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Verfassungsunmittelbarer Auskunftsanspruch der Presse gegen den Bundesnachrichtendienst über dessen Zusammenarbeit mit der Presse
Verfassungsunmittelbarer Auskunftsanspruch der Presse gegen den Bundesnachrichtendienst über dessen Zusammenarbeit mit der Presse
13. Februar 2025
15 Kommentare
4,7 ★ (29.900 mal geöffnet in Jurafuchs)
+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)
J ist Journalist, der die Beziehungen des Bundesnachrichtendienstes (BND) zu bestimmten Medien aufdecken möchte. J verlangt vom BND Auskunft über (1) sogenannte Kennenlerntreffen und (2) vertrauliche Einzelgespräche mit Medienvertretern. Der BND beantwortet Js Anträge nur teilweise.
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Einordnung des Falls
Verfassungsunmittelbarer Auskunftsanspruch der Presse gegen den Bundesnachrichtendienst über dessen Zusammenarbeit mit der Presse
Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 12 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt
1. J klagt auf Beantwortung seiner Anträge und Auskunftserteilung. Ist für Js Klage der Verwaltungsrechtsweg eröffnet?
Ja, in der Tat!
Jurastudium und Referendariat.
2. J beruft sich in seiner Klage auf Auskunftserteilung vor dem Verwaltungsgericht auf den verfassungsunmittelbaren Auskunftsanspruch der Presse. Ist hierfür die Verpflichtungsklage statthaft?
Nein!
3. Für die allgemeine Leistungsklage muss der Kläger analog § 42 Abs. 2 VwGO klagebefugt sein, was bei J der Fall ist.
Genau, so ist das!
4. Die Klage des J ist unzulässig, da er kein Rechtsschutzbedürfnis hat.
Nein, das trifft nicht zu!
5. Die Klage ist begründet, soweit J den Anspruch auf Auskunftserteilung hat. Kann sich der Anspruch unmittelbar aus der Pressefreiheit (Art. 5 Abs. 1 S. 2 GG) ergeben?
Ja!
6. Die auskunftspflichtige Behörde muss vor Auskunftserteilung die Betroffenen, deren Grundrechte oder Interessen durch eine Auskunft berührt werden, anhören oder ihre Einwilligung einholen.
Nein, das ist nicht der Fall!
7. Js Klage ist unbegründet, soweit er gerichtlich weiterhin Auskunft über Umstände verlangt, über die B bereits außergerichtlich während des Verfahrenslaufs Auskunft gegeben hat.
Ja, in der Tat!
8. Js Klage auf Auskunft über die Kennenlerntreffen (beteiligte Medienvertreter und Anlass der Treffen) ist unbegründet, da die Pressefreiheit der Medienvertreter als überwiegendes Interesse entgegensteht.
Nein!
9. Js Klage auf Auskunft über die Kennenlerntreffen (beteiligte Medienvertreter und Anlass der Treffen) ist unbegründet, da das Persönlichkeitsrecht der Medienvertreter als überwiegendes Interesse entgegensteht.
Nein, das ist nicht der Fall!
10. Über die Kennenlerntermine (zu denen J Auskunft verlangen kann) hinaus, darf der BND mit Medienvertretern auch vertrauliche Einzelgespräche führen, deren Umstände der BND nicht im Einzelnen dokumentieren muss.
Ja, in der Tat!
11. J kann von B keine Auskunft über die Einzelgespräche und deren Inhalt verlangen, da das Interesse der Medienvertreter am Schutz ihrer Recherchetätigkeit gegenüber Js Auskunftsinteresse überwiegt.
Ja!
12. Der verfassungsrechtliche Auskunftsanspruch der Presse ist voraussetzungslos.
Nein!
Fundstellen
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Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community
Daniel
12.12.2022, 20:26:12
Aus dem Antworttext zur ersten Frage nach einer Streitigkeit "nichtverfassungsrechtlicher Art" wird mit der Formulierung "weder - noch" nicht deutlich, dass es sich um kumulative Voraussetzungen handelt. Nach der Formel der doppelten
Verfassungsunmittelbarkeitliegt eine
verfassungsrechtliche Streitigkeitnur vor, wenn die Streitbeteiligten unmittelbar am Verfassungsleben beteiligt sind UND es im Kern um Verfassungsrecht geht.

Nora Mommsen
24.3.2023, 11:40:52
Hallo Daniel, danke für die Anmerkung. Wir haben die Aufgabe jetzt entsprechend umformuliert, sodass unmissverständlich klar ist, dass es eine kumulative Voraussetzung darstellt. Viele Grüße, Nora - für das Jurafuchs-Team
Mieze Katz
13.3.2023, 09:05:11
Worauf beziehen sich denn die Rn.?

