Zivilrecht
Schuldrecht Allgemeiner Teil
Unmöglichkeit (§ 275 BGB) (Leistungsstörungsrecht)
Persönliche Unzumutbarkeit: Lebensgefahr (§ 275 Abs. 3 BGB)
Persönliche Unzumutbarkeit: Lebensgefahr (§ 275 Abs. 3 BGB)
+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)
Schauspieler S arbeitet an der Berliner Schaubühne (B). Am Tag des Auftritts erleidet seine Tochter T einen lebensgefährlichen Autounfall. Als guter Vater will er sich um seine Tochter kümmern. Als Zweitbesetzung steht der untalentierte U zur Verfügung.
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Einordnung des Falls
Persönliche Unzumutbarkeit: Lebensgefahr (§ 275 Abs. 3 BGB)
Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 7 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt
1. S ist grundsätzlich verpflichtet, in der Schaubühne aufzutreten (§ 611a Abs. 1 BGB).
Genau, so ist das!
Jurastudium und Referendariat.
2. Aufgrund des Unfalls seiner Tochter ist es S unmöglich, aufzutreten (§ 275 Abs. 1 BGB).
Nein, das trifft nicht zu!
3. S könnte den Auftritt verweigern, sofern ihm dieser persönlich unzumutbar ist (§ 275 Abs. 3 BGB).
Ja!
4. S muss seine Leistung „persönlich erbringen“.
Genau, so ist das!
5. Der Unfall seiner Tochter stellt ein Leistungshindernis dar (§ 275 Abs. 3 BGB).
Ja, in der Tat!
6. Aufgrund der Lebensgefahr, in der T schwebt, ist S der Auftritt unzumutbar.
Ja!
7. S kann den Auftritt verweigern (§ 275 Abs. 3 BGB).
Genau, so ist das!
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Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community
Raphael‘
26.6.2022, 10:05:32
Könnte man, wenn T nicht lebensgefährlich verletzt wäre, dennoch eine persönliche Unzumutbarkeit gem. § 275 III BGB annehmen, da ein Autounfall der Tochter ja in den meisten Fällen eine psychische Belastung für den Vater darstellt, oder müsste diese psychische Belastung im Sachverhalt ausdrücklich angesprochen werden?
Lukas_Mengestu
29.6.2022, 23:16:01
Hallo raphaKP, letztlich ist immer eine Abwägung im konkreten Einzelfall notwendig, sodass auch unterhalb der Schwelle der Lebensgefährlichkeit eine persönliche Unzumutbarkeit in Betracht kommt. Je höher die Schäden der B und je geringer die Verletzungen der Tochter, desto eher wäre es S dann zumutbar trotz des Unfalls aufzutreten. Beste Grüße, Lukas - für das Jurafuchs-Team
Lukas_Mengestu
29.6.2022, 23:18:03
P.S.: Da § 275 BGB eng auszulegen ist, bräuchte es also bei einem normalen Unfall noch einige weitere Sachverhaltsangaben zu der dadurch bedingten Belastung des S :-)
Raphael‘
7.7.2022, 17:09:21
Vielen Dank! :)
Wolli
1.2.2024, 13:43:52
§§275 II, III sind ja Einreden mit rechtsvernichtender Wirkung. Prüfe ich dieser unter "Anspruch erloschen" oder "Anspruch durchsetzbar"?
cann1311
1.2.2024, 14:28:03
Erloschen
Leo Lee
3.2.2024, 14:02:22
Hallo Wolli, vielen Dank für diese sehr gute Frage! Erstmal eine gute Nachricht vorab: Aufbaufragen musst du nie erklären, weshalb du bei „streitigen“ Prüfungsstandorten einfach prüfen darfst, wo du willst, ohne zu erklären (diese Streitstände sind rein akademischer Natur). Bei § 275 Abs. 2 und. 3 muss der Schuldner die Leistung „verweigern“, d.h. er muss sich AKTIV auf dieses Verweigerungsrecht berufen. Deshalb stellen die beiden Absätze eine EINREDE dar, weshalb sie unter „Anspruch durchsetzbar“ zu prüfen sind. Es gibt aber auch Ansätze, die § 275 II und III bei „erloschen“ prüfen – wie cann1311 dies erkenne lässt. Dogmatisch „konsequenter“ scheint allerdings eine Prüfung – nach wie vor – bei „Anspruch durchsetzbar“. Hierzu kann ich i.Ü. die Lektüre von MüKo-BGB 9. Auflage, Ernst § 275 Rn. 110 ff. und und 134 sehr empfehlen :). Liebe Grüße – für das Jurafuchsteam – Leo