+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)
T möchte D überreden, den O zu töten. Als T gerade das erste Wort gesprochen hat, fällt D in Ohnmacht.
Einordnung des Falls
Bei versuchter Anstiftung 4
Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 5 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt
1. T hat eine vollendete Anstiftung (§ 26 StGB) begangen.
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Nein, das trifft nicht zu!
Eine vollendete Anstiftung erfordert eine vorsätzliche rechtswidrige Haupttat. Eine versuchte Anstiftung (§ 30 Abs. 1 S. 1 StGB) liegt hingegen dann vor, wenn der Anzustiftende keinen Tatentschluss fasst, den Tatentschluss nicht ausführt oder bereits vorher zur Tat entschlossen war. In all diesen Fällen ist die Anstiftungshandlung begangen, es fehlt jedoch an einer vorsätzlichen rechtswidrigen Haupttat.
Es fehlt an einer vorsätzlichen rechtswidrigen Haupttat des D.
2. Die versuchte Anstiftung zum Totschlag ist strafbar.
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Ja!
Die versuchte Anstiftung ist nur strafbar, wenn versucht wird, zu einem Verbrechen anzustiften.
Totschlag ist ein Verbrechen und daher ist die Anstiftung bereits im Versuch strafbar (§§ 212 Abs. 1, 12 Abs. 1 StGB).
3. T hatte „Tatentschluss“, eine Anstiftung zum Totschlag zu begehen.
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Genau, so ist das!
Es gelten die Maßstäbe, die auch sonst für den Versuch gelten.
T war entschlossen den D zur Tötung anzustiften. Er hatte Vorsatz in Bezug darauf, dass D den Totschlag begeht, und auch darauf, dass er selbst den entscheidenden Impuls setzt, ihn also anstiftet. Der doppelte Anstiftervorsatz lag daher vor.
4. Nach der Rechtsprechung hat T zur Anstiftung „unmittelbar angesetzt“.
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Ja, in der Tat!
Das unmittelbare Ansetzen (§ 22 StGB) liegt vor, wenn der Täter subjektiv die Schwelle des „Jetzt-geht-es-los“ überschreitet und objektiv – unter Zugrundelegung seiner Vorstellung – Handlungen vornimmt, die bei ungestörtem Fortgang ohne wesentliche Zwischenschritte zur Tatbestandsverwirklichung führen oder mit ihr in unmittelbarem räumlichen und zeitlichen Zusammenhang stehen. Auch bei der versuchten Anstiftung gelten die allgemeinen Maßstäbe des Versuchsbeginns entsprechend. Im Detail wird selbstverständlich über Einzelfragen gestritten. Es stellt sich die Frage, ob ein unmittelbares Ansetzen gegeben sein kann, wenn der Anstifter die Anstiftungshandlung noch nicht vorgenommen hat. Nach der Rechtsprechung ist es ausreichend, wenn der Anstiftungswillige zu dem Bestimmen selbst unmittelbar ansetzt. Dies soll zumindest dann der Fall sein, wenn dieser das erste Wort des Satzes gesprochen hat, mit dem er die andere Person zur Tat bestimmen möchte.
Genau dies hat T hier getan.
5. Ein Teil der Literatur verlangt eine Möglichkeit der Kenntniserlangung beim Anzustiftenden.
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Ja!
Ein Teil der Literatur nimmt ein unmittelbares Ansetzen bei der Anstiftung erst zu dem Zeitpunkt an, zu dem der Anzustiftende die Möglichkeit hat, von der Bestimmung zum Verbrechen Kenntnis zu nehmen. Daher erst zu dem Zeitpunkt, zu dem der Satz so weit ausgesprochen ist, dass der Inhalt zur Bestimmung des Verbrechens daraus hervorgeht. Dagegen spricht jedoch, dass die Rücktrittsmöglichkeit (§ 31 Abs. 1 Nr. 1 StGB) ein Aufgeben des Versuchs beinhaltet. Daher kann nicht nur der beendete Versuch erfasst sein. Allerdings sind durchaus Konstellationen denkbar in denen über die Bestimmungsäußerung weitere Überzeugungshandlungen angedacht sind, sodass der Versuch mit der Äußerung noch nicht beendet ist.
T hat nur das erste Wort gesprochen, sodass D von der Bestimmung zum Verbrechen keine Kenntnis nehmen konnte.