Strafrecht
BT 2: Diebstahl, Betrug, Raub u.a.
Computerbetrug (§ 263a StGB)
Unbefugte Datenverwendung bei manipulierter/gefälschter Girokarte
Unbefugte Datenverwendung bei manipulierter/gefälschter Girokarte
2. April 2025
7 Kommentare
4,8 ★ (8.275 mal geöffnet in Jurafuchs)
+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)

T manipuliert einen Geldautomaten, um die Daten der Girokarten auszulesen, die dort verwendet werden (Skimming). Mithilfe eines ausgespähten Datensatzes erstellt T eine Kopie von Os Girokarte. Damit hebt sie von Os Konto €2.000 ab.
Diesen Fall lösen 59,3 % der 15.000 Nutzer:innen unseres digitalen Tutors "Jurafuchs" richtig.
Einordnung des Falls
Unbefugte Datenverwendung bei manipulierter/gefälschter Girokarte
Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 3 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt
1. Indem T mit der gefälschten Girokarte Geld abgehoben hat, hat sie unrichtige Daten verwendet (§ 263a Abs. 1 Alt. 2 StGB).
Nein, das ist nicht der Fall!
Jurastudium und Referendariat.
2. Wann Daten unbefugt verwendet werden (§ 263a Abs. 1 Alt. 3 StGB), ist umstritten.
Ja, in der Tat!
3. Die verschiedenen Ansichten kommen vorliegend zu unterschiedlichen Ergebnissen, sodass der Streit entschieden werden muss (§ 263a Abs. 1 Alt. 3 StGB).
Nein!
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Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community
L.Goldstyn
3.8.2024, 17:14:05
Die Lösung geht davon aus, dass nach der betrugsäquivalenten Auslegung eine unbefugte Verwendung von Daten vorliegt. Voraussetzung dafür ist, dass eine Täuschung über eine Tatsache vorliegt, die im Prüfungsumfang des Automaten liegt. Allerdings kann der Automat anscheinend nicht zwischen Kopie und Fälschung unterscheiden – andernfalls wäre das
Geldnicht ausgezahlt worden. Mithin liegt nahe, zu denken, dass die Frage „Kopie oder Original?" nicht innerhalb des Prüfungsumfangs des Automaten liegt. Somit wäre auch der vorgestellte Mensch in der Position des Automaten nicht über eine Tatsache getäuscht wurde, die dem Prüfungsumfang des Automaten unterfällt. Danach käme ich hier zum Ergebnis, dass nach der betrugsäquivalenten Auslegung keine unbefugte Verwendung vorliegt. Wo liegt mein Fehler? Meine Vermutung: Prüfungsumfang des Automaten wird nicht derart streng verstanden, wie ich es oben formuliert habe (andernfalls wäre eine Strafbarkeit fast immer ausgeschlossen). Vielmehr geht man davon aus, dass der Automat generell die Berechtigung des Abhebenden anhand von Karte und PIN. Sobald eine Manipulation an der Karte vorliegt, ist nach der betrugsspezifischen Auffassung ein unbefugtes Verwenden von Daten zu bejahen. Oder?
Michael
7.8.2024, 17:01:53
Wie kommst du darauf, dass der Prüfungsumfang hier eine ausschlaggebende Rolle spielt? Durch das Verwenden der Karte wird dem Computer eine Berechtigung "vorgespielt". Vergleichbar wäre ein Mensch ebenso getäuscht. Auch wenn dieser nicht in der Lage ist die Täuschung zu erkennen, weil diese nicht von seinem persönlichen "Prüfungsumfang" gedeckt wird.
okalinkk
25.2.2025, 00:00:20
Nach der betrugsspezifischen Auslegung hat nach hM der Bankangestellte keinen vollumfassenden Prüfungsumfang, sondern er prüft nur das was auch der Computer prüft. Insofern stellt sich mir hier die selbe Frage ….@[L.Goldstyn](251555) falls du da mittlerweile mehr weißt, lass es mich gerne wissen. Die obige Antwort von Michael hilft mir leider nicht weiter :/
gottloser Vernunftsjurist
2.3.2025, 23:33:23
@[okalinkk](253888) Darüber habe ich auch nachgedacht. Wenn man das Geschehen nach der für Bankgeschäfte anzilegenden erhöhten Sorgfalt betrachtet, sollte ein Bankangestellter zumindest mal den Namen der Bankkarte mit der Erwartung an die Person abgleichen, die vor ihm steht. Nach enger Auslegung würde ein Bankautomat die Identität jedoch nicht prüfen. Dem Automaten reicht die Legitimation über die Pin Eingabe. Nach der hM müsste das auf einen Menschen übertragen werden. Demnach müsste einer Person auch die korrekte PIN Eingabe ausreichen, damit dieser nicht getäuscht wird. Soweit bisher meine Gedanken...
lexspecialia
1.4.2025, 11:22:13
Die herrschende Meinung bestimmt das Merkmal „unbefugt“ anhand des Täuschungsäquivalents aus § 263 Abs. 1 StGB. Das bedeutet, dass eine „unbefugte Verwendung von Daten“ dann vorliegt, wenn das Verhalten des Täters eine konkludente Täuschung darstellen würde, hätte er es gegenüber einem Menschen vorgenommen. Wenn A mit der gefälschten EC-Karte am
Geldautomaten
Geldabhebt, wird er so behandelt, als wäre er der rechtmäßige Karteninhaber. Der Automat verifiziert nur die PIN und gewährt dann den Zugriff auf das Konto. Stellen wir uns nun die hypothetische Situation mit einem Schalterangestellten vor: A legt eine gefälschte EC-Karte vor. Er gibt die PIN ein. Der Angestellte würde daraufhin das Konto belasten und das
Geldauszahlen. Hier liegt das Problem: Ein Schalterangestellter würde zwar die Echtheit der Karte nicht detailliert prüfen, aber er würde dennoch davon ausgehen, dass eine echt aussehende Karte, kombiniert mit der richtigen PIN, von einer berechtigten Person genutzt wird. Dass A sich eine eigene EC-Karte erstellt hat, täuscht auch konkludent eine Berechtigung vor. Genau diese Täuschung über eine nicht bestehende Berechtigung führt zur Unbefugtheit der Datenverwendung im Sinne des § 263a StGB. Die Täuschung liegt nicht in einer Fälschungsprüfung (die ein Schalterangestellter gar nicht vornimmt), sondern in der konkludenten Vorspiegelung, dass eine Berechtigung zur Verfügung über das Konto hat. Fazit Die „unbefugte Verwendung“ wird bejaht, weil A durch sein Verhalten eine nicht bestehende Berechtigung vorspiegelt. Der Prüfungsumfang des
Geldautomaten ist zwar technisch begrenzt, aber die juristische Betrachtung orientiert sich am Täuschungsäquivalent: Ein Schalterangestellter würde sich nicht mit der Echtheit der Karte im Detail befassen, aber er würde von einer Berechtigung des Karteninhabers ausgehen. Genau diese Berechtigung fehlt A, weshalb die Verwendung der Daten „unbefugt“ ist.