Tödliches Wettrennen im Straßenverkehr – objektive Zurechnung


+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)

Jurafuchs
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Klassisches Klausurproblem

H und P fahren mit überhöhtem Tempo ein Rennen. P fährt auf der linken Spur und provoziert so, dass H ihn verbotswidrig rechts überholt. 1 km nach dem Überholvorgang verliert H in der Kurve die Kontrolle und überfährt den Wanderer W. P fuhr zu dieser Zeit mit erlaubtem Tempo hinter H.

Einordnung des Falls

Erfolgszurechnung bei tödlichem Wettrennen im Straßenverkehr (JuS 2013, 20) OLG Stuttgart, 19.04.11

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 2 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. P hat den Tod des W kausal verursacht.

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Genau, so ist das!

Rspr. und hL bestimmen die Kausalität überwiegend nach der Äquivalenztheorie (= conditio-sine-qua-non-Formel). Eine Handlung ist danach kausal, wenn sie nicht hinweggedacht werden kann, ohne dass der Erfolg in seiner konkreten Gestalt entfiele.Hätte P nicht durch sein provozierendes Fahrverhalten den H zu dessen riskanter Fahrweise motiviert, hätte H nicht zu dem Überholvorgang angesetzt und den W nicht tödlich erfasst (psychisch vermittelte Kausalität).

2. P ist der Tod des W objektiv zuzurechnen.

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Nein, das trifft nicht zu!

Objektiv zurechenbar ist ein Erfolg, wenn durch das Verhalten des Täters (1) eine rechtlich missbilligte Gefahr geschaffen worden ist, die (2) sich im tatbestandsmäßigen Erfolg realisiert.OLG Stuttgart: In Ws Tod habe sich allein die durch eigenverantwortliches Handeln des H gesetzte Gefahr realisiert. H sei 1 km nach Abschluss des Überholvorgangs aus einem autonomen Entschluss heraus mit überhöhtem Tempo in die Kurve gefahren. Zur Zeit des unmittelbar zum tödlichen Unfall führenden Geschehens sei P bereits zu verkehrsgerechter Fahrweise zurückgekehrt. Jeder habe sein Verhalten nur darauf einzurichten, dass er selbst Rechtsgüter nicht gefährdet (Verantwortungsprinzip), nicht aber darauf, dass andere dies nicht tun.

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