Strafrecht
Strafrecht Allgemeiner Teil
Fahrlässigkeit
Geschwindigkeitsüberschreitungsfall 2 (Schutzzweck der Norm)
Geschwindigkeitsüberschreitungsfall 2 (Schutzzweck der Norm)
+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)
A überschreitet in München mit seinem PKW die erlaubte Höchstgeschwindigkeit. In Nürnberg rennt ihm das Kind K unvermittelt vor das Auto. Durch den Zusammenstoß stirbt K. Wäre A in München langsamer gefahren, wäre er in Nürnberg nie auf K gestoßen.
Diesen Fall lösen [...Wird geladen] der 15.000 Nutzer:innen unseres digitalen Tutors "Jurafuchs" richtig.
Einordnung des Falls
Geschwindigkeitsüberschreitungsfall 2 (Schutzzweck der Norm)
Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 3 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt
1. A hat den Tod des K kausal verursacht (§ 222 StGB).
Genau, so ist das!
Jurastudium und Referendariat.
2. A hat sich objektiv sorgfaltspflichtwidrig verhalten.
Ja, in der Tat!
3. A ist der Tod des K auch objektiv zuzurechnen.
Nein, das ist nicht der Fall!
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Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community
Furkan
4.5.2022, 10:35:38
Die objektive Voraussehbarkeit muss hier bereits abgelehnt werden. Die Lösungs stellt selbst darauf ab, dass es „für einen durchschnittlichen Autofahrer nicht objektiv unvorhersehbar ist, dass beim Fahren mit überhöhter Geschwindigkeit Unfälle mit mitunter tödlichen Folgen passieren können.“ Aber zum Zeitpunkt des Unfalls fuhr er ja schon gar nicht mehr mit überhöhter Geschwindigkeit, sondern ganz normal.
Lukas_Mengestu
4.5.2022, 16:02:08
Hallo Furkan, vielen Dank für Deinen Hinweis. In der Tat hat A in Nürnberg ausweislich des Sachverhaltes sich sorgfaltsgemäß verhalten. In Betracht kommt als Anknüpfungspunkt allein sein Verhalten in München. Hierauf bezieht sich auch die Vorraussehbarkeit. Der "Erfolg" (Tötung eines anderen Verkehrsteilnehmers) an sich ist aber durchaus voraussehbar. Dass dieser erst in Nürnberg eintritt, führt nicht dazu, dass man bereits die Voraussehbarkeit ablehnt, sondern vielmehr nur zu einem Ausschluss der objektiven Zurechnung mangels
Schutzzweckzusammenhang. Beste Grüße, Lukas - für das Jurafuchs-Team
Johannes Nebe
8.5.2022, 17:38:54
Hm, mag sein, daß man es so prüft, aber mit der gegebenen Erklärung und Subsumtion ist es schwer verdaulich. Da habe ich auch gestutzt.
Nordisch
13.10.2022, 11:45:49
Stellt man bei der Prüfung in der Klausur nicht stets auf den Zeitpunkt der Tat ab?
Vermouth
19.8.2023, 20:43:14
Das frage ich mich auch. Auf welchen Zeitpunkt stellt man bei der Frage der objektiven Sorgfaltspflichtverletzung ab? In Nürnberg passierte der Unfall. Dort fuhr der Fahrer doch aber ordnungsgemäß?
honeyhoneyhoney
9.2.2024, 13:56:48
Eine Folgeantwort hierauf wäre super, ich bin am gleichen Punkt wie die Vorposter stutzig geworden.
ehemalige:r Nutzer:in
20.3.2024, 15:36:58
+1. danke
Lukas_Mengestu
21.3.2024, 15:56:25
Hallo zusammen, um hier Unklarheiten zu vermeiden, haben wir die Erklärungstexte stärker auf den
Schutzzweckzusammenhangzugeschnitten. Anknüpfungspunkt der Prüfung ist primär das Verhalten in München, denn nur diesbezüglich hat A pflichtswidrig gehandelt. Insofern ist es zunächst einmal unschädlich, ob A sich später rechtmäßig verhält. Sofern sein Pflichtverstoß fortwirkt, bleibt dies ein möglicher Anknüpfungspunkt einer Straftat. Der Fall ist aber das Paradebeispiel für den Zurechnungsausschluss wegen des Fehlen des
Schutzzweckzusammenhangs. Tempolimits haben nicht zum Zweck, dass Personen zu bestimmten Zeitpunkten an bestimmten Orten ankommen, sondern sollen verhindern, dass infolge der überhöhten Geschwindigkeit und dadurch bedingten Steuerungsschwierigkeiten Unfälle entstehen. Dieser Zusammenhang fehlt hier, weshalb es jedenfalls an dem
Schutzzweckzusammenhangfehlt, sodass es auf die Frage, inwieweit der Unfall voraussehbar war, letztlich nicht ankommt. In der Tat spricht einiges dafür aufgrund des zeitlichen/örtlichen Abstands hier auch die Voraussehbarkeit abzulehnen. Beste Grüße, Lukas - für das Jurafuchs-Team