Strafrecht

Strafrecht Allgemeiner Teil

Objektive Zurechnung

Verkauf eines Messers, das für Attentat verwendet wird.

Verkauf eines Messers, das für Attentat verwendet wird.

3. Dezember 2024

4,7(32.804 mal geöffnet in Jurafuchs)

[...Wird geladen]

+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)

Jurafuchs
Tags
Klassisches Klausurproblem

A verkauft B über eBay-Kleinanzeigen ein Schweizer Taschenmesser. Als B das Messer abholt, hinterlässt er bei A einen merkwürdigen Eindruck. Am Tag darauf liest A in der Zeitung, dass B mit genau diesem Messer in der Mönckebergstraße in Hamburg zehn Passanten erstochen hat.

Diesen Fall lösen [...Wird geladen] der 15.000 Nutzer:innen unseres digitalen Tutors "Jurafuchs" richtig.

...Wird geladen

Einordnung des Falls

Verkauf eines Messers, das für Attentat verwendet wird.

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 2 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. A ist der Tod der Passanten objektiv zuzurechnen.

Nein!

Beim eigenverantwortlichen Dazwischentreten eines Dritten ist nach Verantwortungsbereichen abzugrenzen. Knüpft er an das Verhalten des Ersttäters dergestalt an, dass er eine neue, selbstständig auf den Erfolg hinwirkende Gefahr schafft, die sich dann allein im Erfolg realisiert, ist der Erfolg ausschließlich ihm zuzurechnen.Mit dem Verkauf des Taschenmessers hat A keine rechtlich missbilligte Gefahr geschaffen. Er durfte darauf vertrauen, dass B mit dem Messer keine vorsätzlichen Straftaten begeht."Neutrale Handlungen" begründen aber eine rechtlich missbilligte Gefahr, wenn der Hilfeleistende sicher weiß, dass der Haupttäter damit eine Straftat begeht oder jedenfalls das Risiko hierfür als besonders hoch einschätzt. Dann kommt eine Strafbarkeit wegen Beihilfe (§ 27 StGB) in Betracht.
Jurafuchs 7 Tage kostenlos testen und tausende Fälle wie diesen selbst lösen.
Erhalte uneingeschränkten Zugriff alle Fälle und erziele Spitzennoten in
Jurastudium und Referendariat.

2. A hat den Tod der Passanten kausal verursacht.

Genau, so ist das!

Rspr. und hL bestimmen die Kausalität überwiegend nach der Äquivalenztheorie (= conditio-sine-qua-non-Formel). Eine Handlung ist danach kausal, wenn sie nicht hinweggedacht werden kann, ohne dass der Erfolg in seiner konkreten Gestalt entfiele.Hätte A dem B nicht das Taschenmesser verkauft, hätte B damit nicht die Passanten erstochen.
Dein digitaler Tutor für Jura
Jetzt kostenlos testen
Jurafuchs
Eine Besprechung von:
Jurafuchs Brand
facebook
facebook
facebook
instagram

Jurafuchs ist eine Lern-Plattform für die Vorbereitung auf das 1. und 2. Juristische Staatsexamen. Mit 15.000 begeisterten Nutzern und 50.000+ interaktiven Aufgaben sind wir die #1 Lern-App für Juristische Bildung. Teste unsere App kostenlos für 7 Tage. Für Abonnements über unsere Website gilt eine 20-tägige Geld-Zurück-Garantie - no questions asked!


Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community

TJU

Tr(u)mpeltier junior

25.12.2020, 01:14:02

Ggfs könnte man hier den hinweistext noch ein wenig anreichern - stichwort: neutrale Geschäfte. Das Ergebnis teile ich zwar hier. Allerdings gibt es auch Konstellationen, in denen der Verkäufer weiß, dass mit dem grds neutralen Gegenstand eine Straftat begangen werden soll und dann eine Beihilfe Strafbarkeit in Betracht kommt. Hierauf könnte man ggfs noch hinweisen.

Lukas_Mengestu

Lukas_Mengestu

3.11.2021, 12:14:06

Vielen Dank für den Hinweis, trumpeltier junior. In der Tat vertritt die Rechtsprechung hier einen subjektiven Ansatz. Der BGH formuliert es in mittlerweile ständiger Rechtsprechung wie folgt: "Zielt das Handeln des Haupttäters ausschließlich darauf ab, eine strafbare Handlung zu begehen und weißt dies der Hilfeleistende, so ist sein Tatbeitrag als Beihilfehandlung zu werten. In diesem Fall verliert sein Tun stets den "Alltagscharakter"; es ist als "Solidarisierung" mit dem Täter zu deuten und dann auch nicht mehr als

sozialadäquat

anzusehen. Weiß der Hilfeleistende dagegen nicht, wie der von ihm geleistete Beitrag vom Haupttäter verwendet wird, hält er es lediglich für möglich, dass sein Tun zur Begehung einer Straftat genutzt wird, so ist sein Handeln regelmäßig noch nicht als strafbare Beihilfehandlung zu beurteilen, es sei denn, das von ihm erkannte Risiko strafbaren Verhaltens des von ihm Unterstützten war derart hoch, dass er sich mit seiner Hilfeleistung die Förderung eines erkennbar tatgeneigten Täters angelegen sein ließ." (BGH NStZ 2017, 461) Wir haben nun einen Vertiefungshinweis ergänzt. Beste Grüße, Lukas - für das Jurafuchs-Team

Ranii

Ranii

26.11.2022, 11:53:49

Wenn ich mich recht entsinne ist das Dazwtreten Dritter eine Frage des Niederschlags im konkreten Erfolg und nicht der Schaffung einer Gefahr (dies wäre vorliegend das

sozialadäquat

e Verhalten). Vielleicht habt ihr das ja versehentlich verwechselt :)

Nora Mommsen

Nora Mommsen

26.11.2022, 18:30:59

Hallo Ranii, danke für deine Anmerkung! Dies ist in der Tat so zu strukturieren. Das

Dazwischentreten Dritter

setzt aber voraus, dass zunächst eine

rechtlich missbilligte Gefahr

geschaffen wurde. Allein der Verkauf eines Schweizer Taschenmessers stellt keine

rechtlich missbilligte Gefahr

dar. Somit kann diese Gefahrenkette auch nicht "unterbrochen" werden. Es scheitert somit schon am ersten Prüfungspunkt. Ein

Dazwischentreten Dritter

kann bei rechtlich neutralen Handlungen nur gegeben sein, wenn der Beteiligte sicher wusste, dass mit dem Objekt die Tat begangen werden würde. Viele Grüße, Nora - für das Jurafuchs-Team

Nicole

Nicole

14.4.2023, 23:48:32

Was muss passieren, dass ein

Dazwischentreten Dritter

geprüft wird und was ist die genaue Definition dessen?

QUIG

QuiGonTim

22.4.2024, 17:38:00

Liebes Jurafuchsteam, die Subsumtion passt nicht so recht zur Fallgruppe „Dazwischentreten eines Dritten“. Denn bei dieser geht es meines Erachtens um die Realisierung der bereits als missbilligt angesehenen Gefahr. In der Subsumtion führt ihr jedoch aus, dass bereits keine

rechtlich missbilligte Gefahr

vorlege. Demnach läge hier wohl eher ein Fall des

sozialadäquat

en Verhaltens vor.


Jurafuchs 7 Tage kostenlos testen und mit 15.000+ Nutzer austauschen.
Kläre Deine Fragen zu dieser und 15.000+ anderen Aufgaben mit den 15.000+ Nutzern der Jurafuchs-Community
Dein digitaler Tutor für Jura
Jetzt kostenlos testen