Strafrecht
Strafrecht Allgemeiner Teil
Versuch und Rücktritt
Abgrenzung beendeter/unbeendeter Versuch Rücktrittshorizont Entstehen
Abgrenzung beendeter/unbeendeter Versuch Rücktrittshorizont Entstehen
+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)
T möchte O töten und schießt auf ihn. O fällt um und T denkt, dass O bereits tot sei. T geht nach Hause, kommt jedoch nach einer halben Stunde wieder, um seine Handschuhe zu holen. Dabei bemerkt er, dass O noch lebt, aber zu verbluten droht. Er ruft einen Krankenwagen und O wird gerettet.
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Einordnung des Falls
Abgrenzung beendeter/unbeendeter Versuch Rücktrittshorizont Entstehen
Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 3 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt
1. Der Versuch ist nach h.M. fehlgeschlagen.
Nein, das ist nicht der Fall!
Jurastudium und Referendariat.
2. Es liegt ein beendeter Versuch vor, als T erstmals nach Hause geht.
Ja, in der Tat!
3. Der Rücktrittshorizont des T hat sich korrigiert.
Nein!
Fundstellen
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Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community
evanici
2.9.2023, 15:45:56
Würde die
Korrektur des Rücktrittshorizontsim vorliegenden Fall nicht zu weniger strengen Anforderungen führen? T dachte ja ursprünglich, alles Erforderliche getan zu haben und würde erst bei seiner Rückkehr merken, dass der Versuch unbeendet ist. Ich verstehe insoweit die Erläuterung nicht, die von ggf. engeren Anforderungen (im Sinne von strengeren?) spricht. Grundsätzlich wäre eine Korrektur also schon denkbar, hier scheitert es aber am engen zeitlichen Zusammenhang?
Tobias Krapp
22.10.2024, 20:54:23
Hallo @[evanici](214760), guter Gedanke! Wenn man davon ausgeht, dass T zunächst den Eintritt des Taterfolgs für möglich hielt und später bei Rückkehr dann doch von einem unbeendeten Versuch ausging, läge in der Tat ein möglicher (täterbegünstigender) Anwendungsfall der
Korrektur des Rücktrittshorizontsvor (der aber dann hier wohl wegen des fehlenden engen zeitlichen Zusammenhangs abzulehnen wäre). Aber bei uns hindert etwas schon die Diskussion der Anwendung der
Korrektur des Rücktrittshorizonts: T hat O schon für tot gehalten. Dementsprechend konnte er, so der BGH, hier gar keinen
Rücktrittshorizonthaben. Dieser entstand vielmehr erst dann erstmals, als T bewusst war, dass O noch gar nicht tot war, er also tatsächlich noch etwas zu tun können glaubte. Wenn der
Rücktrittshorizontdort erstmals entstand, ist also klar, dass es auf Ts Vorstellungen zu diesem Zeitpunkt ankommt. Insofern war der Sachverhalt hier bisher etwas unpräzise, da T im zugrundeliegenden BGH Fall davon ausging, dass O verbluten würde, wenn keine Hilfe eintrifft, dementsprechend ging es gar nicht um einen unbeendeten Versuch. Wäre das nicht so, wäre in der Tat ein
unbeendeter Versuchanzunehmen. Ich habe das in der Aufgabe korrigiert und die von dir berechtigterweise kritisierte Formulierung gelöscht. Vielen Dank dir für deinen Hinweis auf die etwas irreführende Erläuterung. Viele Grüße - für das Jurafuchsteam - Tobias
G0d0fMischief
22.10.2024, 07:37:42
T ist aber dennoch vom Versuch zurückgetreten da er dessen Vollendung verhindert hat oder? Der Rücktritt richtet sich vorliegend ja mangels Korrektur nach § 24 I Var. 2 StGB.
Tobias Krapp
22.10.2024, 20:16:59
Hallo @[G0d0fMischief](217996), genau so ist es! Ist der Versuch beendet, erfordert ein Rücktritt eine Verhinderung des Erfolgs durch eigene Tätigkeit (§ 24 I 1 Var. 2 StGB) oder entsprechende Bemühungen (§ 24 I 2 StGB), wenn der Erfolg ohne das Zutun des Täters ausgeblieben ist. Im zugrundeliegenden BGH Fall war mangels kausalem Verhindern § 24 I 2 StGB einschlägig (da bereits ein Nachbar Rettungskräfte alarmiert hatte und erst dann der Täter selbst Rettungskräfte anrief), in unserer Fallvariante hier wäre aber ein kausales Verhindern zu bejahen und damit T nach § 24 I 1 Var. 2 StGB zurückgetreten. Es bleibt also nur die vollendete gefährliche Körperverletzung. Viele Grüße - für das Jurafuchsteam - Tobias