Bei versuchter Anstiftung 2

6. Juli 2025

12 Kommentare

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leichtmittelschwer

+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)

Jurafuchs

T überredet D, den O zu töten. Als D gerade auf dem Weg zu O ist, verstirbt O durch einen Herzinfarkt.

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Einordnung des Falls

Bei versuchter Anstiftung 2

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 7 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. Der Versuch eines Totschlages (§ 212 Abs. 1 StGB) ist strafbar.

Genau, so ist das!

Der Versuch eines Verbrechens ist stets strafbar, der Versuch eines Vergehens nur dann, wenn das Gesetz es ausdrücklich bestimmt (§ 23 Abs. 1 StGB). Totschlag ist ein Verbrechen und daher bereits im Versuch strafbar (§§ 212 Abs. 1, 12 Abs. 1 StGB).
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2. D hat „Tatentschluss“ bezüglich eines Totschlages.

Ja, in der Tat!

Tatentschluss ist der subjektive Tatbestand des Versuchs. Er umfasst den auf alle objektiven Tatbestandsmerkmale gerichteten Vorsatz sowie sonstige subjektive Tatbestandsmerkmale. Der Täter hat Tatentschluss, wenn er endgültig entschlossen ist, den Deliktstatbestand zu verwirklichen. Dabei wird zur bloßen Tatgeneigtheit abgegrenzt. D ist entschlossen, den O zu töten.

3. D hat zur Tötung des O „unmittelbar angesetzt“.

Nein!

Das objektive Tatbestandselement des Versuchs liegt im unmittelbaren Ansetzen zur Tatbestandsverwirklichung (§ 22 StGB). Das unmittelbare Ansetzen liegt vor, wenn der Täter subjektiv die Schwelle zum „Jetzt-geht’s-los“ überschreitet und objektiv Handlungen vornimmt, die nach seiner Vorstellung von der Tat bei ungestörtem Fortgang ohne wesentliche Zwischenschritte zur Tatbestandsverwirklichung führen oder mit ihr in unmittelbarem räumlichen und zeitlichen Zusammenhang stehen.. D hat sich lediglich auf dem Weg befunden, was eine reine Vorbereitungshandlung darstellt. Aus der Sicht des D sind weitere, wesentliche Zwischenschritte erforderlich, etwas, das eine Gefährdung für das Leben von O darstellt.

4. T hat eine vollendete Anstiftung begangen.

Nein, das ist nicht der Fall!

Eine vollendete Anstiftung erfordert eine vorsätzliche rechtswidrige Haupttat. Eine versuchte Anstiftung (§ 30 Abs. 1 S. 1 StGB) liegt hingegen dann vor, wenn der Anzustiftende keinen Tatentschluss fasst, den Tatentschluss nicht ausführt oder bereits vorher zur Tat entschlossen war. In all diesen Fällen ist die Anstiftungshandlung begangen, es fehlt jedoch an einer vorsätzlichen rechtswidrigen Haupttat. D hat nicht unmittelbar zur Tötung angesetzt, sodass es an einer vorsätzlichen rechtswidrigen Haupttat fehlt.

5. Die versuchte Anstiftung zum Totschlag ist strafbar.

Ja, in der Tat!

Die versuchte Anstiftung ist nur strafbar, wenn versucht wird, zu einem Verbrechen anzustiften (§ 30 Abs. 1 S. 1 Var. 1 StGB). Totschlag ist ein Verbrechen und daher ist die Anstiftung bereits im Versuch strafbar (§§ 212 Abs. 1, 12 Abs. 1 StGB).

6. T hatte „Tatentschluss“, eine Anstiftung zum Totschlag zu begehen.

Ja!

Es gelten die Maßstäbe, die auch sonst für den Versuch gelten. T war entschlossen den D zur Tötung anzustiften. Er hatte Vorsatz in Bezug darauf, dass D den Totschlag begeht, und auch darauf, dass er selbst den entscheidenden Impuls setzt, ihn also anstiftet. Der doppelte Anstiftervorsatz lag daher vor. Hier sind auch die Theorien zu diskutieren, was ein „Bestimmen“ (§ 26 StGB) darstellt.

