Persönlichkeitssphären: Privatssphäre

leichtmittelschwer

+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)

Jurafuchs

A lässt sich von seiner Ehefrau scheiden. Einige Zeit später veranlasst ein Richter in einem Strafprozess gegen A, dass die Akten des Ehescheidungsverfahrens an den zuständigen Untersuchungsführer übersandt werden. A ist nicht einverstanden.

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Einordnung des Falls

Persönlichkeitssphären: Privatssphäre

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 3 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. Die Freigabe der Akten des Ehescheidungsverfahrens beeinträchtigt A in seinem allgemeinen Persönlichkeitsrecht.

Ja!

Das in Art. 2 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 1 Abs. 1 GG verbürgte allgemeine Persönlichkeitsrecht gewährleistet die Befugnis des Einzelnen, grundsätzlich selbst zu entscheiden, wann und innerhalb welcher Grenzen persönliche Lebenssachverhalte offenbart werden. Bei der Ehe und spiegelbildlich auch bei der Auflösung der Ehe handelt es sich um einen persönlichen Lebenssachverhalt. E war nicht einverstanden, dass die Akten, welchen diesen Sachverhalt dokumentieren, anderen offenbart werden werden. A ist somit in seinem allgemeinen Persönlichkeitsrecht beeinträchtigt.
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2. Die Akten des Ehescheidungsverfahrens zählen zur Intimsphäre des A.

Nein, das ist nicht der Fall!

Die Zuordnung eines Sachverhalts zum unantastbaren Bereich der Intimsphäre hängt davon ab, ob er von höchstpersönlichem Inhalt ist und in welcher Intensität er die Sphären anderer und Belange der Allgemeinheit berührt. Bei der Ehe handelt es sich um einen persönlichen Lebenssachverhalt. Dabei sind aber naturgemäß nicht Scheidung nur die Belange des Einzelnen, sondern auch die des anderen Partners oder auch eventueller Kinder berührt. Von einem höchstpersönlichen, unantastbaren Bereich der Persönlichkeit lässt sich damit nicht sprechen. Die Akten zählen somit nicht zur Intimsphäre.

3. Die Akten des Ehescheidungsverfahrens zählen zur Privatsphäre des A.

Ja, in der Tat!

Im Gegensatz zur Intimsphäre weist die Privatsphäre bereits einen signifikanten Sozialbezug auf, die sie rechtlicher Regelung zugänglich macht. Als rechtliches Institut ist die Ehe rechtlichen Regeln zugänglich. Der persönliche Bereich der Ehe weist damit bereits einen signifikanten Sozialbezug auf und ist deshalb der Privatsphäre zuzurechnen. Eingriffe sind in der Privatsphäre nur unter strikter Beachtung des Verhältnismäßigkeitsprinzips zulässig. So ist bei der Offenlegung von Akten aus einem Ehescheidungsverfahren z.B. der Adressatenkreis auf das erforderliche Maß zu begrenzen.
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Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community

GI

GingerCharme

21.1.2022, 14:55:03

Bezugnehmend, zum vorherigen Fall und Kommentar, scheint die Hauptabgrenzung, ein Sozialbezug zu sein? Dieser lag bei dem Tagebuch und der Jugendliebe nicht vor, weshalb sich deswegen für die Intimssphäre im vorherigen Fall entschieden wurde? Diese Abgrenzung wäre verhältnismäßig trennscharf und gut handhabbar, falls dem so ist - gerne im vorherigen Fall ergänzen, denn zumindest mir, war dies nicht völlig klar 😅

Lukas_Mengestu

Lukas_Mengestu

26.1.2022, 14:38:54

Hallo GingerCharme, das Merkmal des Sozialbezuges ist in der Tat eines der wesentlichen 3 Kriterien (neben dem Geheimhaltungsinteresse des Betroffenen & der Höchstpersönlichkeit des Inhalts). Wir haben das in dem vorherigen noch präzisiert. Beste Grüße, Lukas - für das Jurafuchs-Team

ENU

ehemalige:r Nutzer:in

3.2.2024, 10:14:12

Soll man in der Klausur die betroffene

APR

-Fallgruppe nennen oder ist das eher zur eigenen Orientierung? Mir wird das aus den Beispielen nicht klar.

Nora Mommsen

Nora Mommsen

4.2.2024, 16:04:18

Hallo LKWeisser, danke für deine Frage. Es ist in jedem Fall erforderlich den Eingriff einer bestimmten Sphäre zuzuordnen. Dies begründet sich damit, dass die Rechtsprechung unterschiedliche Anforderungen entwickelt hat, mit denen sich Eingriffe rechtfertigen lassen. Die Intimsphäre ist strenger geschützt als die Privatsphäre, und diese wiederum besser als die Sozialsphäre. Beste Grüße, Nora - für das Jurafuchs-Team

0815jurafuchs

0815jurafuchs

2.3.2024, 21:02:03

Bei mir ist der Sachverhalt unvollständig dargestellt. Er endet mit "A ist nicht" haben andere dasselbe Problem?

Lukas_Mengestu

Lukas_Mengestu

4.3.2024, 14:35:51

Hallo 0815jurafuchs, das ist tatsächlich seltsam! Bitte prüfe einmal, ob der Anzeigefehler sich mit einer Aktualisierung/einem Neustart der App beheben lässt. Sollte das Problem weiter bestehen, so wäre es klasse, wenn Du unserem technischen Support (support@jurafuchs.de) noch einmal einen kurzen Hinweis geben könntest. Beste Grüße, Lukas - für das Jurafuchs-Team


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