Leistungsnähe III - Arbeitnehmer

19. April 2025

10 Kommentare

4,8(6.271 mal geöffnet in Jurafuchs)

leichtmittelschwer

+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)

Jurafuchs

Fleischermeisterin F kauft von Herstellerin H einen "Sojawolf", um aus Soja veganes Hackfleisch herzustellen. Bei der Bedienung der Maschine wird Mitarbeiter M verletzt. Es stellt sich heraus, dass die Verletzung auf einen Sicherheitsmangel des Sojawolfs zurückzuführen ist.

Diesen Fall lösen 97,8 % der 15.000 Nutzer:innen unseres digitalen Tutors "Jurafuchs" richtig.

Einordnung des Falls

Leistungsnähe III - Arbeitnehmer

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 2 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. M könnte gegen H ein Schadensersatzanspruch nach §§ 437 Nr. 3, 280 Abs. 1, 241 Abs. 2 BGB i.V.m. den Grundsätzen des Vertrags mit Schutzwirkung Dritter (VSD) zustehen.

Ja, in der Tat!

Zunächst muss ein Vertrag zwischen Gläubiger und Schuldner bestehen. Die Einbeziehung nach dem VSD setzt sodann (1) Leistungsnähe des Dritten, (2) Einbeziehungsinteresse des Gläubigers, (3) Erkennbarkeit für den Schuldner und (4) Schutzbedürftigkeit des Dritten voraus. LeGES: Leistungsnähe, Gläubigernähe, Erkennbarkeit, Schutzbedürftigkeit. Für Lateinliebhaber: Leges ist der Plural von "lex" und bedeutet übersetzt "Gesetze".
Jurafuchs 7 Tage kostenlos testen und tausende Fälle wie diesen selbst lösen.
Erhalte uneingeschränkten Zugriff alle Fälle und erziele Spitzennoten in
Jurastudium und Referendariat.

2. Leistungsnähe liegt vor.

Ja!

Leistungsnähe bedeutet, dass der Dritte bestimmungsgemäß mit der Leistung in Berührung kommt und den Gefahren einer Pflichtverletzung ebenso ausgesetzt ist wie der Gläubiger. Zu fragen ist, ob der Dritte mit der Verletzung der Nebenpflicht, die Rechtsgüter des anderen zu schützen (§ 241 Abs. 2 BGB), typischerweise ebenso in Berührung kam wie der Gläubiger selbst. Im Zuge seiner Arbeitstätigkeit bedient M bestimmungsgemäß die Maschinen, die von F angeschafft werden.
Dein digitaler Tutor für Jura
Jetzt kostenlos testen
Jurafuchs
Eine Besprechung von:
Jurafuchs Brand
facebook
facebook
facebook
instagram

Jurafuchs ist eine Lern-Plattform für die Vorbereitung auf das 1. und 2. Juristische Staatsexamen. Mit 15.000 begeisterten Nutzern und 50.000+ interaktiven Aufgaben sind wir die #1 Lern-App für Juristische Bildung. Teste unsere App kostenlos für 7 Tage. Für Abonnements über unsere Website gilt eine 20-tägige Geld-Zurück-Garantie - no questions asked!


Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community

DIAA

Diaa

2.9.2023, 23:58:20

Wieso wird hier § 437 mit zitiert? Das setzt das Vorliegen eines KV und dementsprechend auch einen Mangel. Im vorigen Fall stand, dass der Dritte niemals einen Primäranspruch gelend machen kann oder verstehe ich das falsch?

MayonnaiseOperator

MayonnaiseOperator

16.10.2023, 23:51:49

Ohne die Mangelhaftigkeit der Kaufsache bestünde in erster Linie nicht die sich hier realisierte Gefahr einer Verletzung der (hier:) Mitarbeiter. Beachte, dass 280 I, 241 II BGB im vorliegenden Fall den Kern stellt - der SE-Anspruch soll nicht allein aus § 437 BGB resultieren, sondern aus der Verletzung zumindest einer vertraglichen Schutzpflicht (§§ 280 I, 241 II BGB). Aber, da mag ich wieder nach oben verweisen, diese

Pflichtverletzung

wäre ohnehin nicht eingetreten, wenn die Sache denn nicht mangelhaft wäre.

QUIG

QuiGonTim

13.3.2024, 08:55:05

@[Diaa](211889) Bedenke, dass es sich um einen Vertrage mit Schutzwirkung zugunsten Dritter handelt. Die Schutzwirkung zugunsten des Dritten existiert niemals selbstständig, sondern immer nur in Verbindung mit einem bereits bestehenden Schuldverhältnis. Dieses ist vorliegend der Kaufvertrag zwischen dem Metzger und dem Verkäufer. An diesen wird der Mitarbeiter über die Grundsätze des Vertrages mit Schutzwirkung zugunsten Dritter „angedockt“ (in der Klausur besser: einbezogen). Deshalb resultiert auch der Anspruch des Mitarbeiters aus der kaufrechtlichen Mängelhaftung.

wasabi

wasabi

21.2.2025, 10:53:05

Bei jedem Kaufvertrag besteht von etwaigen Hilfspersonen des Käufers eine

Leistungsnähe

? Das würde bedeuten, dass in der Praxis ein Hersteller immer sein Vertretenmüssen widerlegen müsste, wegen § 280 I 2 BGB, oder nicht? Damit wird das Deliktsrecht faktisch komplett unterlaufen, sobald der Käufer die Kaufsache nicht selbst bedient, sondern durch jemand anderen bedienen lässt.

OKA

okalinkk

28.3.2025, 14:26:35

@[Diaa](211889) 437 Nr 3, 280 I BGB ist ja kein Primäranspruch, sondern ein

Sekundär

anspruch (

Schadensersatz

anspruch). Es wird ja keine Erfüllung sondern

Schadensersatz

, also eine

Sekundär

leistung verlangt.

OKA

okalinkk

28.3.2025, 14:31:27

Wenn ich das richtig sehe, dürfte der vertragliche SE Anspruch iVM VSD aber jedenfalls an der Schutzbedürftigkeit des Arbeitnehmers fehlen. Er könnte nämlich einen verschuldensunabhängigen SE Anspruch aus Produkthaftung gem 1 ProfHaftG gegen den Hersteller geltend machen. Darüber hinaus würde ihm hier auch ein Anspruch aus 823 I BGB aus Produzentenhaftung zustehen. Hierbei handelt es sich zwar um einen deliktischen SE Anspruch, der ja grds nicht gleichwertig zu vertraglichen Ansprüchen ist. In diesem Fall liegt aber meiner Meinung nach eine Gleichwertigkeit vor, da im Falle der Produzentenhaftung das Verschulden des Produzenten ausnahmsweise vermutet wird. Korrigiert mich gerne :)


Jurafuchs 7 Tage kostenlos testen und mit 15.000+ Nutzer austauschen.
Kläre Deine Fragen zu dieser und 15.000+ anderen Aufgaben mit den 15.000+ Nutzern der Jurafuchs-Community
Dein digitaler Tutor für Jura
Jetzt kostenlos testen