Referendariat: Prozessrecht & Klausurtypen

Die ZVR-Klausur

„Verlängerte Vollstreckungsabwehrklage“

Was ist eine „verlängerte Vollstreckungsabwehrklage“? (Einführungsfall)

Was ist eine „verlängerte Vollstreckungsabwehrklage“? (Einführungsfall)

22. Februar 2025

1 Kommentar

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Jurafuchs

S wurde zur Zahlung von €1.000 an G verurteilt. S zahlt. Trotzdem pfändet Gerichtsvollzieher V auf Gs Antrag die Kuckucksuhr des S, versteigert sie an E und zahlt den Erlös dafür (€1.000) an G aus. Sodann übergibt V dem S die vollstreckbare Ausfertigung (§ 757 Abs. 1 ZPO).

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Einordnung des Falls

Was ist eine „verlängerte Vollstreckungsabwehrklage“? (Einführungsfall)

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 4 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. S fragt sich, was sie jetzt noch tun kann. Wäre eine Vollstreckungsabwehrklage der S statthaft (§ 767 Abs. 1 ZPO)?

Genau, so ist das!

Einwendungen, die den durch das Urteil festgestellten Anspruch selbst betreffen, sind von dem Schuldner im Wege der Klage bei dem Prozessgericht des ersten Rechtszuges geltend zu machen (§ 767 Abs. 1 ZPO). Nach § 767 Abs. 1 ZPO kann der Vollstreckungsschuldner materiell-rechtliche Einwendungen gegen den titulierten Anspruch geltend machen (Vollstreckungsabwehrklage). S hat die €1.000 bereits bezahlt. S hat den titulierten Anspruch damit erfüllt (§ 362 BGB). Die Erfüllung ist eine materiell-rechtliche Einwendung. Eine Vollstreckungsabwehrklage wäre statthaft. Alles zur Vollstreckungsabwehrklage findest Du hier .
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2. Das Rechtsschutzbedürfnis für eine Vollstreckungsabwehrklage besteht, wenn die Zwangsvollstreckung droht oder schon begonnen hat und noch nicht beendet ist. Hat S ein Rechtsschutzbedürfnis?

Nein, das trifft nicht zu!

Das Rechtsschutzbedürfnis für eine Vollstreckungsabwehrklage besteht, wenn die Zwangsvollstreckung droht oder schon begonnen hat und noch nicht beendet ist. Die Zwangsvollstreckung ist beendet, wenn der Gläubiger vollständig befriedigt und dem Schuldner die vollstreckbare Ausfertigung ausgehändigt worden ist (§ 757 Abs. 1 ZPO). Der Versteigerungserlös in Höhe von €1.000 wurde bereits an G ausbezahlt, der dadurch vollständig befriedigt ist. Ferner wurde die vollstreckbare Ausfertigung S ausgehändigt. Damit ist die Zwangsvollstreckung beendet und es besteht kein Rechtsschutzbedürfnis für eine Vollstreckungsabwehrklage mehr. Eine Vollstreckungsabwehrklage wäre daher unzulässig.

3. Weil die Zwangsvollstreckung beendet ist, kann S sich nicht mehr gegen diese wehren. Gibt es grundsätzlich die Möglichkeit, eine „verlängerte Vollstreckungsabwehrklage“ zu erheben?

Ja!

Ist die Zwangsvollstreckung beendet, scheitert eine Vollstreckungsabwehrklage nach § 767 Abs. 1 ZPO an dem Rechtsschutzbedürfnis des Vollstreckungsschuldners. Die Klage ist unzulässig. Es stellt sich aber die Frage, ob der Vollstreckungsschuldner andere Möglichkeiten hat, um einen „Ausgleich“ für die „ungerechtfertigte“ Vollstreckung zu erhalten. Eine „verlängerte Vollstreckungsabwehrklage“ ist eine nach Beendigung der Zwangsvollstreckung erhobene Leistungsklage des „zu spät kommenden Vollstreckungsschuldners“ (zu spät für eine Vollstreckungsabwehrklage) gegen den Vollstreckungsgläubiger auf Erlösherausgabe. Wie bei der „verlängerten Drittwiderspruchsklage“ besteht nach Beendigung der Zwangsvollstreckung nicht mehr die Möglichkeit, die Vollstreckung selbst zu verhindern. Es kommt dann nur noch in Betracht „zumindest“ den i.R.d. Zwangsversteigerung erlangten Erlös herauszuverlangen.

4. S möchte klageweise die Herausgabe des Versteigerungserlöses von G verlangen. Wäre dies eine „verlängerte Vollstreckungsabwehrklage“?

Genau, so ist das!

Eine „verlängerte Vollstreckungsabwehrklage“ ist eine nach Beendigung der Zwangsvollstreckung erhobene Leistungsklage des „zu spät kommenden Vollstreckungsschuldners“ (zu spät für eine Vollstreckungsabwehrklage) gegen den Vollstreckungsgläubiger auf Erlösherausgabe. S ist eine „zu spät kommender Vollstreckungsschuldnerin“: Da die Zwangsvollstreckung bereits beendet ist, wäre eine Vollstreckungsabwehrklage mangels Rechtsschutzbedürfnis unzulässig. Eine Leistungsklage gegen G auf Erlösherausgabe wäre eine „verlängerte Vollstreckungsabwehrklage“. Genauso wie der für eine Drittwiderspruchsklage „zu spät kommende Dritte“ hat auch der für eine Vollstreckungsabwehrklage „zu spät kommende Vollstreckungsschuldner“ regelmäßig einen Anspruch gegen den Vollstreckungsgläubiger auf Erlösherausgabe aus § 812 Abs. 1 S. 1 Alt. 2 BGB, den er durch eine „verlängerte Vollstreckungsabwehrklage“ geltend machen kann. Dazu gleich mehr!
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Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community

vulpes iuris

vulpes iuris

20.2.2025, 10:44:55

Wenn diese Aufgabe als „neu“ gekennzeichnet ist, warum besteht dann auch hier das Problem, dass Protagonisten von Satz zu Satz das Geschlecht wechseln? Ich dachte, diese Inkonsistenz wäre das Resultat mehrfacher Überarbeitungen alter Aufgaben?


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