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+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)

Jurafuchs

T sieht, dass sein Sohn S, der nicht schwimmen kann, am Rand des Beckens steht und kurz davor ist, hineinzufallen. Da er den S für die Unachtsamkeit bestrafen möchte, will er ihn aus dem Wasser retten, anstatt ihn vor dem Hineinfallen zu bewahren. S fällt ins Wasser und wird vom Bademeister gerettet, der T beiseite stößt.

Einordnung des Falls

Bei versuchter Unterlassung 10

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 5 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. Der versuchte Totschlag durch Unterlassen ist strafbar (§§ 212 Abs. 1, 22, 23 Abs. 1, 13 Abs. 1 StGB).

Genau, so ist das!

Der Versuch durch Unterlassen ist dann strafbar, wenn es sich um ein Delikt handelt, bei dem der Versuch auch durch Handlung strafbar ist. Rechtsfolge des § 13 Abs. 1 StGB ist die Gleichstellung des Unterlassens mit einer Handlung im engeren Sinne. Dabei ist wie sonst auch der Versuch eines Verbrechens stets strafbar, der Versuch eines Vergehens nur dann, wenn das Gesetz es ausdrücklich bestimmt (§ 23 Abs. 1 StGB). Totschlag ist ein Verbrechen, da die angedrohte Mindestfreiheitsstrafe 5 Jahre beträgt (§§ 212 Abs. 1, 12 Abs. 1 StGB).

2. T hatte „Tatentschluss“ bezüglich der objektiven Merkmale des Totschlags (§ 212 Abs. 1 StGB).

Nein, das trifft nicht zu!

Es gelten die Maßstäbe, die auch sonst für den Versuch gelten, wobei der Täter die Merkmale der unechten Unterlassungstat ebenfalls in den Vorsatz aufgenommen haben muss. T will nicht, dass sein Sohn stirbt und hat daher keinen Vorsatz.

3. Das unmittelbare Ansetzen beim Unterlassungsdelikt gleicht dem unmittelbaren Ansetzen durch Tätigkeit.

Nein!

Das unmittelbare Ansetzen beim Unterlassungsdelikt weicht vom unmittelbaren Ansetzen beim Handlungsdelikt ab, da beim Handlungsdelikt am Vorgehen des Täters angeknüpft wird. Zwar lässt sich die gleiche Definition anwenden, allerdings sind die Kriterien beim Unterlassungsdelikt noch weniger greifbar, da regelmäßig nur an einen Zeitablauf angeknüpft wird und nicht an eine vom Täter vorgestellte Handlungskette.

4. Wenn T Tatentschluss gehabt hätte, hätte T nach herrschender Meinung unmittelbar zur Tatbestandsverwirklichung angesetzt.

Nein, das ist nicht der Fall!

Die herrschende Meinung geht daher von einem unmittelbaren Ansetzen (§ 22 StGB) aus, wenn die erste mögliche Rettungshandlung nicht vorgenommen wird und eine unmittelbare Gefahr für das geschützte Rechtsgut entsteht. T hat seinen Sohn zwar nicht vor dem Ins-Wasser-Fallen gerettet. Allerdings konnte T diesen jederzeit sicher vor dem Ertrinken bewahren und hat ihn daher nicht in die unmittelbare Gefahr des Todes gebracht. T ging davon aus, dass S zu jedem Zeitpunkt sicher war, zumindest in Bezug auf sein Leben.

5. Andere Theorien stellen auf absolute Zeitpunkte ab.

Ja, in der Tat!

Andere Theorien orientieren sich nicht an der Gefährdung, sondern an Zeitpunkten zwischen Vorsatz und Vollendung oder Fehlschlag. Dabei stellt eine Theorie auf die letzte Handlungsmöglichkeit ab und eine andere auf die erste Handlungsmöglichkeit. Zwar werden die Theorien beide abgelehnt, in der Praxis wird jedoch im Ergebnis häufig auf die erste Handlungsmöglichkeit abgestellt, da das Kriterium der unmittelbaren Gefährdung wertungsoffen ist. Daneben wird teilweise vertreten, dass die letzte sichere Handlungsmöglichkeit ausschlaggebend ist. Bei der Argumentation für oder gegen eine Theorie muss man sich auch an der Wertung für das unmittelbare Ansetzen durch Handlung orientieren, da das Gesetz gerade keine Sonderregelungen für das Unterlassen vorsieht.

