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Familienrecht

Recht der ehelichen Gemeinschaft

Arbeitsteilung - Sonderfall: Pflicht zur Mitarbeit im Betrieb des Ehegatten (Fall)

Arbeitsteilung - Sonderfall: Pflicht zur Mitarbeit im Betrieb des Ehegatten (Fall)

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+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)

Jurafuchs

M und F sind verheiratet. Während M den Haushalt führt, geht F ihrer Tätigkeit als Landwirtin im eigenen Betrieb nach. Da dort viel Arbeit anfällt, wollte F schon seit langem, dass M vormittags aushilft. Neulich hat sie sich zudem den Arm gebrochen, sodass die Hilfe des M dringend benötigt wird, um den Betrieb zu halten.

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Einordnung des Falls

Arbeitsteilung - Sonderfall: Pflicht zur Mitarbeit im Betrieb des Ehegatten (Fall)

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 3 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. M leistet bereits mit der Haushaltsführung einen Beitrag zum gemeinsamen Ehegattenunterhalt.

Ja, in der Tat!

Nach § 1360 S. 2 BGB erfüllt der im Haushalt tätige Ehegatte seine Unterhaltsverpflichtung bereits durch die Führung des Haushalts. Er muss daher grundsätzlich nicht noch zusätzlich außerhalb des Haushalts einer Erwerbstätigkeit nachgehen, um finanziell zum Familienunterhalt beizutragen. M leistet somit bereits mit der Haushaltsführung einen Beitrag zum gemeinsamen Ehegattenunterhalt.
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2. Ehegatten sind grundsätzlich verpflichtet, im Betrieb des anderen Ehegatten mitzuarbeiten.

Nein!

Grundsätzlich steht es den Ehegatten frei, eine Erwerbstätigkeit nach ihren Fähigkeiten und Neigungen zu wählen. Ehegatten sind daher grundsätzlich nicht verpflichtet, im Betrieb des anderen Ehegatten mitzuarbeiten. In der alten Fassung sah das BGB eine Mitarbeitspflicht der Frau im Betrieb des Mannes vor. Durch das Gleichberechtigungsgesetz galt dies dann auch im umgekehrten Fall.

3. Aufgrund der Armverletzung der F ist M ausnahmsweise vorübergehend verpflichtet, im Betrieb der F mitzuhelfen.

Genau, so ist das!

Nach der herrschenden Meinung kann sich im Einzelfall, etwa bei Krisensituationen oder Krankheiten, eine vorübergehende Mitarbeitspflicht des Ehegatten aus der Rücksichtnahme- und Beistandspflicht des § 1353 Abs. 1 S. 2 BGB ergeben. Dies gilt jedoch nur, wenn dies für den finanziellen Unterhalt der Familie erforderlich ist und der Betrieb ansonsten gefährdet wäre. Um den finanziellen Familienunterhalt der Familie zu sichern und den Betrieb nicht zu gefährden, ist M daher vorübergehend zur Mitarbeit im Betrieb der F verpflichtet. Aufgrund des § 120 Abs. 3 FamFG wäre eine richterliche Entscheidung dieser Verpflichtung jedoch nicht vollstreckbar.
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Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community

IPJA

iPhone von Jannik

21.10.2023, 13:37:30

Danke für die Vertiefung! Was ergibt sich dann aber aus dieser Pflicht? Könnten etwaige Schadensersatzansprüche bei unterlassener Mitarbeitspflicht geltend gemacht werden?

Jopies

Jopies

23.12.2023, 10:45:06

Ich kann mir vorstellen, dass dies einen SE Anspruch auf Ersatz gegen einen Dritten begründen würde, wenn dieser deliktisch M schädigen und arbeitsunfähig machen würde.

Juratiopharm

Juratiopharm

28.12.2023, 13:47:13

Auch bei gründlicher Kommentarlektüre konnte ich hierzu nichts eindeutiges finden, außer Bestärkungen dass diese Pflicht in der Tat besteht und ein Verstoß ein „ehewidriges Verhalten“ darstellt. Mit dem normalen juristischen Handwerkszeug dürfte ein Verstoß aber schlicht eine Verletzung der Pflichten aus dem Schuldverhältnis des § 1353 darstellen, sodass Schadenersatz aus §§ 249 ff. gefordert werden könnte.

Juratiopharm

Juratiopharm

28.12.2023, 13:49:24

Eine Vollstreckung dieser Pflicht (also der tatsächlichen Mithilfe) scheint mir nach § 120 III FamFG potenziell ausgeschlossen, da die Mithilfepflicht ja aus § 1353 I S. 2 gefolgert wird und es sich damit um eine Konkretisierung der ehelichen Lebensgemeinschaft handelt, auch wenn objektiv ja durchaus Verwertbarkeit (vgl. § 887 ZPO) vorliegt. Diese Erwägungen aber nur als Ideen, weil mir hier die Subsumtion durch ausgesprochen unklar erscheint.

Juratiopharm

Juratiopharm

28.12.2023, 13:52:20

Als letzter Gedanke noch: Andere Fälle von „ehewidrigem Verhalten“ können nach § 1381 (wegen Unbilligkeit) dem Zugewinnanspruch entgegengehalten werden. In Betracht käme dabei mMn eine Kürzung des Anspruchs (gibt der Wortlaut eigentlich nicht her, ist aber nach BeckOK möglich) oder aber (vor dem Anwendungsbereich von § 1381) eine Aufrechnung mit dem oben benannten Schadenersatzanspruch.

Juratiopharm

Juratiopharm

28.12.2023, 13:55:51

Einen habe ich noch: Geht man davon aus, dass der Ehegatte mit seiner Mitarbeit im Betrieb keiner Arbeit iSd § 611 BGB nachgeht, sonder eine eheliche Pflicht erfüllt, so dürfte dies auch folgen für Arbeitslosenleistungen oder Versicherungspflichten habe und ferner einen möglichen Anspruch auf Entlohnung für diese Arbeit grade entgegenstehen.


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