+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)

Jurafuchs

E hinterlässt seinen Erben S und D einen Oldtimer im Wert von €100.000. G, der eine titulierte Forderung gegen S in Höhe von €50.000 hat, erfährt von der Erbschaft und lässt den Oldtimer pfänden. D will gegen die Pfändung vorgehen und die Verwertung des Oldtimers verhindern.

Einordnung des Falls

Gesamthandsgemeinschaften: Erbengemeinschaft

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 4 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. D kann gegen die Pfändung erfolgreich mit der Vollstreckungserinnerung (§ 766 ZPO) vorgehen.

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Ja!

Die Vollstreckungserinnerung ist statthaft (§ 766 Abs. 1 S. 1 ZPO), wenn der Erinnerungsführer gegen Vollstreckungsmaßnahmen mit der Rüge der Verletzung formellen Rechts vorgeht. Sie ist begründet, wenn tatsächlich formelles Recht verletzt wurde. Voraussetzung der Rechtmäßigkeit jeder Vollstreckungsmaßnahme ist das Vorliegen eines entsprechenden Titels. Für die Zwangsvollstreckung in einen Nachlass ist erforderlich ein gegen alle Erben ergangenes Urteil (§ 747 ZPO). Weil hier nur ein Titel gegen S, nicht aber gegen D vorliegt, ist die Pfändung rechtswidrig und die Erinnerung hat Erfolg.

2. Eine Drittwiderspruchsklage (§ 771 ZPO) des D ist zulässig.

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Genau, so ist das!

Die Zulässigkeitsvoraussetzungen der Drittwiderspruchsklage (§ 771 ZPO) lauten: (1) Statthaftigkeit, (2) Zuständigkeit des Gerichts, (3) Rechtsschutzbedürfnis. Die Drittwiderspruchsklage (§ 771 ZPO) ist statthaft, wenn der Kläger als Dritter ein die Veräußerung hinderndes Recht (Interventionsrecht) geltend macht (§ 771 Abs. 1 ZPO). Dem Erben steht vor Annahme der Erbschaft die Drittwiderspruchsklage (§ 771 ZPO) zu. D hat auch ein Rechtsschutzbedürfnis, denn die (erfolgreiche) Erinnerung (§ 766 ZPO) schließt die Drittwiderspruchsklage nicht aus. § 766 ZPO richtet sich primär gegen das formelle Vollstreckungsverfahren, während mit § 771 ZPO das materielle Recht durchgesetzt wird.

3. Die Drittwiderspruchsklage (§ 771 ZPO) des D ist begründet und hat Erfolg.

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Ja, in der Tat!

Die Drittwiderspruchsklage (§ 771 ZPO) ist begründet, wenn (1) dem Kläger ein Interventionsrecht tatsächlich zusteht und (2) der Beklagte keine Einwendungen hat. D steht sein Anteil am Nachlass des E tatsächlich zu. Die Pfändung (und die noch ausstehende Verwertung) des Oldtimers beeinträchtigt dieses Recht des D. G kann gegen ihn auch keinen tauglichen Einwand erheben. Denn D ist nicht Schuldner des G. Das Gericht wird daher die Zwangsvollstreckung in den Nachlass des E für unzulässig erklären.

4. G kann sich den Anteil des S am Nachlass pfänden und überweisen lassen.

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Ja!

Der Anteil eines Miterben am Nachlass ist der Pfändung unterworfen (§ 859 Abs. 2 i.V.m. § 859 Abs. 1 ZPO). G kann sich also den Anteil des S an dem Nachlass des E pfänden und überweisen lassen (§§ 857, 829 ZPO). G nimmt dann anstelle des S an der Auseinandersetzung teil (§ 2042 BGB).

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EV

evanici

10.9.2023, 22:09:36

Ihr schreibt, D kann vor Annahme der Erbschaft die DWK erheben. Heißt das, dass er das nach der Annahme nicht mehr könnte? Oder wäre er im Falle der Annahme dann grundsätzlich Miteigentümer an dem Oldtimer und könnte deswegen trotzdem noch Drittwiderspruchsklage erheben, oder wie kann man sich das genau vorstellen? Und wäre die Erinnerung nach der Annahme in der vorliegen Konstellation ausgeschlossen? § 747 spricht ja nur von dem Zeitraum bis zur Teilung des Nachlasses, die ja dann wahrscheinlich die Annahme ist, oder?


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