Bei versuchter Anstiftung 4

22. November 2024

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+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)

Jurafuchs

T möchte D überreden, den O zu töten. Als T gerade das erste Wort gesprochen hat, fällt D in Ohnmacht.

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Einordnung des Falls

Bei versuchter Anstiftung 4

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 5 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. T hat eine vollendete Anstiftung (§ 26 StGB) begangen.

Nein, das trifft nicht zu!

Eine vollendete Anstiftung erfordert eine vorsätzliche rechtswidrige Haupttat. Eine versuchte Anstiftung (§ 30 Abs. 1 S. 1 StGB) liegt hingegen dann vor, wenn der Anzustiftende keinen Tatentschluss fasst, den Tatentschluss nicht ausführt oder bereits vorher zur Tat entschlossen war. In all diesen Fällen ist die Anstiftungshandlung begangen, es fehlt jedoch an einer vorsätzlichen rechtswidrigen Haupttat. Es fehlt an einer vorsätzlichen rechtswidrigen Haupttat des D.
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2. Die versuchte Anstiftung zum Totschlag ist strafbar.

Ja!

Die versuchte Anstiftung ist nur strafbar, wenn versucht wird, zu einem Verbrechen anzustiften. Totschlag ist ein Verbrechen und daher ist die Anstiftung bereits im Versuch strafbar (§§ 212 Abs. 1, 12 Abs. 1 StGB).

3. T hatte „Tatentschluss“, eine Anstiftung zum Totschlag zu begehen.

Genau, so ist das!

Es gelten die Maßstäbe, die auch sonst für den Versuch gelten. T war entschlossen den D zur Tötung anzustiften. Er hatte Vorsatz in Bezug darauf, dass D den Totschlag begeht, und auch darauf, dass er selbst den entscheidenden Impuls setzt, ihn also anstiftet. Der doppelte Anstiftervorsatz lag daher vor.

4. Nach der Rechtsprechung hat T zur Anstiftung „unmittelbar angesetzt“.

Ja, in der Tat!

Das unmittelbare Ansetzen (§ 22 StGB) liegt vor, wenn der Täter subjektiv die Schwelle des „Jetzt-geht-es-los“ überschreitet und objektiv – unter Zugrundelegung seiner Vorstellung – Handlungen vornimmt, die bei ungestörtem Fortgang ohne wesentliche Zwischenschritte zur Tatbestandsverwirklichung führen oder mit ihr in unmittelbarem räumlichen und zeitlichen Zusammenhang stehen. Auch bei der versuchten Anstiftung gelten die allgemeinen Maßstäbe des Versuchsbeginns entsprechend. Im Detail wird selbstverständlich über Einzelfragen gestritten. Es stellt sich die Frage, ob ein unmittelbares Ansetzen gegeben sein kann, wenn der Anstifter die Anstiftungshandlung noch nicht vorgenommen hat. Nach der Rechtsprechung ist es ausreichend, wenn der Anstiftungswillige zu dem Bestimmen selbst unmittelbar ansetzt. Dies soll zumindest dann der Fall sein, wenn dieser das erste Wort des Satzes gesprochen hat, mit dem er die andere Person zur Tat bestimmen möchte. Genau dies hat T hier getan.

5. Ein Teil der Literatur verlangt eine Möglichkeit der Kenntniserlangung beim Anzustiftenden.

Ja!

Ein Teil der Literatur nimmt ein unmittelbares Ansetzen bei der Anstiftung erst zu dem Zeitpunkt an, zu dem der Anzustiftende die Möglichkeit hat, von der Bestimmung zum Verbrechen Kenntnis zu nehmen. Daher erst zu dem Zeitpunkt, zu dem der Satz so weit ausgesprochen ist, dass der Inhalt zur Bestimmung des Verbrechens daraus hervorgeht. Dagegen spricht jedoch, dass die Rücktrittsmöglichkeit (§ 31 Abs. 1 Nr. 1 StGB) ein Aufgeben des Versuchs beinhaltet. Daher kann nicht nur der beendete Versuch erfasst sein. Allerdings sind durchaus Konstellationen denkbar in denen über die Bestimmungsäußerung weitere Überzeugungshandlungen angedacht sind, sodass der Versuch mit der Äußerung noch nicht beendet ist. T hat nur das erste Wort gesprochen, sodass D von der Bestimmung zum Verbrechen keine Kenntnis nehmen konnte.
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Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community

Juramaus

Juramaus

22.2.2023, 12:59:35

In der Entscheidung des BGH vom 8. 5. 2019 (1 StR 76/19) wurde entschieden, dass für ein

unmittelbares Ansetzen

die Bestimmungshandlung auf eine ausreichend bestimmte Tat konkretisiert und, nach der Vorstellung des Anstifters, der Angestiftete den Einflussbereich des Anstifters verlassen hat und die Tat nun jederzeit begehen könnte. Nach den hier vertretenen Ansichten, wäre der A wegen vers. Anstiftung zu bestrafen gewesen. Der BGH entschied sich dagegen. Was muss ich mir jetzt am besten merken? 😅

lennart20

lennart20

17.6.2023, 09:11:41

Guter Punkt

BEN

benjaminmeister

4.12.2023, 17:44:00

Gibts hierzu ein Update? Auch Rengier sieht in AT § 47 Rn. 21, 22, 23 den BGH auf der mittleren Linie entgegen der Aufgabenlösung.

DAV

david1234

26.3.2024, 12:47:36

Genau das habe ich mich auch gefragt - alleine aufgrund der Defintion - ohne wesentliche Zwischenschritte, hier versucht er zu überreden und beim ersten Wort fällt er in Ohnmacht, für mich liegen dort noch wesentliche Zwischenschritte vor.

Mi. S.

Mi. S.

18.9.2024, 14:05:33

Das würde mich auch sehr interessieren!

Sassun

Sassun

4.11.2024, 11:42:29

Der StrafR Rspr-Kommentar sieht es mit Verweisen auf BGH Entscheidungen so wie @[Juramaus](2

932

0). Es ist zwar nicht erforderlich, dass die Äußerung dem anderen zugeht, allerdings muss der Täter die Aufforderung derart auf den Weg bringen, dass sie nach seinem Tatplan geeignet ist, den Anzustiftenden [...] zum Tatentschluss zu veranlassen. Der Angestiftete muss nach Vorstellung des Täters die Tat begehen können, wenn er dies wollte. Nach diesen Maßstäben würde ich ebenfalls ein

unmittelbares Ansetzen

hier verneinen und mir diese (für mich auch naheliegendere Ansicht) merken. Vgl. Fischer § 30 Rn. 13; BGH 50, 142 (145); BGH NStZ 2019, 595.

Bubbles

Bubbles

5.2.2024, 22:55:21

Ein Fall aus dem Elfenbeinturm😁


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