Strafrecht
Strafrecht Allgemeiner Teil
Rechtfertigungsgründe
Scheinangriff/ objektive Bestimmung des Angriffs - Erlaubnistatbestandsirrtum
Scheinangriff/ objektive Bestimmung des Angriffs - Erlaubnistatbestandsirrtum
25. Mai 2025
20 Kommentare
4,7 ★ (44.549 mal geöffnet in Jurafuchs)
+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)
O streckt seine Arme aus, um T zu umarmen. T deutet Os Bewegung fälschlicherweise als Angriff und schlägt O zu Boden.
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Einordnung des Falls
Scheinangriff/ objektive Bestimmung des Angriffs - Erlaubnistatbestandsirrtum
Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 3 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt
1. T hat den Tatbestand einer Körperverletzung (§ 223 I StGB) erfüllt, indem er O zu Boden schlug.
Ja, in der Tat!
Jurastudium und Referendariat.
2. T handelte in Notwehr (§ 32 StGB). Seine Körperverletzung gegen O ist gerechtfertigt.
Nein!
3. Ist die Rechtsfolge eines Irrtums über die tatsächlichen Umstände eines Rechtfertigungsgrundes in §§ 16, 17 StGB explizit geregelt?
Nein!
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Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community
z
27.7.2020, 23:02:02
Hat T sich denn nun strafbar gemacht? Könnte man hier sagen, dass T die Grenzen der Notwehr aus Verwirrung überschritten hat (§ 33 StGB) oder muss für eine Grenzüberschreitung erstmal Notwehr geboten sein und lediglich die Intensität usw. dürfte überschritten werden?

Eigentum verpflichtet 🏔️
28.7.2020, 10:09:08
Hallo, danke für deine Frage. § 33 StGB umfasst nach h.M. nur den sogenannten intensiven
Notwehrexzess, also bei gegenwärtiger Notwehrlage das überschreiten der
erforderlichen
Notwehrhandlung. Hier irrt der Täter über das bestehen einer Notwehrlage. Demnach liegt hier ein sogenannter
Erlaubnistatbestandsirrtumvor. Der Täter denkt, er sei in einer Notwehrlage in der seine
Notwehrhandlunggerechtfertigt wäre. Nach der herrschenden
Vorsatzunrechtsauschließenden eingeschränkten
Schuldtheorie entfällt analog § 16 I StGB die Strafbarkeit wegen des
vorsätzlichen Delikts (SEHR STRITTIG!). Der Täter könnte sich danach nur noch wegen fahrlässiger Körperverletzung,
§ 229 StGBstrafbar machen.
z
5.8.2020, 23:11:20
Danke

Alfonso_Nitti
28.5.2024, 20:11:59
§ 17 regelt im Bereich der Rechtfertigungsgründe nur den „
Erlaubnisirrtum“, bei dem der Täter zu seinen Gunsten einen Rechtfertigungsgrund annimmt, den die Rechtsordnung ihm so nicht gewährt. Heißt: Der Täter handelt
schuldlos, sofern er bei Begehung der Tat die Einsicht, Unrecht zu tun, nicht hat, weil er aus irgendeinem Grund den
Irrtumnicht vermeiden konnte?
luc1502
6.6.2024, 13:18:41
Hi Alfonso_Nitti, richtig! Aber man muss dann bei dem §
17 StGbdie hohen Hürden der
Vermeidbarkeitbeachten.
probatio diabolica
12.6.2024, 16:40:43
Ich finde es nicht gut, dass ihr den
ETBIunter den Reiter “Rechtfertigungsgründe“ anführt. Es liegt objektiv doch gerade kein Rechtfertigungsgrund vor; folgt man (nach h.M.) der rechtsfolgenverweisenden Variante der eingeschränkten
Schuldtheorie ist doch gerade
Rechtswidrigkeit(+) und der Prüfungspunkt
Erlaubnistatbestandsirrtummuss (!) in der
Schuldgeprüft werden. Natürlich irrt der Täter auf
Rechtswidrigkeitsebene, aber gerade deshalb sollte hier besonders aufgepasst werden (zumal ihr die anderen Themen in den jeweiligen „Prüfungspunkten“ verortet).