+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)
K erwirbt von Vertreterin V an seiner Haustür für €150 neue Glühbirnen. V vergisst K ordnungsgemäß über seine Rechte zu belehren. Später bemerkt K, dass er noch einen großen Vorrat Birnen hat. Da er gerade viel zu tun hat, erklärt er erst drei Wochen später den Widerruf.
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Einordnung des Falls
Entscheidend für die Geltendmachung eines Widerrufs ist die Einhaltung der 14-tägigen Widerrufsfrist. Der nachfolgende Fall behandelt dabei die Frage, welche Auswirkung eine fehlerhafte Widerrufsbelehrung auf den Beginn dieser Widerrufsfrist hat.
Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 3 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt
1. Steht K ein Widerrufsrecht zu?
Genau, so ist das!
Dem Verbraucher steht bei Außergeschäftsraum- und Fernabsatzverträgen ein Widerrufsrecht gemäß § 355 BGB zu (§ 312g Abs.1 BGB). Erforderlich dafür ist, dass (1) die §§ 312a-h BGB anwendbar sind (§§ 312 Abs.1, 310 Abs.3 BGB), (2) ein Außergeschäftsraum- oder Fernabsatzvertrag (§ 312 b, c BGB) vorliegt und (3) keine Ausschlussgründe greifen. K als Verbraucher (§ 13 BGB) hat mit Unternehmerin V (§ 14 BGB) einen Kaufvertrag geschlossen, wodurch er zur Kaufpreiszahlung verpflichtet ist. Anwendungsbereich der §§ 312a-h BGB ist somit nach §§ 312 Abs.1, 310 Abs.3 BGB eröffnet. Da der Vertrag an Haustür des K und nicht in Geschäftsräumen der V geschlossen wurde, liegt Außergeschäftsraumvertrag nach § 312b Abs.1 S.1 Nr.1 BGB vor. Ausschlussgründe nicht ersichtlich. Folglich steht K ein Widerrufsrecht zu.
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2. Die 14-tägige Widerrufsfrist beginnt stets mit Vertragsschluss (§ 355 Abs.2 BGB).
Nein, das trifft nicht zu!
Die Widerrufsfrist beträgt grundsätzlich 14 Tage (§ 355 Abs.2 S.3 BGB). Sie beginnt mit Vertragsschluss, soweit nichts anderes bestimmt ist (§ 355 Abs.2 S.2 BGB). Ausnahmebestimmungen bezüglich des Fristbeginns sind in §§ 356-356e BGB geregelt. Danach wird der Beginn der Frist in bestimmten Fällen hinausgeschoben. Die Verbraucherschutznormen des §§ 312 ff. BGB und §§ 355 ff. BGB sind sehr detailliert und ausführlich geregelt. Lies Dir die Normen deshalb am besten einfach einmal gründlich durch, um einen Überblick zu bekommen.
3. Da K den Widerruf erst nach drei Wochen erklärt hat, ist dieser verfristet.
Nein!
Die Widerrufsfrist beträgt grundsätzlich 14 Tage. Sie beginnt mit Vertragsschluss, soweit nichts anderes bestimmt ist (§ 355 Abs.2 BGB). Für Außergeschäftsraum- und Fernabsatzverträge regelt § 356 Abs.2 Nr.1, Abs.3 BGB, dass bei einem Verbrauchsgüterkauf die Widerrufsfrist (1) erst mit (vollständiger) Lieferung der Ware beginnt und (2) nicht bevor der Unternehmer den Verbraucher nach Artikel 246a § 1 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 oder Artikel 246b § 2 Abs. 1 EGBGB belehrt hat. K erklärt erst drei Wochen nach Vertragsschluss und Erhalt der Glühbirnen den Widerruf. Allerdings wurde er von V nicht ordnungsgemäß über seine Widerrufsrechte belehrt, sodass die Frist für den Widerruf nicht zu laufen beginnt und die Erklärung somit fristgerecht erfolgte. Bei nicht ordnungsgemäßer Belehrung besteht kein ewiges Widerrufsrecht, sondern für die Ausübung des Widerrufsrechts gilt eine Höchstfrist von zwölf Monaten und 14 Tagen (§ 356 Abs.3 S.2 BGB).
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Wie prüfst Du einen Rückgewähranspruch bei einem Widerrufsrecht nach § 312g Abs. 1 BGB?
- Bestehen eines Widerrufsrechts, § 312g Abs. 1 BGB
- Anwendbarkeit, § 312 Abs. 1 BGB
- Vorliegen eines Verbrauchervertrages, § 310 Abs. 3 BGB
- Verpflichtung zur Zahlung eines Preises, § 312 Abs.1 BGB
- Keine Bereichsausnahme, § 312 Abs. 2-7 BGB
- Vertrag nach §§ 312b, 312c BGB
- Keine Bereichsausnahme, § 312g Abs. 2, 3 BGB
- Widerrufserklärung, § 355 Abs. 1 S. 2-4 BGB
- Widerrufsfrist, §§ 355 Abs. 2, 356 Abs. 2, 3 BGB
- Form
- Rechtsfolgen
- Unwirksamkeit des Vertrages ex nunc, § 355 Abs. 1 S. 1 BGB
- Rückabwicklung, §§ 355 Abs. 3 S. 1, 357 Abs. 1 BGB
- Wertersatz, § 357a BGB