Zivilrecht

ZPO II: Zwangsvollstreckungsrecht

Vollstreckungserinnerung, § 766 ZPO

Pfändung von Sachen in Drittgewahrsam (§ 809 ZPO) (Ehegatten)

Pfändung von Sachen in Drittgewahrsam (§ 809 ZPO) (Ehegatten)

21. November 2024

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+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)

Jurafuchs

S und E sind verheiratet. In der gemeinsamen Wohnung steht ein Flügel, der E gehört. G hat gegen S einen titulierten Anspruch. Er beauftragt Gerichtsvollzieher Z mit der Vollstreckung. Dieser pfändet - ohne Zustimmung der E - den Flügel.

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Einordnung des Falls

Pfändung von Sachen in Drittgewahrsam (§ 809 ZPO) (Ehegatten)

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 4 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. Für E ist die Vollstreckungserinnerung (§ 766 ZPO) der statthafte Rechtsbehelf gegen die Pfändung des Flügels.

Genau, so ist das!

Die Zulässigkeitsvoraussetzungen der Vollstreckungserinnerung (§ 766 ZPO) lauten: (1) Statthaftigkeit, (2) Erinnerungsbefugnis, (3) Zuständigkeit des Gerichts, (4) Form, (5) Rechtsschutzbedürfnis. Die Vollstreckungserinnerung ist statthaft (§ 766 Abs. 1 S. 1 ZPO), wenn der Erinnerungsführer gegen Vollstreckungsmaßnahmen des Vollstreckungsorgans mit der Rüge der Verletzung formellen Rechts vorgeht. E kann die Verletzung der Verfahrensvorschrift des § 809 ZPO durch den Gerichtsvollzieher Z rügen. Damit ist die Erinnerung (§ 766 ZPO) statthaft. E ist auch erinnerungsbefugt (§ 42 Abs. 2 VwGO analog), weil sie geltend machen kann, durch die Vollstreckungsmaßnahme möglicherweise in eigenen Rechten - nämlich ihrem Gewahrsam - verletzt zu sein.
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2. Die Vollstreckungserinnerung (§ 766 ZPO) ist begründet, wenn Z gegen § 809 ZPO verstoßen hat.

Ja, in der Tat!

Die Vollstreckungserinnerung ist begründet (§ 766 Abs. 1 S. 1 ZPO), wenn die angegriffene Vollstreckungsmaßnahme nicht zulässig war. Das ist unter anderem der Fall, wenn der Gerichtsvollzieher Verfahrensvorschriften, die die Art und Weise der Zwangsvollstreckung regeln, verletzt hat. Der Gerichtsvollzieher darf eine Sache, die im Gewahrsam eines Dritten steht, nur bei dessen Herausgabebereitschaft pfänden (§ 809 ZPO). Die Erinnerung ist begründet, wenn Z gegen diese Vorschrift verstoßen hat.

3. Z hat gegen § 809 ZPO verstoßen, indem er den Flügel ohne Zustimmung der E gepfändet hat.

Nein!

Im Rahmen von der Pfändung bei Dritten (§ 809 ZPO) ist die Gewahrsamsvermutung bei Zwangsvollstreckung gegen Ehegatten (§ 739 Abs. 1 ZPO) zu beachten. Danach wird zugunsten des Gläubigers unwiderleglich vermutet, dass der Schuldner alleiniger Gewahrsamsinhaber ist, sofern die Ehegatten weder getrennt leben noch die Sache ausschließlich zum persönlichen Gebrauch des anderen Ehegatten bestimmt ist (§ 1362 BGB). Beides ist hier nicht der Fall, sodass § 739 ZPO zur Anwendung kommt. Damit verstößt Z nicht gegen § 809 ZPO, weil E nicht als Gewahrsamsinhaberin gilt.

4. E kann die Gewahrsamsvermutung bei Zwangsvollstreckung gegen Ehegatten (§ 739 Abs. 1 ZPO) widerlegen, indem sie nachweist, dass der Flügel in ihrem Alleineigentum steht.

Nein, das ist nicht der Fall!

Ein Ehegatte kann die Vermutung des § 1362 BGB widerlegen, indem er sein Eigentum an dem gepfändeten Gegenstand nachweist. Dies hat aber keinen Einfluss auf die Gewahrsamsvermutung bei Zwangsvollstreckung gegen Ehegatten (§ 739 Abs. 1 ZPO) - denn diese Vorschrift enthält eine unwiderlegliche Vermutung des Gewahrsams, die nach herrschender Meinung auch eingreift, wenn die Eigentumsvermutung des § 1362 BGB widerlegt ist. Grund dafür ist, dass der Gerichtsvollzieher nicht die Eigentumsverhältnisse prüfen kann und soll. E wird mit der Vollstreckungserinnerung (§ 766 ZPO) daher keinen Erfolg haben. Sie kann aber Drittwiderspruchsklage (§ 771 ZPO) gegen die Vollstreckung in den Flügel erheben.
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