Mieze Katz
14.3.2023, 21:05:56
Ok, danke! :-)

Jana-Kristin
2.4.2023, 18:00:29
Die Entscheidung wurde sehr gut aufbereitet. Lediglich die Problematik, weshalb das LPresseG nicht bei Bundesbehörden angewendet werden kann, finde ich etwas zu kurz gekommen.

Lukas_Mengestu
4.4.2023, 16:56:44
Lieben Dank, Jana-Kristin! Das haben wir noch ergänzt :-) Beste Grüße, Lukas - für das Jurafuchs-Team
Lennov
13.6.2023, 08:57:41
Vielleicht könntet ihr bei der Frage, ob vor Auskunftserteilung noch die betroffenen Dritten angehört werden müssen, darauf verweisen, dass dies im konkreten Fall nicht erforderlich ist, z.B. bei § 8 IFG indes schon.

Wendelin Neubert
4.7.2023, 12:43:47
Hallo HanSo, danke für Deinen weiterführenden Kommentar. Absolut richtig! Wir haben einen entsprechenden Hinweis in die Aufgabe an der von Dir vorgeschlagenen Stelle aufgenommen. Beste Grüße - Wendelin für das Jurafuchs-Team
cann1311
4.7.2023, 00:32:12
Warum ist hier das IFG nicht einschlägig? § 1 erwähnt sogar ausdrücklich bundesbehörden

Wendelin Neubert
4.7.2023, 12:29:37
Hallo cann1311, danke für Deine Frage. Das IFG des Bundes ist hier nicht einschlägig. Zwar ist der BND, wie Du schreibst, eine Bundesbehörde i.S.d. § 1 Abs. 1 IFG. Allerdings wird der an sich voraussetzungslose IFG-Anspruch in § 3 IFG zum Schutz von besonderen öffentlichen Belangen gesetzlich eingeschränkt (Bereichsausnahme). Gemäß § 3 Nr. 8 IFG besteht der IFG-Anspruch u.a. „gegenüber den Nachrichtendiensten“ ausdrücklich nicht. Hoffe das hilft! Beste Grüße - Wendelin für das Jurafuchs-Team
QuiGonTim
24.1.2024, 21:19:35
Wie ist der Begriff der „objektiv-institutionellen Dimension“ innerhalb der Begründung des unmittelbar aus Art. 5 Abs. 1 S. 2 GG stammenden Anspruchs zu verstehen?
Schrobl
18.7.2024, 08:40:17
Offenbar auf Hinweis einer Nutzerin wurde hinzugefügt, dass die Landespressegesetze mangels Gesetzgebungskompetenz der Länder nicht zur Anwendung kommen. Das finde ich viel zu knapp, denn hier liegt der Kern der Entscheidung: Die herrschende Lehre sah das bis zu dieser Entscheidung anders und hat sie daher auch ziemlich eindeutig als Fehlentscheidung abgestraft. Bis heute wird umgänglich darüber diskutiert. Hier sollten daher auch in der Lektion die Argumente des BVerwG und der Literatur (Annex, Ausübung vs. Befolgung von Landesrecht etc.) thematisiert werden. Schade, dass das nicht passierte. Wäre schön, wenn das nachgebessert wird.
Schrobl
18.7.2024, 08:41:39
"umgänglich" meint "umfangreich", ups
Findet Nemo Tenetur
2.2.2025, 22:43:07
Die Ausführung zur streitentscheidenden Norm bei Eröffnung des VerwRechtswegs kommt mir hier sehr kurz und unpräzise vor, bzw. ist mir nicht ganz klar, welche es denn nun genau ist. Der presserechtliche Auskunftsanspruch aus Art. 5 I 2 GG ? Müsste ich den dann nicht hier nennen, bzw müsste ich den auch herleiten und argumentieren, dass – obwohl es aus einem “Grundrecht” hergeleitet ist – hier eine Norm vorliegt, die einen Hoheitsträger einseitig berechtigt und verpflichtet? Dazu ein Lob, für die Klausurhinweise, also zB dass man hier in der Klausur eine ausführliche Abwägung vornehmen müsste etc. Anregung insgesamt: mir würde es sehr helfen, wenn häufiger in der Erkläuterung oder sonst wo noch ein Hinweis käme, an welcher Stelle im Gutachten das besprochene nun genau relevant wird. Denn das ist mE oftmals die große Schwierigkeit: Anwendung des abstrakten Wissens in der (Fall-)Prüfung. Danke!