Infizierung mit Corona

16. April 2025

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Klassisches Klausurproblem

T ist Sars-CoV-2 positiv und glaubt an das „Durchseuchen“ der Gesellschaft als Heilmittel. Er will möglichst viele Leute anstecken. T packt den 80-jährigen O und hustet ihn mehrmals an. O erkrankt. Er gehört zur Risikogruppe, bleibt jedoch symptomlos.

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Einordnung des Falls

Infizierung mit Corona

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 5 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. Indem T den O mit Sars-CoV-2 angesteckt hat, hat er ihn „körperlich misshandelt” (§ 223 Abs. 1 Var. 1 StGB).

Nein, das ist nicht der Fall!

EineKörperliche Misshandlung ist jede üble, unangemessene Behandlung, die das körperliche Wohlbefinden oder die körperliche Unversehrtheit nicht nur unerheblich beeinträchtigt.T hat O mit dem Virus angesteckt. O blieb jedoch vollkommen symptomlos. Seine körperliche Unversehrtehit ist damit nicht erheblich beeinträchtigt.Anders wäre es, wenn O Symptome wie Husten, Fieber, Kopfschmerzen o.ä. entwickelt hätte.
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2. Indem T den O mit Sars-CoV-2 angesteckt hat, hat er ihn „an der Gesundheit geschädigt" (§ 223 Abs. 1 Var. 2 StGB).

Ja, in der Tat!

Eine Gesundheitsschädigung ist jedes Hervorrufen oder Steigern eines vom Normalzustand körperlicher Funktionen nachteiligen (pathologischen) Zustands.O erkrankt. Zwar zeigt er keine Symptome. Auf ein Schmerzempfinden oder körperliches Unwohlsein kommt es für eine Gesundheitsschädigung jedoch nicht an. Die Infektion mit einem Virus führt bereits zu einem Zustand, der negativ vom körperlichen Normalzustand abweicht.

3. Hat T die Körperverletzung „durch Beibringung eines anderen gesundheitsschädlichen Stoffes” (§ 224 Abs. 1 Nr. 1 Var. 2 StGB) begangen?

Ja!

Andere Stoffe sind vor allem solche, die mechanisch oder thermisch (z.B. zerstoßenes Glas, heiße Flüssigkeiten, zerhacktes Metall) oder biologisch-physiologisch (z.B. Viren, Bakterien und Dopingsubstanzen) wirken. Gesundheitsschädlich ist der Stoff, wenn er unter den konkreten Bedingungen geeignet ist, die Gesundheit erheblich zu schädigen.Das Corona-Virus ist grundsätzlich geeignet einen tödlichen Krankheitsverlauf und/oder erhebliche Organschädigungen zu verursachen. Zudem kann eine Infektion eine Long-Covid-Erkrankung hervorrufen. Das Virus ist damit geeignet, die Gesundheit erheblich zu schädigen. T hat O auch so angehustet, das dessen Schleimhäute mit dem Corona-Virus in Kontakt kamen. Darin liegt ein Beibringen.

4. T könnte Körperverletzung nach der h.M. auch „mittels einer das Leben gefährdenden Behandlung” (§ 224 Abs. 1 Nr. 5 StGB) begangen haben.

Genau, so ist das!

Rspr. und h.L. verlangen (nur) eine Begehungsweise, die nach den Umständen des konkreten Falles, wie der Art, Dauer und Stärke der Einwirkung objektiv generell geeignet ist, das Opfer in Lebensgefahr zu bringen (abstrakte Lebensgefahr).Eine Coronaerkrankung verläuft nur manchmal tödlich. Die abstrakte Lebensgefährlichkeit einer Ansteckung ist deshalb zweifelhaft. Stellt man auf die individuelle Schädlichkeit der Einwirkung gegen den Körper des Opfers unter Berücksichtigung von Alter und Vorerkrankungen ab, stellt die Infizierung einer Person, die ein erhöhtes Risiko für tödliche Verläufe hat, aber eine das Leben gefährdende Behandlung dar.Nicht ausreichend wäre hingegen die Infizierung einer Person, die kein erhöhtes Sterberisiko aufweist.

5. Das Verhalten des T war allerdings sozialadäquat, sodass die objektive Zurechnung des Taterfolgs ausscheidet.

Nein, das ist nicht der Fall!

Geht es in dem Fall um eine Ansteckung mit einer Krankheit, solltest Du nach immer etwas zur objektiven Zurechenbarkeit sagen, sofern Du den tatbestandlichen Erfolg bejaht hast. Ein Taterfolg ist dem Täter dann nicht objektiv zurechenbar, wenn es sich bei der Handlung um eine sozialadäquate Verhaltensweise handelt. Dies ist der Fall, wenn das Verhalten trotz Gefährlichkeit aufgrund des sozialen Nutzens gemeinschaftsüblich ist und gebilligt wird.Bei landläufigen Erkrankungen, die bereits durch Sprechen oder Niesen übertragen werden, besteht ein hohes Ansteckungsrisiko. Es wird gesellschaftlich aber nicht erwartet, dass jeder Infizierte sich absolut isoliert, bis er sicher gesund ist. Im vorliegenden Fall kam es aber nicht zu einer „versehentlichen“ Ansteckung im Rahmen der sozialen Interaktion. T wollte O bewusst anstecken und hat ihn dafür absichtlich mehrfach angehustet. Dies stellt kein sozialadäquates Verhalten mehr dar.T handelte auch vorsätzlich, rechtswidrig und schuldhaft.
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