Strafrecht

Strafrecht Allgemeiner Teil

Subjektiver Tatbestand

Strafrecht AT | Vorsatz | Error in persona vel obiecto (Ausländisches Staatsoberhaupt)

Strafrecht AT | Vorsatz | Error in persona vel obiecto (Ausländisches Staatsoberhaupt)

22. November 2024

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+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)

Jurafuchs
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Klassisches Klausurproblem

T erschießt den auf Staatsbesuch in Deutschland weilenden nigerianischen Staatspräsidenten S bei einem privaten Einkaufsbummel in der Frankfurter Innenstadt, weil er ihn mit seinem Todfeind E verwechselt.

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Einordnung des Falls

Strafrecht AT | Vorsatz | Error in persona vel obiecto (Ausländisches Staatsoberhaupt)

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 2 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. Da S und E tatbestandlich gleichwertige Tatobjekte im Rahmen des § 212 StGB darstellen, liegt bei T ein für den Vorsatz unbeachtlicher error in persona vel obiecto vor.

Ja, in der Tat!

Der Vorsatz muss sich auf alle Merkmale des objektiven Tatbestandes beziehen. Irrt sich der Täter über die Identität der konkret individualisierten Person oder Sache (error in persona vel obiecto), ist diese Objektverwechslung für den Vorsatz unbeachtlich, wenn das konkret getroffene und das erwartete Objekt tatbestandlich gleichwertig sind. T hatte den Vorsatz, einen Menschen zu töten (§ 212 StGB). S und E sind tatbestandlich gleichwertig. T hat „den“ Menschen getötet, auf den er mit Tötungswillen angelegt und geschossen hat (also den S). Der Umstand, dass T den S mit E verwechselt hat, war nur der Grund für die Ausführung der vorsätzlichen Tötungshandlung am falschen Objekt.
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2. T hatte auch Vorsatz in Bezug auf den Angriff auf das Leben eines ausländischen Staatsoberhaupts (§ 102 StGB).

Nein!

Irrt sich der Täter über die Identität der konkret individualisierten Person oder Sache (error in persona vel obiecto), ist diese Objektverwechslung für den Vorsatz unbeachtlich, wenn das konkret getroffene und das erwartete Objekt tatbestandlich gleichwertig sind. T stellte sich vor, den E und damit einen „Menschen“ zu töten (§ 212 StGB). Das von § 102 Abs. 1 StGB geforderte Tatobjekt „ausländisches Staatsoberhaupt“ ist ein Tatbestandsmerkmal, unter welches man S, aber nicht den E subsumieren kann. Hier liegt tatbestandliche Ungleichwertigkeit vor. Der Irrtum des T ist beachtlich, sodass gem. § 16 Abs. 1 S. 1 StGB der Vorsatz entfällt (eine Fahrlässigkeitsstrafbarkeit, siehe § 16 Abs. 1 S. 2 StGB, gibt es bei § 102 StGB nicht).
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Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community

SS

Strand Spaziergang

6.4.2023, 09:37:25

Aber T hat sich des Totschlags strafbar gemacht, richtig? Kann er sich auch des Mordes strafbar gemacht haben, weil der den Geschädigten im Zustand der Arglosigkeit getötet hat?

SvzW

SvzW

1.9.2023, 11:23:40

Nein, dafür fehlt ihm der

Vorsatz

. Dazu müsste etwas mehr im Sachverhalt stehen.

Dogu

Dogu

28.4.2024, 14:57:39

@[SvzW](3164) Naja das Bild gehört bei Jurafuchs zum Sachverhalt. Der Täter hat dem Opfer bewusst in den Rücken während des Einkaufens geschossen. ME liegt da Heimtücke nahe.

RAP

Raphaeljura

30.4.2023, 00:55:46

Hallo. Warum entfällt die Fahrlässigkeit bei Paragraph 102 StGB?

SE.

se.si.sc

30.4.2023, 08:37:36

Weil fahrlässiges Handlen nach § 15 StGB nur dann strafbar ist, wenn es für die jeweilige Tat ausdrücklich vorgesehen ist. Da das bei § 102 StGB nicht der Fall ist, wird fahrlässiges Handeln insoweit auch nicht bestraft.

RAP

Raphaeljura

30.4.2023, 13:57:23

Top, vielen Dank.


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