Strafrecht AT | Vorsatz | Error in persona vel obiecto (Tatbestandliche Gleichwertigkeit der Objekte)
+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)
T will O erschießen. In der Dunkelheit hält er den herannahenden X für O und tötet ihn mit einem Schuss.
Einordnung des Falls
Strafrecht AT | Vorsatz | Error in persona vel obiecto (Tatbestandliche Gleichwertigkeit der Objekte)
Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 3 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt
1. Ein error in persona vel obiecto (Irrtum über das Handlungsobjekt) ist für den Vorsatz beachtlich, wenn das vorgestellte und getroffene Objekt tatbestandlich gleichwertig sind.
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Nein, das trifft nicht zu!
2. T unterliegt einem unbeachtlichen error in persona vel obiecto (Irrtum über das Handlungsobjekt).
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Ja!
3. Der Vorsatz des T umfasste neben der Tötung des X auch den Tötungsversuch hinsichtlich des O als eigentlichem Zielobjekt.
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Nein, das ist nicht der Fall!
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Antonia
9.11.2021, 13:22:14
Bei dem Fall mit dem Jäger und dem Hund hatte der Wilderer nur noch eine Patrone. Ihm war es gleich, wer von beiden getroffen wird (schlussendlich war’s der Hund). Dadurch, dass die Objekte nicht gleichwertig sind, kommt eine Sachbeschädigung in Betracht und man prüft zudem eine Versuchstrafbarkeit gegenüber dem Jäger? Wie sieht es dort mit dem Vorsatz aus? Könnte er auch u.U. verbraucht sein?

Lukas_Mengestu
10.11.2021, 10:02:06
Hallo Antonia, sehr gute Frage. Zur Frage, wie man mit dem Alternativvorsatz umzugehen hat, hatte sich auch der BGH Anfang des Jahres geäußert (https://jurafuchs.app.link/hFxCx6nc4kb). Er hat sich der hL angeschlossen, dass beim Alternativvorsatz kein Verbrauch des Vorsatzes eintritt, sondern das vollendete und versuchte Delikt in Tateinheit zueinander stehen. Schau Dir gerne hierzu auch den Fall in der App mal an. Beste Grüße, Lukas - für das Jurafuchs-Team

Pilea
11.1.2023, 08:10:34
Warum ist dies ein error in objecto und nicht in persona, wenn er sich über eine Person irrt?

Pilea
11.1.2023, 08:17:08
Ah, hab grad gesehen dass ihr "in persona vel objecto" schreibt, hat sich also erledigt.
Geithombre
29.11.2023, 09:48:29
Ich würde da aber schon für sprachliche Genauigkeit plädieren, insb. wenn man mit einer Fremdsprache arbeitet. Der vorliegende Fall ist allein ein "error in persona". Würde der Täter das Auto des A zerkratzen wollen, täte dies aber irrig beim Auto des B, läge ein Fall des "error in objecto" vor. Die Rechtsfigur wird allgemein zwar unter dem Sammelbegriff Irrtum über das Tatobjekt benannt, aber wenn wir im vorliegenden Fall auf den unbeachtlichen Motivirrtum hinauswollen, finde ich es dogmatisch sauberer, nur von einem "error in persona" zu sprechen. Der Mensch ist keine Sache / kein Objekt.