Zivilrecht

Schuldrecht Allgemeiner Teil

Dreipersonenverhältnisse

Sparbuch auf fremden Namen – Verfügungsbefugnis bei Besitzer

Sparbuch auf fremden Namen – Verfügungsbefugnis bei Besitzer

leichtmittelschwer

+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)

Jurafuchs
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Klassisches Klausurproblem

Omi O legt ein Sparkonto bei Bank B auf den Namen ihres Enkels E mit €2.000 an. Sie nimmt das Sparbuch mit sich nach Hause. Sofern E sie regelmäßig anruft, will sie ihm das Sparbuch vermachen. O verstirbt plötzlich. Alleinerbe A und E erheben beide Anspruch auf das Sparbuch.

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Einordnung des Falls

Sparbuch auf fremden Namen – Verfügungsbefugnis bei Besitzer

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 3 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. Eigentümer des Sparbuchs ist derjenige, der Inhaber der Forderung ist.

Ja!

Bei dem Sparbuch handelt es sich um ein sogenanntes Namenspapier mit Inhaberklausel (§ 808 BGB). Zwar kann die Bank schuldbefreiend an jeden leisten, der ihr das Sparbuch vorlegt. Berechtigt ist indes nur der tatsächliche Inhaber der Forderung. Der Name auf dem Sparbuch ist hinsichtlich der Berechtigung irrelevant.Das Recht am Papier folgt dem Recht aus dem Papier.
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2. Indem O bei B das Sparbuch auf den Namen des E angelegt hat, ist E über den Vertrag zugunsten Dritter Inhaber der Darlehensforderung geworden.

Nein, das ist nicht der Fall!

BGH: Allein die Einrichtung eines Sparkontos auf den Namen eines anderen lasse für sich allein noch nicht den Schluss auf einen Vertrag zu Gunsten Dritter zu. Entscheidend sei vielmehr, wer gemäß der Vereinbarung mit der Bank oder Sparkasse Kontoinhaber werden sollte. Dabei komme es wesentlich darauf an, wer das Sparbuch in Besitz nehme. Denn die Bank werde durch Leistung an den Inhaber des Sparbuchs in jedem Falle frei (§ 808 BGB).Aus dem Umstand, dass O das Sparbuch zunächst noch behalten hat, ergibt sich, dass sie bis zu ihrem Tod die Verfügungsbefugnis über das Guthaben behalten wollte. Es liegt kein Vertrag zugunsten des E vor.

3. Als Alleinerbe ist A nach Os Tod Inhaber der Darlehensforderung und neuer Eigentümer des Sparbuchs.

Ja, in der Tat!

Nach dem Grundsatz der Universalsukzession (§ 1922 Abs. 1 BGB) geht das Vermögen des Erblassers mit dessen Tod als Ganzes auf den Erben über.Durch Os Tod hat A die Darlehensforderung gegen B erworben und damit auch das Eigentum an dem Sparbuch.
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Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community

DIAA

Diaa

2.9.2023, 22:42:04

Im Sachverhalt beginnt der Satz "Alleinerbe A und E...." und die letzte Frage stellt darauf ab, dass A Alleinerbe sei..und die Antwort sollte ja sein, wie geht das?

SH

Shilaw

3.9.2023, 15:21:56

gemeint ist: Alleinerbe A (nur A, da er nunmal ALLEINiger Erbe ist) und der E, welcher zu Beginn des SV vorgestellt worden ist:) @[Diaa](211889)

DIAA

Diaa

3.9.2023, 18:45:43

@[Shilaw](191828) achso, danke:)

REUS04

Reus04

5.9.2023, 21:43:15

Hier heißt es „Es kommt wesentlich darauf an, wer das Sparbuch in Besitz nehme.“ Angenommen E würde das Sparbuch aus dem Haus der O in Besitz nehmen. Ist er dann auch Eigentümer/Inhaber der Forderung? Ich stehe hier völlig auf dem Schlauch.

LELEE

Leo Lee

8.9.2023, 16:15:06

Hallo Reus04, in der Tat ist die Entscheidung hier etwas kompliziert. Hier musst du beachten, dass „in Besitz nehmen“ sich auf den Vertragsschluss (zugunsten des Dritten) sich bezieht. Sprich, weil bei einem Vertragsschluss (zugunsten des Dritten) es immer Anhaltspunkte geben muss, dass ein solcher stattfinden soll, muss insb. bei solchen Verträgen, wo der Inhaber der Forderung (die eben nicht die O ist, die den Vertrag selbst schließt) sich unterscheidet von der Vertragspartei. Grund dahinter ist, dass aufgrund dieser „automatischen“ Eigentumsbegründung bei E (weil Recht am Papier dem Recht aus Papier folgt), die O überhaupt keine „Wahl“ hätte z.B. das Sparbuch nur zu vermachen, wenn E z.B. jeden Tag anruft. Deshalb hat der BGH hier entschieden, dass BEI VERTRAGSSCHLUSS ein solcher VzD (was dann sofort das Eigentum am Sparbuch durch E begründen würde), nur dann anzunehmen ist, wenn der E dieses auch „sofort mitnimmt“ und nicht die O, die es nur unter bestimmten Bedingungen vermachen will :). Liebe Grüße – für das Jurafuchsteam – Leo

Ala

Ala

20.6.2024, 09:36:39

Stellt diese Entscheidung also eine Ausnahme zu den Grundsatz aus § 808 BGB dar (

recht am Papier folgt dem Recht aus dem Papier

)? Das find ich ja wild gerade. Also ist O Eigentümerin des Sparbuchs geworden? Denn Forderungsinhaber ist ja E (laut Leo Lee). Und A ist dann durch die

Universalsukzession

Inhaberin der Forderung geworden, obwohl O nur Eigentümerin des Sparbuchs war und E Inhaber der Forderung. Wie ist das möglich? 😂

Ala

Ala

19.8.2024, 20:41:46

Kann mir hier jemand weiterhelfen?

REUS04

Reus04

5.9.2023, 22:23:42

Und „Eigentümer des Sparbuchs ist derjenige, der Inhaber der Forderung ist.“. Ist das nicht eigentlich das Gegenteil vom Abstraktionsprinzip? Sorry für die vielen Fragen, aber diese Fälle hab ich noch nicht ganz durchblickt

LELEE

Leo Lee

8.9.2023, 15:18:58

Hallo Reus04, das ist überhaupt kein Problem, nur zu mit den Fragen! In der Tat klingt dieser Satz erstmal etwas krumm, nicht zuletzt aufgrund des Abstraktionsprinzips. Beachte allerdings, dass das Prinzip hier insofern kein Problem darstellt, als hier nicht zwei separate Vereinbarungen (auf vertraglicher und dinglicher Ebene) betroffen sind. Vielmehr bedeutet dieser Satz, dass solange jemand eine Forderung besitzt, er auch automatisch Eigentümer des Sparbuchs (ohne eine Vereinbarung darüber, dass das Sparbuch etwa gem. § 929 1 BGB übereignet werden muss, weil die Forderung, die abgetreten wird gem. § 398 BGB, das Sparbuch quasi „mit sich reißt“). Somit besteht keine separate „dingliche Verfügung“, die ein solches Problem mit dem Abstraktionsprinzip mit sich bringen könnte :). Liebe Grüße – für das Jurafuchsteam – Leo

Natze

Natze

16.8.2024, 20:04:27

Warum wird denn von einer Darlehensforderung in Bezug auf ein Sparbuch gesprochen?

CR7

CR7

20.8.2024, 21:08:32

Müsste ein Fehler sein


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