Gesamthandsgemeinschaften: eheliche Gütergemeinschaft


+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)

Jurafuchs

S und D sind verheiratet und leben in Gütergemeinschaft (§§ 1415ff. BGB). Sie verwalten ihr Vermögen gemeinschaftlich. G verklagt S erfolgreich auf Zahlung von €9.000. Gegen D hat er keinen Titel erwirkt. Als G den Billardtisch der Eheleute pfänden lässt, will D dagegen vorgehen.

Einordnung des Falls

Gesamthandsgemeinschaften: eheliche Gütergemeinschaft

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 4 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. S und D können gegen die Pfändung erfolgreich mit der Erinnerung (§ 766 ZPO) vorgehen.

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Genau, so ist das!

Die Vollstreckungserinnerung ist statthaft (§ 766 Abs. 1 S. 1 ZPO), wenn der Erinnerungsführer gegen Vollstreckungsmaßnahmen des Vollstreckungsorgans mit der Rüge der Verletzung formellen Rechts vorgeht. Sie ist begründet, wenn tatsächlich formelles Recht verletzt wurde. Voraussetzung der Rechtmäßigkeit jeder Vollstreckungsmaßnahme ist das Vorliegen eines entsprechenden Titels. Leben Ehegatten in Gütergemeinschaft und verwalten sie das Gesamtgut gemeinschaftlich, ist ein Titel gegen beide Ehegatten erforderlich (§ 740 Abs. 2 ZPO). Hier fehlt ein Titel gegen D, sodass die Pfändung rechtswidrig ist und die Erinnerung Erfolg hat.

2. Mit der erfolgreichen Erinnerung (§ 766 ZPO) kann D die Verwertung des gepfändeten Billardtischs dauerhaft verhindern.

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Nein, das trifft nicht zu!

Das Gericht erklärt bei Erfolg der Erinnerung die Zwangsvollstreckung für unzulässig und weist den Gerichtsvollzieher an, die Pfändung aufzuheben. Ist es dem Gläubiger möglich, durch Klage einen Titel gegen den Dritten zu erlangen, so kann er (rechtmäßig) vollstrecken. Wegen der Gütergemeinschaft haften die Ehegatten für die Gesamtgutsverbindlichkeiten persönlich als Gesamtschuldner (§§ 1437, 1459 BGB), sodass eine Klage des G gegen D erfolgreich wäre. Hat G gegen beide Ehegatten einen Titel erwirkt, kann er (rechtmäßig) vollstrecken.

3. Eine Drittwiderspruchsklage der D (§ 771 ZPO) gegen G ist zulässig.

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Ja!

Die Zulässigkeitsvoraussetzungen der Drittwiderspruchsklage (§ 771 ZPO) lauten: (1) Statthaftigkeit, (2) Zuständigkeit des Gerichts, (3) Rechtsschutzbedürfnis. Die Drittwiderspruchsklage (§ 771 ZPO) ist statthaft, wenn der Kläger als Dritter ein die Veräußerung hinderndes Recht (Interventionsrecht) geltend macht (§ 771 Abs. 1 ZPO). Das Miteigentum der D stellt ein solches Interventionsrecht dar. Im Rahmen der Zulässigkeit muss D ihr Miteigentum nur behaupten. Ob ihr das Interventionsrecht tatsächlich zusteht und sie dieses gegen die Pfändung vorbringen kann, prüfst Du dann in der Begründetheit.

4. Die Drittwiderspruchsklage (§ 771 ZPO) der D ist begründet.

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Nein, das ist nicht der Fall!

Die Drittwiderspruchsklage (§ 771 ZPO) ist begründet, wenn (1) dem Kläger ein Interventionsrecht tatsächlich zusteht und (2) der Beklagte keine Einwendungen hat. Da S und D in Gütergemeinschaft leben, steht ihnen das Eigentum an dem Billardtisch gemeinsam zu. G kann jedoch den Einwand der Mithaftung der D erheben. Denn wegen des Gesamtguts - zu dem auch der Billardtisch gehört - haften D und S als Gesamtschuldner (§§ 1437, 1459 BGB). Nach herrschender Meinung ist der Einwand auch dann erfolgreich, wenn noch kein entsprechender Titel des G gegen D existiert - denn G könnte sich diesen Titel jederzeit durch Widerklage im selben Prozess verschaffen.

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