.2023, 11:17:19
Warum entwickelt man einen 2. Sorgfaltsmaßstab? Betrunken Auto zu fahren oder illegal Drogen zu verteilen ist strafbar. Zu sagen, wenn man es doch macht, dann mach es angepasst bzw. dosiere wenigstens richtig, lässt das Verbot als doch in Ordnung erscheinen.
Nora Mommsen
1.3.2023, 16:23:51
Hallo IsiRider, da stimme ich dir zu. Die Entwicklung eines zweiten - genauer gesagt die Modifikation des Sorgfaltsmaßstabs an die Situation des betrunkenen Autofahrers oder des Drogenverabreichenden wird auch von großen Teilen der Literatur kritisch gesehen. Nach Ansicht der Literatur kann es kein sorgfaltsgemäßes betrunkenes Fahren durch angepasste Geschwindigkeit geben. Der BGH ist anderer Ansicht und wendet diese Grundsätze in seiner Rechtsprechung entsprechend an, ganz nach dem Motto: "Wenn du schon betrunken Auto fährst, dann bitte langsam und vorsichtig". Es bleibt in der juristischen Ausbildung leider nicht aus, sich auch diese Ansicht zumindest fachlich zu eigen zu machen. Viele Grüße, Nora - für das Jurafuchs-Team
IsiRider
1.3.2023, 16:39:18
Mir fehlte da die Kritik. Danke für die Erläuterung.