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+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)

Jurafuchs

K hat ein vollstreckbares Urteil gegen B erwirkt und will nun die Zwangsvollstreckung betreiben. B klagt auf Unterlassen der Zwangsvollstreckung, denn B hat inzwischen erfahren, K hätte sich das Urteil in grob unlauterer Weise erschlichen. Die Zeugen seien nämlich „gekauft“.

Einordnung des Falls

Klage aus § 826 BGB gegen ein rechtskräftiges Urteil

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 3 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. Die Klage des B ist zulässig, wenn das Urteil aus dem Vorprozess keine entgegenstehende Rechtskraftwirkung entfaltet (§ 322 ZPO).

Ja!

Das Fehlen der entgegenstehenden Rechtskraft ist eine negative Prozessvoraussetzung, die das Gericht von Amts wegen prüft (§ 322 Abs. 1 ZPO). Die Rechtskraft soll für Rechtsfrieden und endgültige Klärung sorgen. Man unterscheidet formelle und materielle Rechtskraft. Materielle Rechtskraft heißt, dass die ausgeurteilte Entscheidung über einen bestimmten Streitgegenstand das Gericht und die Parteien bindet. Der Streitgegenstand setzt sich aus dem Antrag und dem zugrundeliegenden Sachverhalt zusammen. Erhebt man trotz materieller Rechtskraft aus einem Vorprozess Klage über denselben Streitgegenstand, weist das Gericht sie als unzulässig ab.

2. Die Rechtskraft des Urteils könnte hier aufgrund des Prozessbetrugs durchbrochen sein.

Genau, so ist das!

Wenn der Kläger ein Urteil in grob sittenwidriger Weise erlangt oder ausnutzt, kann die Rechtskraft ausnahmsweise durchbrochen werden. Eine strafbare Handlung muss dabei nicht vorliegen (vgl. BGHZ 50, 115). Für die Zulässigkeit der Klage genügt der Vortrag, der Gegner habe den Titel in einer grob sittenwidrigen Art und Weise erlangt. Es handelt sich hierbei um eine sog. qualifizierte Prozessvoraussetzung, die also zugleich für die Zulässigkeit und die Begründetheit von Bedeutung ist. In einem solchen Fall wird der Grundsatz des Vorrangs der Zulässigkeit vor der Begründetheit durchbrochen. Dies dient unter anderem der Prozessökonomie.

3. Eine Restitutionsklage nach § 580 ZPO ist vorrangig zu § 826 BGB.

Nein, das trifft nicht zu!

Die Restitutionsklage nach § 580 ZPO ist neben einer auf § 826 BGB gestützten Klage anwendbar (BGHZ 50, 115). Während die Restitutionsklage das Urteil formell und materiell beseitigen soll, zielt § 826 BGB auf einen Vermögensausgleich ab, ohne den Bestand des Urteils anzugreifen.Die Klage des B ist zulässig.

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LS2024

LS2024

31.5.2024, 11:58:31

Wieso ist das Konkurrenzverhältnis zwischen einer Restitutionsklage und der Klage nach §

826 BGB

hier relevant?

BR

brrrap

10.6.2024, 10:22:29

Beide zielen auf eine Durchbrechung der Rechtskraft bei Urteilserschleichung ab, die Restitutionsklage nach §§ 580, 581 ZPO hat aber engere Voraussetzungen. Insofern ist fraglich, ob es überhaupt zulässig wäre, diese Voraussetzungen praktisch zu unterlaufen, indem man eine Klage auf einen Anspruch aus §

826 BGB

zulässt. Dafür ist dann das Konkurrenzverhältnis relevant, weil es um die Frage geht, ob die Restitutionsklage solche Fälle abschließend regeln soll.


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