Strafrecht

Strafrecht Allgemeiner Teil

Fahrlässigkeit

Subjektive Fahrlässigkeit: Subjektive Vorhersehbarkeit – "Jason"-Fall

Subjektive Fahrlässigkeit: Subjektive Vorhersehbarkeit – "Jason"-Fall

leichtmittelschwer

+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)

Jurafuchs

Der sorgenfreie und einfach gestrickte Onkel O lässt seinen 14-jährigen Neffen N den indizierten Horrorfilm "Freitag der 13." gucken. Später sticht N nach Vorbild der Horrorgestalt "Jason" mit eine Buschmesser auf seine 10-jährige Cousine ein.

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Einordnung des Falls

Subjektive Fahrlässigkeit: Subjektive Vorhersehbarkeit – "Jason"-Fall

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 2 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. Die schuldhafte Begehung eines Fahrlässigkeitsdelikts setzt voraus, dass der Täter auch subjektiv fahrlässig gehandelt hat.

Ja!

Neben den allgemeinen Entschuldigungsgründen prüft die Rspr. und hL im Rahmen der Schuld die subjektive Fahrlässigkeit. Danach muss dem Täter auch eine subjektive Sorgfaltspflichtverletzung und eine subjektive Vorhersehbarkeit des Erfolgseintritts vorzuwerfen sein. Dabei sind individuell geringere Fähigkeiten oder Kenntnisse bzw. die individuell verringerte Möglichkeit der Erfolgsvoraussicht zu berücksichtigen, sodass beispielsweise intellektuelle oder körperliche Mängel, mangelndes Erfahrungswissen oder Reaktionsvermögen, Affekt- oder Erregungszustände den Täter entlasten können.
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2. Für O war es subjektiv vorhersehbar, dass N, nachdem er den Horrorfilm "Freitag der 13." geguckt hat, auf seine Cousine einstechen würde (§ 222 StGB).

Nein, das ist nicht der Fall!

Die subjektive Vorhersehbarkeit setzt voraus, dass der Täter in seiner konkreten Lage und nach seinen individuellen Erkenntnisfähigkeiten den Erfolgseintritt sowie den Kausalverlauf in den wesentlichen Grundzügen hätte voraussehen können. Eine Voraussicht über die Folgen seines Handelns "in allen Einzelheiten" ist dabei nicht erforderlich. Für den einfach strukturierten O haben sich keine Anhaltspunkte dafür gezeigt, dass sein Neffe zur Gewaltbereitschaft neigen würde. Für O war es also nicht vorhersehbar, dass N die Rolle des "Jason" so verinnerlichen würde, dass er dessen Beispiel folgt.
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Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community

JURAFU

jurafuchsles

5.7.2022, 10:40:47

Wäre das denn für ihn objektiv vorhersehbar? Finde das schon einen ziemlich atypischen Kausalverlauf.

Lukas_Mengestu

Lukas_Mengestu

5.7.2022, 14:29:17

Hallo jurafuchsles, es handelt sich hierbei sicher um einen Grenzfall, in dem sich in beide Seiten argumentieren lässt. Das LG Passau hatte die Frage letztlich offen gelassen und es jedenfalls an der subjektiven

Vorhersehbarkeit

scheitern lassen. Für die

objektive Vorhersehbarkeit

könnte man einwenden, dass es durchaus Gründe hat, warum Jugendschutzbestimmungen bzw. Indizierungen von Filmen vorgenommen werden und dass es Kinder und Jugendlichen schwerer fällt, zwischen Fiktion und Realität zu trennen. Aber wie gesagt, hier líeße sich in beide Richtungen argumentieren. Beste Grüße, Lukas - für das Jurafuchs-Team

RAN

Rankelthorn

4.6.2024, 12:53:58

Es war erst Recht nicht vorhersehbar dass der Junge die Rolle des Jason Voorheese so verinnerlichen würde, da Jason in Freitag der 13te garnicht der Mörder ist. Der Mörder ist seine Mutter. Jason ist zur Zeit der Handlung des Films seit Jahren tot, und sie mordet um ihn zu rächen.


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