Referendariat
Die Revisionsklausur im Assessorexamen
Begründetheit II: Verletzungen des Verfahrensrechts (Verfahrensrüge)
Abwesenheit des Verteidigers - Bestellung in der Hauptverhandlung (§ 141 Abs. 2 S. 1 Nr. 4 StPO)
Abwesenheit des Verteidigers - Bestellung in der Hauptverhandlung (§ 141 Abs. 2 S. 1 Nr. 4 StPO)
+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)
A wird wegen Körperverletzung (§ 223 Abs. 1 StGB) vor dem Strafrichter angeklagt. Nach Vernehmung eines Sachverständigen wird klar, dass eine schwere Körperverletzung (§ 226 Abs. 1 StGB) vorliegt, wofür A nach richterlichem Hinweis und Pflichtverteidigerbestellung später verurteilt wird.
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Einordnung des Falls
Abwesenheit des Verteidigers - Bestellung in der Hauptverhandlung (§ 141 Abs. 2 S. 1 Nr. 4 StPO)
Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 3 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt
1. Das Urteil ist rechtsfehlerhaft, weil die Pflichtverteidigerbestellung zu spät erfolgte (§§ 140 Abs. 1, 141 Abs. 2 StPO).
Nein, das ist nicht der Fall!
Jurastudium und Referendariat.
2. Da A sofort (§ 141 Abs. 2 Nr. 4 Hs. 2 StPO) und damit rechtzeitig ein Verteidiger bestellt wurde, ist das Urteil rechtsfehlerfrei (§ 337 Abs. 1 StPO).
Nein, das trifft nicht zu!
3. Muss A auch darlegen, dass das Urteil auf dem Verfahrensfehler beruht (§ 338 Nr. 5 StPO)?
Nein!
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Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community
fabienchenh
22.1.2024, 22:02:40
Müsste hier dann nicht auch eine Verweisung erfolgen? Der
Strafrichterhat doch keine
Strafgewaltbei Verbrechen? Vielen dank!
Timurso
23.1.2024, 12:57:28
Doch, der
Strafrichterhat auch bei Verbrechen
Strafgewalt. Er kann bis zu 4 Jahren Haft aussprechen, § 24 II GVG.
fabienchenh
23.1.2024, 13:19:53
Danke für deine Antwort, aber ich glaube das trifft nicht auf den Fall zu, dass es sich bei dem Delikt um ein Verbrechen handelt. Dahingehend ist der Wortlaut des 25 GVG relativ eindeutig. Der
Strafrichterkann zwar, wenn sich während der Verhandlung die ursprüngliche Straferwartung auf eine von über 2 J bis 4 J ergibt weiterverhandeln und muss nicht verweisen, das dürfte aber nicht der Fall sein, wenn sich die Tat als Verbrechen herausstellt. Habe ich so zumindest jetzt nochmal nachgelesen… aber könnte auch total auf dem Holzweg sein. Hilfe @[Jurafuchs](137809) ?
P K
4.2.2024, 15:07:47
Das
Schöffengerichtist aber wegen der gleichen
Strafgewaltim Verhältnis zum
Strafrichterkein höheres Gericht i.S.d. § 270 StPO. Auch dürfte § 25 GVG auf die vorläufige Bewertung der Tat zum Zeitpunkt der Anklageerhebung abstellen, auch wenn es nicht eindeutig aus dem Wortlaut hervorgeht. Aber warum sollte hier etwas anderes gelten als in Bezug auf die Straferwartung?
P K
5.2.2024, 11:00:06
Ergänzung: Im M/G als auch im KK wird der
Strafrichterim Verhältnis zum
Schöffengerichtals Gericht niederer Ordnung angesehen m. w. N. zur Rspr. In BGH 3 StR 439/08 wird eine solche Verweisung nach Eröffnung des Hauptverfahrens dagegen unter Hinweis auf die gleiche
Strafgewaltfür ausgeschlossen erachtet (HRRS 2009 Nr. 390 Rn. 10 bezogen auf § 25 Nr. 2 GVG).
fabienchenh
5.2.2024, 11:03:56
Super vielen Dank fürs nachsehen! Ich habe mich sehr am Wortlaut des § 25 GVG orientiert; aber wenn’s sogar Rechtsprechung dazu gibt umso besser. Großen Dank! :)
jurafuchsles
21.3.2024, 15:39:05
Ich dachte auch, dass dennoch verwiesen werden muss bei einem Vebrechen, da ansonsten Willkür vorliegt?
Timurso
21.3.2024, 15:47:57
Ich habe mich dazu auch noch einmal informiert und muss meine Aussage von davor revidieren: Über Verbrechen darf der
Strafrichternicht entscheiden, er muss hier verweisen.
fabienchenh
21.3.2024, 20:54:49
Danke Dir fürs Klarstellen. Habe auch zwischenzeitlich nochmal einen Vorsitzenden Richter am LG dazu befragen können und er hat mir das bestätigt :) habe nur diesen thread hier völlig vergessen 😄