Zivilrecht
Schuldrecht Allgemeiner Teil
Gläubiger- / Schuldnerwechsel
Aufrechnung nach Abtretung - Forderung nach Abtretung erworben, anschließend Kenntnis von Abtretung
Aufrechnung nach Abtretung - Forderung nach Abtretung erworben, anschließend Kenntnis von Abtretung
+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)
K schuldet V €100 für den Kauf einer Matratze. V tritt ihre Forderung an D ab. K verkauft V anschließend Computerspiele für €100. V teilt K nun mit, dass sie ihre Forderung an D abgetreten hat. K möchte gerne aufrechnen.
Diesen Fall lösen 67,7 % der 15.000 Nutzer:innen unseres digitalen Tutors "Jurafuchs" richtig.
Einordnung des Falls
Aufrechnung nach Abtretung - Forderung nach Abtretung erworben, anschließend Kenntnis von Abtretung
Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 6 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt
1. Kann K gegenüber V aufrechnen?
Nein, das ist nicht der Fall!
Jurastudium und Referendariat.
2. Kann K gegenüber D nur aufrechnen, wenn zum Zeitpunkt der Abtretung zwischen K und V eine Aufrechnungslage bestand?
Nein, das trifft nicht zu!
3. Ohne die Abtretung hätte nach dem Verkauf der Computerspiele eine Aufrechnungslage zwischen V und K bestanden.
Ja!
4. Die Aufrechnung gegenüber D ist ausgeschlossen, da K bei Erwerb der Forderung Kenntnis von der Abtretung hatte.
Nein, das ist nicht der Fall!
5. Die Aufrechnung gegenüber D ist ausgeschlossen, da Ks Forderung nach Kenntniserlangung und nach der abgetretenen fällig wurde.
Nein, das trifft nicht zu!
6. Kann K gegenüber D aufrechnen?
Ja!
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Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community
cjackson94
17.8.2023, 16:53:24
Woraus entnimmt man, dass § 406 Hs. 2 BGB gelten soll, wenn bei der Abtretung keine Aufrechnungslage bestand? Für mich ist § 406 Hs. 2 eher ein Ausschluss zu Hs. 1. Hier wird es ja aber eher als Art "gutgläubiger Erwerb einer nicht bestehenden Aufrechnungslage" verstanden.
Leo Lee
19.8.2023, 11:27:24
Hallo cjackson94, dies gilt für den Fall des § 406 Hs. 2 a.E., also für den Fall, dass die Gegenforderung (also die Forderung mit der aufgerechnet wird) noch nicht bestand. Und wenn die Gegenforderung (noch) nicht bestand aufgrund mangelnder Fälligkeit, gab es auch (noch) keine Aufrechnungslage bei Abtretung. Hierzu kann ich dir die Lektüre von MüKo-BGB, 8. Auflage, Roth/Kieninger § 406 Rn. 10 ff. empfehlen :). Liebe Grüße - für das Jurafuchsteam - Leo
Shilaw
31.8.2023, 16:14:23
Ich glaube hier hat sich ein Fehler eingeschlichen: § 406 I hat kumulative Voraussetzungen: 1. Keine Kenntnis der Abtretung ODER 1. die Gegenforderung muss vor Erlangung der Kenntnis UND 2. vor der abgetretenen Forderung fällig sein: Hier wurde die Gegenforderung der K zwar vor Erlangung der Kenntnis fällig, jedoch wurde die Gegenforderung erst später als die abgetretene Forderung fällig! Es fehlt an der letzten Voraussetzung. Mithin konnte nicht nicht aufgerechnet werden
Falsus Prokuristor
26.5.2024, 19:36:52
Die Lesung des Fall ist tatsächlich korrekt. Ich finde allerdings auch, dass die negative Formulierung der Ausschlussgründe in der Norm das Verständnis ziemlich schwierig machen können. Die beiden Varianten des Ausschlusses sind tatsächlich alternativ („oder“), so dass Kenntnis bei Erwerb der Forderung die Aufrechnung bereits ausschließt. Das ist hier aber nicht der Fall. Die zweite Variante nennt, wie du richtig sagst, zwei kumulative Erfordernisse. Die Fälligkeit der eigenen Gegenforderung muss also NACH Fälligkeit der Hauptforderung UND der eigenen Kenntnis eintreten. Hier war die Forderung des K aber bereits fällig, als er Kenntnis von der Abtretung erlangte. Damit liegt gerade auch kein Ausschluss nach der zweiten Variante vor, weil die beiden Erfordernisse nicht kumulativ vorlagen. Die Aufrechnung war demnach möglich. Ich hoffe,das hilft beim Nachvollziehen der Lösung!
david1234
6.2.2024, 15:30:05
Hi ! Bei dieser Aufgabe sollte nochmal ein Blick auf die Lösungen geworden werden. Die Benennung der §§ ist teils nicht eindeutig.
