Einwendungen des Versprechenden – Geschäftszweck


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+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)

Jurafuchs

K hat bei Reiseveranstalterin R eine Pauschalreise in die Karibik gebucht. Zur Beförderung der Reisenden chartert R bei dem Flugunternehmen F die entsprechende Anzahl Sitzplätze. Als K die Rückreise antreten will, verweigert F die Beförderung, weil R noch nicht gezahlt hat.

Einordnung des Falls

Einwendungen des Versprechenden – Geschäftszweck

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 4 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. K hat einen Anspruch auf Beförderung durch F aus dem Chartervertrag i.V.m. § 328 Abs. 1 BGB.

Ja, in der Tat!

Dritte können aus einem Vertrag eigene Leistungsansprüche erlangen, wenn ein echter Vertrag zugunsten Dritter vorliegt. Bei einem Chartervertrag ist der Vertragszweck darauf gerichtet, Personen zu befördern, die durch Ausstellung eines auf ihren Namen lautenden Tickets von dem Charterer oder dem Dritten benannt werden. Aus diesem Zweck ergibt sich nach Auffassung des BGH auch, dass den beförderten Gästen ein eigener Leistungsanspruch gewährt werden soll.R und F haben einen Chartervertrag abgeschlossen. Da K entsprechend des Vertragszwecks ein eigenes Forderungsrecht zusteht, kann sie von F Beförderung verlangen.

2. Gegenüber R steht F ein Zurückbehaltungsrecht nach § 320 Abs. 1 BGB zu.

Ja!

Bei einem gegenseitigen Vertrag kann eine Partei die ihr obliegende Leistung so lange verweigern, bis die Gegenleistungbewirkt ist (§ 320 Abs. 1 BGB).Die Pflicht zur Zahlung des Charterlohns einerseits und der Beförderungsleistung andererseits sind synallagmatisch, somit liegt ein gegenseitiger Vertrag vor. Der Kaufpreisanspruch ist mangels anderweitiger Abrede auch sofort fällig (§ 271 Abs. 1 BGB), noch nicht erbracht und das Zurückbehaltungsrecht ist auch nicht ausgeschlossen. F steht gegenüber R somit das Zurückbehaltungsrecht nach § 320 Abs. 1 BGB zu.

3. Der Versprechende kann sich auch gegenüber dem Dritten auf Einwendungen berufen, sofern die Regelung des § 334 BGB von den Parteien nicht ausgeschlossen ist.

Genau, so ist das!

Der Versprechende kann dem Dritten grundsätzlich alle Einwendungen aus dem im Deckungsverhältnis geschlossenen Vertrag entgegenhalten (§ 334 BGB). Dazu zählen nicht nur rechtshindernde (z.B. Nichtigkeit des Vertrages) und rechtsvernichtende Einwendungen (z.B. Unmöglichkeit), sondern auch durchsetzungshemmende Einreden (z.B. Zurückbehaltungsrechte). Die Regelung ist allerdings dispositiv und kann von den Vertragsparteien im Deckungsverhältnis ausgeschlossen werden.Der Ausschluss kann auch konkludent erfolgen bzw. sich aus dem Vertragszweck ableiten.

4. Da R und F die Regelung des § 334 BGB nicht explizit ausgeschlossen haben, kann sich F gegenüber K hierauf berufen und muss K nicht befördern.

Nein, das trifft nicht zu!

BGH: Bei Charterverträgen mit Reiseveranstaltern ergebe sich unabhängig einer Vereinbarung bereits aus der Natur des Schuldverhältnisses, dass der Vercharterer Einwendungen gegen den Veranstalter nicht gegenüber den Reisenden geltend machen könne. Der Vercharterer wisse, dass die Reisenden bereits im Voraus bezahlen und von einem einredefreien Beförderungsanspruch ausgingen. Es falle insofern in seinen Risikobereich dafür zu sorgen, dass die geleisteten Zahlungen an ihn rechtzeitig weitergeleitet werden.Als Vercharterer kann F die Einrede des nicht erfüllten Vertrages K nicht entgegenhalten.

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QUIG

QuiGonTim

12.3.2024, 21:26:59

Habe ich es richtig verstanden, dass der Begriff der Einwendung aus § 334 BGB auch den Begriff der Einrede umfasst? Ist es allgemein so, dass die Einrede nur eine besondere Form der Einwendung ist?

LR

LR

25.3.2024, 20:21:50

Das wird leider im Gesetz nicht einheitlich benutzt. Einwendungen im materiellen Sinne sind eigentlich nur rechtshindernd oder rechtsvernichtend. Einreden dagegen rechtshemmend/durchsetzungshemmend. Man muss aber bei jeder Norm auslegen, was der Gesetzgeber damit meinte, da er die Begriffe leider nicht immer so benutzt.

QUIG

QuiGonTim

12.3.2024, 21:31:48

Ich finde es etwas seltsam, dass die Einrede mit dem Verweis auf die Natur des Schuldverhältnisses, ohne einen Bezug zum Gesetz verworfen wird. Gibt es für den Ausschluss des § 334 irgendeinen Anknüpfungspunkt im Gesetz? Eine Auslegung der zum Chartervertrag führenden Willenserklärungen nach §§ 133, 157 BGB? Eine Billigkeitsentscheidung nach § 242? Anknüpfungspunkte aus dem besonderen Schuldrecht?

PK

P K

15.3.2024, 22:05:03

Eine Billigkeitsentscheidung versteckt im Gewand der Vertragsauslegung. Ganz abstrakt könnte man sagen, dass Reisende schutzbedürftig sind und die Rechtsordnung zu diesem Zweck besondere Regeln vorsieht. So muss bspw. ein Reiseveranstalter eine Insolvenzversicherung unterhalten. Damit fundiert man zumindest etwas, wie man zu der Billigkeitsentscheidung gelangt.


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