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Jakob G.

Jakob G.

3.1.2021, 13:06:13

Fall 2, Frage 4: "Wenn T Tatentschluss gehabt hätte, hätte T hat nach herrschender Meinung unmittelbar zur

Tatbestandsverwirklichung

angesetzt." Ein "hat" zu viel. Schön, dass so viele neue Fälle dazukommem. Da korrigiere ich gern solche Kleinigkeiten. Was mir allgemein aufgefallen ist: Die Entsprechungsklausel wird in Antworten nur in einem Satz thematisiert. Ggf. habe ich den Fall dazu nicht gelöst / es vergessen, aber es wäre nützlich die Entsprechungsklausel zu erläutern. (habe die als Handlungsäquivalenz kennengelernt und war verwirrt).

Eigentum verpflichtet 🏔️

Eigentum verpflichtet 🏔️

3.1.2021, 22:53:43

Danke für den Hinweis und das Lob Jakob! Haben wir korrigiert!

Larzed

Larzed

12.6.2022, 00:24:36

Wahrscheinlich ist es schon zu spät um diese Uhrzeit aber das verstehe ich nicht. Wenn doch T Tatentschluss unterstellt würde, wie kann das unmittelbare Ansetzen mit der Begründung, dass er S jederzeit hätte retten können, bejaht werden? Auf die Art läge doch faktisch nie das unmittelbare Ansetzen vor. Der Tatentschluss eliminiert doch vielmehr die Rettungsabsicht. Dann aber müsste mit dem Hineinfallen des Nichtschwimmer S nach h.M. in jedem Fall ein unmittelbarer Ansetzen angenommen werden, da das Rechtsgut des S bereits konkret gefährdet war und die erste Rettungsmöglichkeit verstrichen wäre. Oder stehe ich da auf dem Schlauch?

Lukas_Mengestu

Lukas_Mengestu

14.6.2022, 20:35:25

Hallo Larzed, hier liegt in der Tat ein Grenzfall vor. Insgesamt lassen sich grob 3 Auffassungen unterscheiden: (1) Verstreichen der ersten Rettungsmöglichkeit, (2) Verstreichen der letzten Rettungsmöglichkeit und (3) h.M.: konkrete Gefährdung des Opfers. Während nach der ersten Ansicht ohne weiteres von einem unmittelbaren Ansetzen auszugehen ist und nach der zweiten Ansicht kein unmittelbares Ansetzen vorliegt, so ist nach der hM fraglich, ob bereits eine hinreichende konkrete Gefährdung vorliegt, sobald S ins Wasser fällt. Daran könnte es hier aufgrund des Umstandes fehlen, dass T einsatzbereit daneben stand. Vertretbar wäre es aber durchaus hier eine hinreichende konkrete Gefährdung und damit ein unmittelbares Ansetzen anzunehmen. Beste Grüße, Lukas - für das Jurafuchs-Team

Larzed

Larzed

14.6.2022, 22:41:16

Es ist also in dem Fall reine Subsumtionsfrage.

BECCA00

Becca00

24.1.2024, 11:38:41

Ich verstehe hier nicht ganz den Unterschied zu den Fällen in der Lektion davor zum unmittelbaren Ansetzen beim Unterlassungsdelikt. In diesen Fällen ging der Täter ebenfalls davon aus die Person leicht aus dem Fluss retten zu können, jedoch wurde unmittelbares Ansetzen bejaht. Hier wird auch davon ausgegangen, dass Kind retten zu können ber unmittelbares Ansetzen wird verneint. Wo genau ist der Unterschied dieser Fälle?

Nora Mommsen

Nora Mommsen

28.1.2024, 18:04:06

Hallo Becca0, danke für deine Frage. Hier hat der Vater nicht die erstmögliche Rettungsmöglichkeit verstreichen lassen, vielmehr kam es gar nicht dazu. Schon bevor er dazu ansetzen konnte, wurde er zur Seite gestoßen. Zudem scheitert es ja auch am Tatentschluss, denn er hatte zu keinem Zeitpunkt vor ihn ertrinken zu lassen. Beste Grüße, Nora - für das Jurafuchs-Team


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