TomBombadil
1.4.2024, 17:50:41
Huhu, zunächst möchte ich mich einmal für die wunderbaren Illustrationen vieler Fälle bedanken! :) Da aber noch lange nicht alle bebildert sind und mir denke, dass deshalb Prioritäten gesetzt werden müssen, würde ich anregen, vielleicht ein Augenmerk auf Mehrpersonenverhältnisse zu legen. Die Personen im Kopf hin und her zu jonglieren - ja ja, zurecht Asche auf mein Haupt, dass ich nicht selbst eine Skizze anfertige ;) - fälscht zumindest mir immer recht schwer ... Danke noch einmal für die schönen Illustrationen! :)
Lukas_Mengestu
10.4.2024, 09:27:25
Hallo TomBombadil, vielen Dank für die Anregung! Das werden wir gerne bei der Illustration berücksichtigen. Es freut uns natürlich, wenn Dir die Illus gefallen und auch bei der Fallprüfung unterstützen. Beste Grüße, Lukas - für das Jurafuchs-Team
QuiGonTim
10.4.2024, 19:07:51
Kann mir jemand erklären, welcher Gedanke hinter § 406 Hs. 2 Var. 2 BGB steckt? Ich sehe keinen Sinn dahinter, gerade unter diesen Bedingungen die Aufrechnung ausnahmsweise zuzulassen.
Falsus Prokuristor
26.5.2024, 19:25:05
Um die aufgrund der zahlreichen denkbaren Konstellation ziemlich komplizierte Regelung des § 406 zu verstehen, hilft es sich generell den Zweck der Norm zu vergegenwärtigen. Die Norm will den Schuldner schützen und ihm die Aufrechnung gegenüber dem neuen Gläubiger erlauben, falls sein Vertrauen auf die eigene Möglichkeit der Aufrechnung schützenswert ist. Das ist dann der Fall, wenn der Schuldner zu irgendeinem Zeitpunkt berechtigterweise, auf das Bestehen oder spätere Eintreten einer Aufrechnungslage vertrauen durfte, auch wenn es durch die Abtretung (welche er nicht verhindern kann) nicht dazu kommt oder diese wegfällt. Die erste Variante ist deshalb logisch. Wenn er bei Erwerb schon die Abtretung kennt, weiß er, dass die Aufrechnungslage gar nicht mehr entstehen kann. Eine spätere Kenntnis (Var. 2) soll nur schaden, wenn die eigene Forderung zu diesem Zeitpunkt noch nicht fällig war, die Hauptforderung aber schon (oder zumindest noch vor der eigenen Forderung fällig wird, die Reihenfolge dieser beiden Ereignisse ist egal). Man kann sich also merken. Die Aufrechnung ist ausgeschlossen, wenn die Fälligkeit der eigenen Forderung „ ganz am Ende“ der Ereignisse liegt (nach fremder Fälligkeit und eigener Kenntniserlangung). Denn dann existierte nie ein Zeitpunkt, zu welchem der Schuldner mangels besseren Wissens von einer Aufrechnungslage oder deren Entstehung ausgehen konnte. Es bestand also nie ein schützenswertes Vertrauen, sodass § 406 ihm die Möglichkeit der Aufrechnung nicht erhalten will. Ich finde die Norm, auch aufgrund der Formulierung, selbst ziemlich kompliziert und hoffe diese recht ausführliche Erklärung beantwortet deine Frage und hilft, jede der zahlreichen Konstellationen darauf zu überprüfen, ob dem Schuldner die Aufrechnung erhalten bleiben soll. Mit dem Ergebnis im Hinterkopf, finde ich es dann deutlich leichter unter die Norm zu subsumieren. Beste Grüße!