Kein gemeinsamer Tatentschluss

3. Juni 2025

7 Kommentare

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leichtmittelschwer

+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)

Jurafuchs

Die Rapper M1 und M2 wollen dem O gemeinsam eine Lektion erteilen. Während M1 meint, es ginge darum, O zu verprügeln, stellt M2 sich einen „Battle-Rap" vor. Daher ist M2 mächtig überrascht, als M1 dem O plötzlich einen Kinnhaken verpasst.

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Einordnung des Falls

Kein gemeinsamer Tatentschluss

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 2 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. M1 hat sich wegen Körperverletzung (§ 223 Abs. 1 Var. 1 StGB) strafbar gemacht, indem er dem O einen Kinnhaken verpasste.

Ja, in der Tat!

Der von M1 verübte Kinnhaken stellt eine körperliche Misshandlung im Sinne einer üblen und unangemessenen Behandlung dar, durch die das körperliche Wohlbefinden oder die körperliche Unversehrtheit des O mehr als nur unerheblich beeinträchtigt wurde. Da M1 vorsätzlich, rechtswidrig und schuldhaft handelte, ist er strafbar wegen § 223 Abs. 1 StGB. Bezüglich der Strafbarkeit des M2 fragt sich, ob ihm der Kinnhaken nach § 25 Abs. 2 StGB zugerechnet werden kann. Mittäterschaft setzt eine gemeinsame Tatausführung mit wesentlichen Tatbeiträgen sowie einen Entschluss zur gemeinsamen, arbeitsteilig auf vergleichbarer Augenhöhe begangenen Tat voraus.
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2. Zwischen M1 und M2 kam ein gemeinsamer Tatentschluss zustande.

Nein!

Der gemeinsame Tatentschluss beinhaltet die Verabredung der Beteiligten, durch Erbringung von Tatbeiträgen im Zusammenwirken den Tatbestand zu erfüllen. Dies erfordert die objektive Willensübereinstimmung und den Vorsatz zur gemeinsamen Verwirklichung aller Umstände des objektiven Tatbestandes.Vorliegend war der Vorsatz des M1 aber auf eine Körperverletzung (§ 223 StGB) gerichtet, derjenige des M2 hingegen allenfalls auf eine Beleidigung (§ 185 StGB). Daher ist ein gemeinsamer Tatentschluss nicht gegeben. Zwar kann während der Tatausführung noch sukzessive ein gemeinsamer Tatentschluss gefasst werden. Derartiges ist jedoch nicht ersichtlich.
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Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community

Helena

Helena

25.1.2022, 17:49:21

Ich meine das als Kompliment, weil dieser Fall wirklich gut das Problem sehr simpel darstellt. Aber ich glaube das ist der dümmste und bescheuertste Übungsfall, den ich je gesehen habe. Hat mich sehr zum Lachen gebracht.

EB

Elias Von der Brelie

21.5.2023, 14:22:56

Es gibt Konkurrenz. Ich glaub der Fall wo der Aufpasser eines Körperlich-behinderten diesen in Müllpackungen eingepackt hat und in einen Müll Container geschmissen hat zur "sexuellen Befriedigung", woraufhin dieser erstickt ist war auch fragwürdig. Oder der Fall wo ein Attentäter sein Gift ausversehen mit Kiwi Saft verwechselt hat und das Opfer daraufhin sofort stirbt, weil es gegen Kiwis allergisch ist. Es gibt viele unterhaltsame Fälle.

Dogu

Dogu

5.8.2024, 21:28:39

Der Müllsack-Fall ist aber leider ein Echtfall.

GALA

galapagosgarry

11.1.2025, 13:24:52

Der Müllsack Fall ist auf mehreren Ebenen tragisch. Lustig ist anders.

Wesensgleiches Minus

Wesensgleiches Minus

19.9.2024, 13:15:42

Ist der „gemeinsame

Tatentschluss

“ das gleiche wie der „Entschluss zur gemeinsamen, arbeitsteilig auf vergleichbarer Augenhöhe begangenen Tat voraus“? Letzteres ist in der Aufgabe eine Voraussetzung für das Vorliegen der

Mittäterschaft

. Dann wäre das der Anknüpfungspunkt im Prüfungsschema, aber ich bin mir nicht ganz sicher

LELEE

Leo Lee

21.9.2024, 14:23:30

Hallo Ala, vielen Dank für die sehr gute und wichtige Frage! Vorab: Der gemeinsame

Tatentschluss

ist von dem Entschluss zur gemeinsamen arbeitsteiligen Begehung zu trennen. Bei der

Mittäterschaft

prüfen wir zunächst, ob ein

gemeinsamer Tatentschluss

/Tatplan zustandekam. Im nächsten Schritt wird dann geprüft, ob auch eine gemeinsame Tatbegehung stattfand (das ist der berüchtigte Punkt mit der Abgrenzung zw. Täterschaft-Teilnahme). Deshalb ist der Teil mit "

gemeinsamer Tatentschluss

" der Tatplan und der Teil mit "arbeitsteilig..." die gemeinsame Begehung, die du NACH dem gemeinsamen

Tatentschluss

/Tatplan prüfst. Die beiden wurden hier zusammengeschrieben, um eine "allgemeine Definition" der

Mittäterschaft

zu etablieren. Hierzu kann ich i.Ü. die Lektüre vom MüKo-StGB 5. Auflage, Scheinfeld § 25 Rn. 188 ff. sehr empfehlen :)! Liebe Grüße – für das Jurafuchsteam – Leo

PAUHE

Paul Hendewerk

6.2.2025, 11:15:33

Wenn der gemeinsame

Tatentschluss

nach § 25 II StGB die Verabredung zur Begehung einer bestimmten

vorsätzlich

en Straftat umfasst, dann frage ich mich, was noch unter im subjektiven Tatbestand zu prüfen ist. Ich würde in der Prüfung, wenn zwei

Beteiligte

arbeitsteilig vorgehen und nicht der eine

Beteiligte

alle obj. TBM selbst eigenhändig verwirklicht am Beispiel der §§ 249 I, 25 II StGB folgendermaßen vorgehen und auf eine Unterteilung in objektiven und subjektiven Tatbestand ausnahmsweise

verzicht

en: I. TBM 1.

Fremd

e Bewegliche Sache 2.

Wegnahme

durch A 3. Qualifizierte

Nötigung

smittel durch B 4.

Raubspezifischer Zusammenhang

5. Wechselseitige Zurechnung der Tatbeiträge nach § 25 II StGB a)

Gemeinsamer Tatentschluss

, hier dann auch untersuchen, ob Vorsatz gegeben ist b) Gemeinsame Tatausführung 6.

Zueignungsabsicht

7. Objektive Rechtswidirigkeit der erstrebten

Zueignung

und entsprechender Vorsatz II. RWK +

Schuld

. Mir erscheint diese Vorgehensweise plausibler, weil der Vorsatz meines Erachtens neben dem gemeinsamen Tatplan, der den Vorsatz zur Begehung einer Straftat ja mitumfasst, keine eigenständige Bedeutung hat. Irre ich mich?


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