7. T hat zur Anstiftung „unmittelbar angesetzt“.

Genau, so ist das!

Bei der versuchten Anstiftung gelten die allgemeinen Maßstäbe des Versuchsbeginns entsprechend. Im Detail wird selbstverständlich über Einzelfragen gestritten. Es kommt insbesondere nicht auf den Versuch der Haupttat an, denn dann liegt eine vollendete Anstiftung vor. Die Frage ist lediglich, ob der Anstifter zur Anstiftung selbst unmittelbar angesetzt hat. T hat aus seiner Sicht alles zur Anstiftung Erforderliche getan, da die Einwirkung beendet ist. Es liegt ein beendeter Anstiftungsversuch vor.
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Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community

FalkTG

FalkTG

4.5.2024, 13:45:54

Wäre das nicht eher eine (vollendete) Anstiftung zur versuchten Tat? Siehe letzte Folie.

Maximilian Puschmann

Maximilian Puschmann

7.5.2024, 12:29:35

Hallo FalkTG, nein, denn eine (vollendete) Anstiftung setzt immer eine vorsätzliche

rechtswidrig

e Haupttat voraus. Eine solche liegt hier nicht vor, da O vor dem unmittelbaren Ansetzen des D stirbt. Beste Grüße, Max – für das Jurafuchs-Team

Erik_1995

Erik_1995

7.5.2025, 10:38:14

@[Maximilian Puschmann](248599) @[FalkTG](241044) aber sollte man nicht Anstiftung und die Strafbarkeit wegen

Anstiftung zum Versuch

trennen? Hier wurde doch der

Tatentschluss

bei D hervorgerufen. Es ist völlig eindeutig, dass der Anstiftungserfolg (= Hervorrufen des

Tatentschluss

es) eingetrete ist. Das unter § 30 I zu subsumieren ist doch unvertretbar, da dort der Anstiftungserfolg gerade nicht eintritt ( *

Versuchte Anstiftung

*) Dann kommt man aber zu dem sehr spannenden Ergebnis, dass wenn D abgelehnt hätte, A gem. § 30 I strafbar wäre, aber wenn D zugestimmt hätte wäre A straflos, da D erst beim unmittelbaren Ansetzen zur Haupttat strafbar ist ( §§ 23, 212).

Erik_1995

Erik_1995

7.5.2025, 10:41:46

aber sollte man nicht Anstiftung und die Strafbarkeit wegen

Anstiftung zum Versuch

trennen? Hier wurde doch der

Tatentschluss

bei D hervorgerufen. Es ist völlig eindeutig, dass der Anstiftungserfolg (= Hervorrufen des

Tatentschluss

es) eingetreten ist. Das unter § 30 I zu subsumieren ist doch mit dem Wortlaut unvereinbar oder nicht, da dort der Anstiftungserfolg gerade nicht eintritt ( *

Versuchte Anstiftung

*) Dann kommt man aber zu dem sehr spannenden Ergebnis, dass wenn D abgelehnt hätte, A gem. § 30 I strafbar wäre, aber wenn D zugestimmt hätte wäre A straflos, da D erst beim unmittelbaren Ansetzen zur Haupttat strafbar ist ( §§ 23, 212). Nachtrag: Ich muss mich korrigieren. Die Anstiftung setzt sich aus dem Hervorrufen des

Tatentschluss

es und dem Grunddelikt zusammen. Nur wenn auch das Grunddelikt zumindest ins Versuchsstadium gelangt ist, ist die

Anstiftung zum Versuch

vollendet. Ruft man jedoch den

Tatentschluss

hervor, ist die Anstiftung als solche noch nicht vollendet (!) nur die Handlung. Ruft man den

Tatentschluss

also erfolgreich hervor, aber der Täter setzt nicht unmittelbar an, ist § 30 I einschlägig. § 30 I erfasst also alle Fälle, in denen der Täter zumindest versucht hat, den

Tatentschluss

hervorzurufen und das Grunddelikt nicht ins Versuchsstadium gelangt ist. Zum merken: "Anstiftung" = Anstiftungshandlung + Anstiftungserfolg (mind.

unmittelbares Ansetzen

im Grunddelikt). Fehlt letzteres kommt immer nur § 30 I in Betracht.


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