Grundfall

24. November 2024

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+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)

Jurafuchs

TikToker T möchte sein äußerst hart verdientes Geld anlegen. T beginnt mit dem Bau eines genehmigungsbedürftigen Wohnhauses in einem Wohngebiet in Düsseldorf. Dabei geht er davon aus, dass „VIPs” keine Baugenehmigung benötigen. Die zuständige Behörde B ordnet einen Baustopp an.

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Einordnung des Falls

Grundfall

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 5 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. Die Bauaufsichtsbehörde kann gemäß § 81 Abs. 1 S. 1 BauO NRW die Einstellung rechtswidriger Arbeiten verlangen. Ist dies die Ermächtigungsgrundlage für die von B angeordnete Baueinstellungsverfügung?

Genau, so ist das!

Gemäß § 81 Abs. 1 S. 1 BauO NRW kann die Bauaufsichtsbehörde die Einstellung rechtswidriger Arbeiten verlangen, wenn Anlagen im Widerspruch zu öffentlich-rechtlichen Vorschriften errichtet, geändert oder beseitigt werden.Die Bauaufsichtsbehörde B ordnet vorliegend einen Baustopp der laufenden Bauarbeiten bezüglich des Wohnhauses an, sodass § 81 Abs. 1 S. 1 BauO NRW die einschlägige Ermächtigungsgrundlage ist.Mit einer rechtzeitigen Baueinstellungsverfügung kann die Behörde verhindern, dass sich ein rechtswidriger Zustand verfestigt, der nur noch unter erheblichen Schwierigkeiten und Aufwendungen wieder beseitigt werden kann. Ein schwerer Fehler wäre es, wenn Du auf § 58 Abs. 2 S. 1 BauO NRW als taugliche Ermächtigungsgrundlage abstellst. Hierbei handelt es sich lediglich um eine Aufgabenzuweisungsnorm und nicht um eine Befugnisnorm.
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2. Der Tatbestand der Baueinstellungsverfügung (§ 81 Abs. 1 S. 1 BauO NRW) setzt voraus, dass eine Anlage im Widerspruch zu öffentlich-rechtlichen Vorschriften errichtet, geändert oder beseitigt wird.

Ja, in der Tat!

Anlagen sind bauliche Anlagen und sonstige Anlagen und Einrichtungen im Sinne der BauO NRW (legaldefiniert in § 2 Abs. 1 BauO NRW). Ein Widerspruch zu öffentlich-rechtlichen Vorschriften liegt bei einem Verstoß gegen öffentliches Baurecht vor. Öffentliches Baurecht sind die Vorschriften der BauO NRW, die Vorschriften aufgrund der BauO NRW, das städtebauliche Planungsrecht (BauGB und BauNVO) und die sonstigen Vorschriften des öffentlichen Rechts (z.B. BImSchG), die Anforderungen an bauliche Vorhaben stellen. Ein Widerspruch zum öffentlichen Baurecht besteht dann, wenn das Vorhaben baurechtswidrig ist. Dabei wird differenziert zwischen formeller Baurechtswidrigkeit (formelle Illegalität) und materieller Baurechtswidrigkeit (materielle Illegalität).Im Bauordnungsrecht musst Du kaum Definitionen auswendig lernen! Die BauO enthält in § 2 BauO NRW einen umfassenden Katalog mit Legaldefinitionen.

3. Für den Erlass einer Baueinstellungsverfügung (§ 81 Abs. 1 S. 1 BauO NRW) ist tatbestandlich formelle und materielle Illegalität erforderlich.

Nein!

Formell illegal ist ein Vorhaben, wenn die verfahrensrechtlichen Vorschriften über die Zulassungsbedürftigkeit (insbesondere die Erforderlichkeit einer Baugenehmigung) nicht beachtet worden sind. Materiell illegal ist ein Vorhaben, wenn es gegen materielle Anforderungen verstößt, also gegen bauplanungs- oder bauordnungsrechtliche Vorschriften verstößt und deswegen nicht genehmigungsfähig ist. Für den Erlass einer Baueinstellungsverfügung genügt bereits die formelle Illegalität. Auf die materielle Illegalität bzw. die Genehmigungsfähigkeit kommt es nicht mehr an.Die Differenzierung zwischen formeller und materieller Baurechtswidrigkeit ist von erheblicher Bedeutung, da die verschiedenen Bauordnungsmaßnahmen an unterschiedliche Anforderungen geknüpft sind.

4. Die von T veranlassten Bauarbeiten des Wohnhauses ohne Baugenehmigung (sogenannter Schwarzbau) sind materiell illegal.

Nein, das ist nicht der Fall!

Materiell illegal ist ein Vorhaben, wenn es gegen materielle Anforderungen verstößt, also gegen bauplanungs- oder bauordnungsrechtliche Vorschriften verstößt und deswegen nicht genehmigungsfähig ist.Dem Sachverhalt sind keinerlei Angaben zu entnehmen, dass das geplante Wohnhaus gegen materielle Vorschriften (BauGB, BauNVO, BImSchG, BauO NRW) verstößt und daher nicht genehmigungsfähig ist.

5. Der Tatbestand der Baueinstellungsverfügung (§ 81 Abs. 1 S. 1 BauO NRW) ist erfüllt, da die von T veranlassten Bauarbeiten des Wohnhauses ohne Baugenehmigung formell illegal sind.

Ja, in der Tat!

Für den Erlass einer Baueinstellungsverfügung genügt bereits die formelle Illegalität. Auf die materielle Illegalität bzw. die Genehmigungsfähigkeit kommt es nicht mehr an.Der Bau des Wohnhauses ist eine bauliche Anlage (§ 2 Abs. 1 BauO NRW) und ausweislich des Sachverhaltes genehmigungsbedürftig, sodass ein Verstoß gegen verfahrensrechtliche Vorschriften vorliegt. Damit liegt ein Widerspruch zum öffentlichen Baurecht vor. Ob das geplante Wohnhaus des T genehmigungsfähig wäre, ist hier für die Rechtmäßigkeit der Einstellungsverfügung irrelevant.Wenn in einer Baurechtsklausur die Rechtmäßigkeit einer Bauordnungsmaßnahme zu prüfen ist, dann ist die formelle und/ oder materielle Illegalität in der Regel der Schwerpunkt der Klausur. Hier kann der Klausurersteller unzählige Probleme des Bauplanungs- und Bauordnungsrechts einbauen.
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Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community

CR7

CR7

1.3.2024, 09:58:17

"Hart verdientes Geld" 😂

Charliefux

Charliefux

4.4.2024, 12:11:41

„äußerst hart“ sogar 🌝


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