Dienstvertrag ist idR auch Lebensberatung iVm Einsatz übernatürlicher Fähigkeiten durch Kartenlegen


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Von seinem Traummann verlassen, steckt A in einer Lebenskrise. Er stößt auf K, die Lebensberatung durch Kartenlegen anbietet. In der Folge legt K dem A in vielen Telefonaten zu privaten und beruflichen Lebensfragen die Karten und gibt Rat. Dafür zahlt A im Jahr 2020 €35.000.

Einordnung des Falls

Dienstvertrag ist idR auch Lebensberatung iVm Einsatz übernatürlicher Fähigkeiten durch Kartenlegen

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 1 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. K hat sich gegen Entgelt gegenüber A verpflichtet, ihn gestützt auf Erkenntnisse, die sie beim Kartenlegen gewinnt, bei Lebensfragen zu beraten. Dies ist als Dienstvertrag (§ 611 BGB) zu klassifizieren.

Ja, in der Tat!

Der Dienstvertrag ist ein gegenseitiger Vertrag, in dem sich der Dienstverpflichtete zur Vornahme der versprochenen Dienste und der Dienstberechtigte zur Zahlung der vereinbarten Vergütung verpflichtet (§ 611 Abs. 1 BGB). Bei den Diensten kann es sich um Tätigkeiten aller Art handeln (§ 611 Abs. 2 BGB), die einmalig oder auf Dauer angelegt sind. Im Gegensatz zum Werkvertrag wird beim Dienstvertrag nur die ordnungsgemäße Erbringung der Dienstleistung und kein bestimmter Erfolg geschuldet.Da sich K gegenüber A nur zu einer Lebensberatung durch Kartenlegen, also einer Tätigkeit und nicht zu einem spezifischen Erfolg verpflichtet hat, liegt ein Dienstvertrag (§ 611 BGB) vor.

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S.

s.t.

5.9.2021, 20:30:19

Könnte man hier nicht mal an Sottenwidrigkeit denken ?

Lukas_Mengestu

Lukas_Mengestu

27.10.2021, 11:59:36

Sehr guter Hinweis. Daran könnte man in der Tat denken. Das Berufungsgericht hatte die Frage offengelassen, da es ohnehin einen Vergütungsanspruch wegen Unmöglichkeit der Leistungspflicht verneint hatte (§ 326 Abs. 1 BGB). Der BGH hat insoweit zwar zurückverwiesen und geurteilt, die Unmöglichkeit lasse nicht automatisch auch die Vergütungspflicht entfallen. Zudem hat er angedeutet, dass er bezüglich der Sittenwidrigkeit in solchen Fällen eher wohlwollend agiert. Hierzu heißt es in dem Urteil wörtlich: "In diesem zusammenhang darf nicht verkannt werden, dass sich viele der Dienstberechtigten, die einen Vertrag mit dem vorliegenden oder einem ähnlichen Inhalt abschließen, in einer schwierigen Lebenssituation befinden odes es sich bei ihnen um leichtgläubige, unerfahrene oder psychisch labile Personen handelt. Daher dürfen in solgen Fällen keine allzu hohen Anforderungen an einen Verstoß gegen die guten Stitten iSd § 138 Abs. 1 gestellt werden. Beste Grüße, Lukas - für das Jurafuchs-Team

frausummer

frausummer

22.12.2021, 14:17:45

Wieso ist die Leistung denn unmöglich? Man mag vom Kartenlegen halten was man mag, aber letztlich schuldet die K das Kartenlegen und die Erkenntnisse, die sie daraus ableitet. Ob das unwissenschaftlicher Hokuspokus ist, ist doch egal, oder? Ansonsten könnte man doch mit derselben Begründung Unmöglichkeit beim Kauf von Globulikügelchen annehmen.

Lukas_Mengestu

Lukas_Mengestu

22.12.2021, 18:38:49

Hallo Frausummer, das lässt sich absolut hören. Nichtsdestotrotz haben der BGH und das OLG Düsseldorf (NJW 2009, 789) das Versprechen einer "Leistung durch Gebrauch übernatürlicher, magischer Kräfte und Fähigkeiten" als objektiv unmöglich eingeordnet. Sofern § 326 Abs. 1 S. 1 BGB im gegenseitigen Einvernehmen aber abbedungen wird, ist dies unerheblich im Hinblick auf die Gegenleistungspflicht. Auch im Globulibeispiel muss der Käufer also zahlen, unabhängig davon, ob man die Leistungserbringung (Förderung der Heilung/Gesundung) als möglich oder unmöglich einordnet. Beste Grüße Lukas - für das Jurafuchs-Team


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