EC Karte am Bankautomat (gestohlene Karte) (+)

19. Mai 2025

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+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)

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Klassisches Klausurproblem

A entwendet unbemerkt die EC-Karte des B und den Notizzettel mit der PIN. Damit hebt er am Bankautomaten €100 ab. Danach will er die EC-Karte in den nächsten Mülleimer entsorgen.

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Einordnung des Falls

EC Karte am Bankautomat (gestohlene Karte) (+)

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 7 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. Wann Daten unbefugt verwendet werden (§ 263a Abs. 1 Alt. 3 StGB), ist umstritten.

Ja, in der Tat!

Nach der herrschenden betrugsäquivalenten Auslegung ist die Verwendung unbefugt, wenn sie gegenüber einem Menschen Täuschungscharakter hätte. Dafür spricht die Funktion des Computerbetrugs, Lücken bei der Betrugsstrafbarkeit zu schließen. Nach der subjektiven Auslegung ist die Datenverwendung unbefugt, wenn der erkennbare Wille des Verfügungsberechtigen entgegensteht. Dafür spricht der weite Wortlaut dieser Alternative. Die computerspezifische Auslegung hingegen verlangt, dass auf computerspezische Weise ordnungswidrig auf die Datenverarbeitung eingewirkt wird. Hierfür spricht der Charakter des § 263a StGB als „Computerdelikt“.
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2. Nach der computerspezifischen Auslegung hat A unbefugt Daten verwendet.

Nein!

Nach der computerspezifischen Auslegung werden Daten unbefugt verwendet, wenn auf computerspezische Weise ordnungswidrig auf die Datenverarbeitung eingewirkt wird. A hat den Automaten nicht mit falschen Informationen beschickt, sondern die Karte ordnungsgemäß benutzt.

3. Nach der subjektiven Auslegung hat A unbefugt Daten verwendet.

Genau, so ist das!

Nach der subjektiven Auslegung ist die Datenverwendung unbefugt, wenn der erkennbare Wille des Verfügungsberechtigen entgegensteht. Dem erkennbaren Willen des Bestohlenen B widerspricht es, dass A als Nichtberechtigter Geld abhebt.

4. Nach der betrugsäquivalenten Auslegung hat A unbefugt Daten verwendet.

Ja, in der Tat!

Nach der herrschenden betrugsäquivalenten Auslegung ist die Verwendung unbefugt, wenn sie gegenüber einem Menschen Täuschungscharakter hätte. Einen Bankangestellten hätte A durch sein Verhalten darüber getäuscht, dass er nicht der berechtigte Karteninhaber ist.

5. Bedarf es vorliegend eines Streitentscheides?

Ja!

Da die Auffassungen zu unterschiedlichen Ergebnissen kommen, ist ein Streitentscheid nötig. Für die herrschende betrugsäquivalente Auslegung sprechen der historische Gesetzgebungswille, die ähnliche Struktur von Betrug und Computerbetrug sowie die Funktion des Computerbetrugs, Lücken bei der Betrugsstrafbarkeit zu schließen.

6. A ist auch wegen Diebstahls strafbar (§ 242 Abs. 1 StGB).

Nein, das ist nicht der Fall!

Zu unterscheiden ist zwischen einem Diebstahl an der Karte und einem Diebstahl am Geld. Die Karte selbst oder den in ihr verkörperten funktionsspezifischen Sachwert wollte sich A nicht zueignen, weshalb insoweit ein Diebstahl ausscheidet. Auch das Geld hat A nach dem äußeren Erscheinungsbild nicht weggenommen. Vielmehr ist ihm der Gewahrsam am Geld mit Willen der Bank übertragen worden. Es liegt also weder ein Diebstahl an der Karte, noch am Geld vor.

7. A wird auch wegen Unterschlagung bestraft (§ 246 Abs. 1 StGB).

Nein, das trifft nicht zu!

Wegen Unterschlagung ist strafbar, wer eine fremde bewegliche Sache sich oder einem Dritten rechtswidrig zueignet. Die Unterschlagung wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft, wenn die Tat nicht in anderen Vorschriften mit schwererer Strafe bedroht ist (§ 246 Abs. 1 StGB).Das Geld war für A fremd, denn er konnte gemäß §§ 133, 157 BGB nicht davon ausgehen, die Bank wolle es ihm übereignen. Nach der sog. Tatbestandlösung scheidet § 246 StGB dennoch aus, weil A das Geld bereits nach § 263a StGB erlangt hat. Nach der sog. Konkurrenzlösung ist § 246 StGB zwar tatbestandlich gegeben, tritt aber als mitbestrafte Nachtat hinter § 263a StGB zurück. In jedem Fall wird A also weder wegen Diebstahls, noch wegen Unterschlagung bestraft.
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Eine Besprechung von:
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