Strafrecht

BT 5: Verkehrsdelikte

Gefährdung des Straßenverkehrs, § 315c StGB

§ 315c Abs. 3 Nr. 1 StGB: Vorsatz-Fahrlässigkeits-Kombination

§ 315c Abs. 3 Nr. 1 StGB: Vorsatz-Fahrlässigkeits-Kombination

3. Dezember 2024

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leichtmittelschwer

+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)

Jurafuchs

Wohl wissend, dass sie alkoholbedingt fahruntüchtig ist, fährt T mit ihrem Pkw durch die Stadt. In einer Kurve kommt sie alkoholbedingt von der Fahrbahn ab und erfasst O, der sich dabei ein Bein bricht.

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Einordnung des Falls

§ 315c Abs. 3 Nr. 1 StGB: Vorsatz-Fahrlässigkeits-Kombination

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 3 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. T hat den objektiven Tatbestand des § 315c Abs. 1 Nr. 1a Var. 1 StGB verwirklicht.

Ja, in der Tat!

T hat ihren Pkw unter Beherrschung der dafür erforderlichen technischen Funktionen bewegt, mithin ein Fahrzeug geführt. Dies geschah auch im öffentlichen Verkehrsraum und damit im Straßenverkehr. T war alkoholbedingt fahruntüchtig. Konkret gefährdet - sogar verletzt - wurde O als anderer Mensch. Schließlich hat sich in diesem Gefahrerfolg das für eine Trunkenheitsfahrt typische Risiko niedergeschlagen, weshalb auch der tatbestandsspezifische Gefahrzusammenhang gewahrt ist.
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2. T hat den subjektiven Tatbestand des § 315c Abs. 1 Nr. 1a Var. 1 StGB verwirklicht.

Nein!

§ 315c Abs. 1 StGB erfordert bezüglich aller Tatumstände (bedingten) Vorsatz. Dieser muss somit die Fahruntüchtigkeit und den Gefahrerfolg umfassen. Der Täter muss dabei auch die Umstände kennen, die den Gefahrerfolg im Sinne eines Beinahe-Unfalls als naheliegende Möglichkeit erscheinen lassen und sich mit dem Eintritt dieser Gefahrenlage zumindest abfinden. T besaß hinsichtlich der Trunkenheitsfahrt Tatvorsatz. Hier ist jedoch - mangels hinreichender Anhaltspunkte - im Zweifel davon auszugehen, dass T darauf vertraute, dass keine Gefährdungssituation entstehen würde. T handelte in Bezug auf den Handlungs-, nicht aber den Gefährdungsteil vorsätzlich.

3. T hat den subjektiven Tatbestand des § 315c Abs. 1 Nr. 1a Var. 1 i.V.m. Abs. 3 Nr. 1 StGB verwirklicht.

Genau, so ist das!

Bei § 315c Abs. 1 i.V.m. Abs. 3 Nr. 1 StGB handelt es sich um eine Vorsatz-Fahrlässigkeits-Kombination. Erforderlich ist hinsichtlich des Handlungsteils Vorsatz und hinsichtlich des Gefährdungsteils Fahrlässigkeit (= objektive Sorgfaltspflichtverletzung bei objektiver Vorhersehbarkeit der Gefahr). Die Sorgfaltspflichtverletzung ergibt sich hier bereits aus der vorsätzlichen Trunkenheitsfahrt als solcher. Ferner liegt es nicht außerhalb des nach allgemeiner Lebenserfahrung Voraussehbaren, dass eine Trunkenheitsfahrt zu einer kritischen Verkehrssituation, also zu einer konkreten Gefahr führt, so dass der Erfolg auch objektiv vorhersehbar war.
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Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community

Dogu

Dogu

6.11.2023, 22:11:57

Lukas_Mengestu

Lukas_Mengestu

8.11.2023, 18:47:15

Hallo Dogu, vielen Dank für die gute Frage! Dogmatisch ist die

subjektive Sorgfaltspflichtverletzung

und

subjektive Vorhersehbarkeit

für die Erfüllung des Tatbestandes (I) ohne Relevanz und wird erst bei normalen

Fahrlässigkeitsdelikte

n erst im Rahmen der Schuld (III) thematisiert. Da hier in den seltensten Fällen Probleme bestehen, wird in der Ausbildungsliteratur bei der hier besprochenen

Vorsatz

-Fahrlässigkeitskombination teilweise durchaus empfohlen, bei Ablehnung des

Vorsatz

es im subjektiven Tatbestand pragmatisch mit der Prüfung er Fahrlässigkeit fortzufahren "ohne etwa für die

subjektive Fahrlässigkeit

die Schuldstufe [zu] bemühen" (Rengier, Strafrecht BT 2, § 44 RdNr. 4). Du könntest hier also in der Tat auch alles in einem Aufwasch prüfen. Beste Grüße, Lukas für das Jurafuchs-Team

LEA

Lea

14.11.2023, 10:29:06

Prüft man dann erst §

315c

I StGB in der

Vorsatz

-

Vorsatz

Variante und beginnt dann einen neuen Prüfungsabschnitt bezüglich §

315c

I i.V.m. III StGB oder prüft man das alles einfach im ersten Prüfungsabschnitt unter dem subjektiven Tatbestand ?

Lukas_Mengestu

Lukas_Mengestu

15.11.2023, 16:35:24

Hallo Lea, grundsätzlich ist beides möglich. So verweist u.a. Rengier (Strafrecht BT I, § 44 RdNr. 4) darauf, dass man im subjektiven Tatbestand "pragmatisch" weiterprüfen kann, wenn man

Vorsatz

abgelehnt hat. Du läufst hier natürlich Gefahr, dass Du bezüglich des Obersatzes und Ergebnissatzes unsauber arbeitest im Hinblick auf die zu zitierenden Normen. Etwas übersichtlicher wird es insoweit, wenn Du die Tatbestände trennst und neu ansätzt. Du kannst bei den identischen Punkten dann natürlich auf die vorangegangene Prüfung verweisen. Beste Grüße, Lukas - für das Jurafuchs-Team

LEA

Lea

15.11.2023, 17:01:22

Okay dankeschön :)


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