Var. 1: Quälen

22. November 2024

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+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)

Jurafuchs

T macht sich einen Spaß daraus, sein fünfjähriges Pflegekind O als Aschenbecher zu benutzen. Er drückt seine Zigaretten ständig und überall auf Os Körper aus. O behält davon Brandwunden und starke Schmerzen zurück.

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Einordnung des Falls

Var. 1: Quälen

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 4 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. Wer eine Person unter 18 Jahren oder eine wegen Gebrechlichkeit oder Krankheit wehrlose Person, die seiner Fürsorge oder Obhut untersteht, quält oder roh misshandelt, verwirklicht den objektiven Tatbestand der Misshandlung von Schutzbefohlenen (§ 225 Abs. 1 Nr. 1 StGB).

Genau, so ist das!

§ 225 StGB schützt die körperliche Unversehrtheit und psychische Integrität Minderjähriger sowie in besonderer Weise auf Fürsorge angewiesener Personen in bestimmten Fürsorge- und Abhängigkeitsverhältnissen, in denen sie schädigenden Einwirkungen durch die Personen, von denen sie abhängig sind, wehrlos ausgeliefert sind. Die Vorschrift enthält teilweise Qualifikationstatbestände der einfachen Körperverletzung (§ 223 Abs. 1 StGB). Da seelische Beeinträchtigungen von der einfachen Körperverletzung nicht umfasst sind, enthält § 225 StGB aber auch einen eigenständigen Tatbestand und ist insoweit ein echtes Sonderdelikt.
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2. Der fünfjährige O ist als "Person unter 18 Jahren" taugliches Tatobjekt des § 225 StGB.

Ja, in der Tat!

Die Misshandlung von Schutzbefohlenen (§ 225 Abs. 1 StGB) bezieht sich auf bestimmte Schutzverhältnisse, bei denen der Täter jeweils eine Garantenstellung gegenüber dem Opfer innehat. Geschützt sind Personen unter 18 Jahren und wegen Gebrechlichkeit oder Krankheit Wehrlose. O ist als Fünfjähriger taugliches Schutzobjekt.

3. Zwischen T und O besteht ein Schutzverhältnis (§ 225 Abs. 1 Nr. 1-4 StGB).

Ja!

Täter und Opfer müssen in einer rechtliche Beziehung zueinander stehen. Diese Verpflichtung ist ein besonderes persönliches Merkmal (§ 28 StGB). § 225 Abs. 1 StGB unterscheidet vier verschiedene Schutzverhältnisse: Fürsorge und Obhut (Nr. 1), Hausstand (Nr. 2), der Gewalt überlassen (Nr. 3) und Dienst- und Arbeitsverhältnis (Nr. 4). Eine Person untersteht der Fürsorge des Täters, wenn dieser rechtlich verpflichtet ist, für ihr geistiges oder leibliches Wohl zu sorgen. Garanten sind insbesondere Eltern, Pflegeeltern, Betreuer, Leiter und Angestellte von Erziehungsanstalten, Altersheimen und Krankenhäusern, Beamte des Straf- und Maßregelvollzugs. Bloße Gefälligkeitsverhältnisse reichen nicht aus. T ist Pflegeelternteil des O.

4. Durch das ständige Ausdrücken seiner Zigaretten auf O hat T diesen "gequält" (§ 225 Abs. 1 Var. 1 StGB).

Genau, so ist das!

Tathandlungen des § 225 Abs. 1 StGB sind Quälen, rohes Misshandeln und böswilliges Vernachlässigen der Sorgepflicht. Diese Modalitäten können auch durch Unterlassen verwirklicht werden. Quälen ist das Zufügen von Leid oder länger andauernden oder sich wiederholenden Schmerzen körperlicher oder seelischer Art. T fügt O über einen längeren Zeitraum körperlich starke Schmerzen hinzu, die auch einen pathologischen Zustand hervorrufen.
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