Raub mit Todesfolge § 251 StGB: Leichtfertigkeit

22. November 2024

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leichtmittelschwer

+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)

Jurafuchs

T stürmt bewaffnet und eine Sturmmaske tragend die Wohnung eines älteren Ehepaares. Nachdem er den Mann überwältigt und gefesselt hat, wendet er sich der schwer asthmakranken O mit vorgehaltener Waffe zu. Obwohl O einen Asthmaanfall erleidet, verweigert T ihr das Inhalationsgerät. O stirbt.

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Einordnung des Falls

Raub mit Todesfolge § 251 StGB: Leichtfertigkeit

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 3 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. Verursacht der Täter durch den Raub (§§ 249, 250, 252, 255 StGB) wenigstens leichtfertig den Tod eines anderen Menschen, so ist die Strafe lebenslange Freiheitsstrafe oder Freiheitsstrafe nicht unter zehn Jahren (Raub mit Todesfolge, § 251 StGB).

Genau, so ist das!

Raub mit Todesfolge (§ 251 StGB) ist ein erfolgsqualifiziertes Delikt, bei dem der Täter durch den Raub in zumindest leichtfertiger Weise den Tod eines anderen Menschen verursacht hat. Die Voraussetzungen sind (1) die Verwirklichung des Grundtatbestandes (§§ 249, 250, 252 und 255 StGB), (2) der Eintritt des Todes eines Menschen als schwere Folge, (3) Kausalität zwischen Grunddelikt und schwerer Folge, (4) der Unmittelbarkeitszusammenhang zwischen Grunddelikt und Folge, (5) leichtfertiges sowie (6) rechtswidriges und (7) schuldhaftes Handeln.
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2. Leichtfertigkeit bestimmt sich nach § 18 StGB.

Nein, das trifft nicht zu!

Im Rahmen des § 251 StGB muss der Täter den Tod des Opfers zumindest leichtfertig verursachen. Es wird, abweichend von § 18 StGB (Norm lesen!), nicht nur einfaches fahrlässiges Verhalten gefordert. Leichtfertigkeit verlangt "mehr" und bedeutet grobe Fahrlässigkeit: Leichtfertig im Sinne des § 251 StGB handelt, wer die sich ihm aufdrängende Möglichkeit eines tödlichen Verlaufs aus besonderem Leichtsinn oder besonderer Gleichgültigkeit außer Acht lässt.

3. T hat hier leichtfertig gehandelt.

Ja!

Leichtfertig im Sinne des § 251 StGB handelt, wer die sich ihm aufdrängende Möglichkeit eines tödlichen Verlaufs aus besonderem Leichtsinn oder besonderer Gleichgültigkeit außer Acht lässt. Das Gewicht der Fahrlässigkeit hängt dabei nicht nur vom Umfang der Tatsachenkenntnis, sondern auch vom Grad der Vermeidbarkeit ab, also inwieweit sich die Gefahr des Erfolgseintritts namentlich wegen der besonderen Gegebenheiten der Opfersituation (hier: schwerer Asthmaanfall einer unter Schock stehenden älteren Frau) aufdrängen musste; demgemäß kann unbewusste Fahrlässigkeit genügen. Durch den Asthmaanfall der O drängte sich der tödliche Verlauf des Geschehens auf. Trotzdem verweigerte T ihr das Asthmagerät. Er handelte zumindest leichtfertig.
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Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community

DAN

Daniel

19.12.2020, 20:32:36

Woher konnte T von der Asthmaerkrankung der O wissen? Und wenn er es nicht wusste, wie konnte sich dann der tödliche Verlauf dem T aufdrängen?

Der BGBoss

Der BGBoss

20.12.2020, 09:22:24

Bei einem Asthmaanfall stirbst du ja nicht direkt, sondern die Atemnot verschlimmert sich sukzessiv. M.E hat sich nach Beginn dieser Asthmaattacke dem T der tödliche Verlauf aufgedrängt, sodass er leichtfertig gehandelt hat.

Lukas_Mengestu

Lukas_Mengestu

12.11.2021, 18:40:18

Danke euch beiden, wir haben nun noch ergänzt, dass T hier auch das Inhalationsgerät der O vorenthielt. Dadurch sollte es nun noch eindeutiger werden. Beste Grüße, Lukas - für das Jurafuchs-Team

Vulpes

Vulpes

11.1.2021, 18:48:53

Wenn hier die leichtfertige Handlung im Unterlassen einer Rettung der O liegen soll fände ich es schön, wenn der Sachverhalt mehr darauf angelegt wäre. M. E. ist nur in dem vorhalten der Waffe noch keine leichtfertige Verursachung ihres Todes zu erkenn, oder liege ich da falsch?

Lukas_Mengestu

Lukas_Mengestu

12.11.2021, 18:39:22

Danke Adrian, wir haben nun noch die Information ergänzt, dass T der O hier auch das Inhalationsgerät verweigert hat. Dadurch sollte die

Leichtfertigkeit

noch klarer werden. Beste Grüße, Lukas

MK-

MK-

28.8.2023, 08:44:45

Hier fehlt es doch schon bereits objektiv an der Wegnahme einer fremden beweglichen Sache. Wie kommt man hier zur Prüfung der

Leichtfertigkeit

?

DIAA

Diaa

28.8.2023, 21:37:24

Das hätte ich auch gerne gewusst..!

DAV

david1234

18.3.2024, 13:25:23

Hat hier noch wer Gedanken dazu ?

BigLebowski

BigLebowski

9.7.2024, 12:19:05

Im Urteil des BGH wird aus der Sachverhaltsdarstellung auch nicht ganz ersichtlich, welche Sachen letztlich weggenommen wurden. Das war aber auch fürs Revisionsverfahren nicht von Bedeutung, daher wurde das wahrscheinlich nicht vom BGH ausgeführt. Das Urteil der Vorinstanz ist nicht über juris abrufbar, da würde man fündig werden. Jedenfalls ist davon auszugehen, dass hier eine Wegnahme vorlag.

DeliktusMaximus

DeliktusMaximus

9.4.2024, 22:45:20

Ist die

Leichtfertigkeit

demnach eine Mischung aus grober Fahrlässigkeit und dem Dolus Eventualis?

TI

Timurso

10.4.2024, 01:14:14

Nein, wie die Antwort auf die vorletzte Frage sagt, entspricht die

Leichtfertigkeit

inhaltlich der groben Fahrlässigkeit.

Juraddicted

Juraddicted

14.10.2024, 17:41:29

Welche der Punkte prüft man im subjektiven Tatbestand? Welche danach, aber noch innerhalb des Tatbestandes? Oder sollte man in dieser Konstellation auf eine Unterscheidung verzichten? vielen Dank :)


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