+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)

Jurafuchs

Adam und Eva sind verheiratet. Ihr Sohn Kain setzte Eva während der Ehe als Begünstigte seiner Lebensversicherung ein. Kain stirbt, Eva wird die Versicherungssumme ausgezahlt. Adam und Eva wollen sich nun scheiden lassen. Adam hat keinen Zugewinn, Eva nur die Versicherungssumme. ‌

Einordnung des Falls

Lebensversicherungssumme als privilegierter Erwerb?

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 3 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. Ist die Auszahlung der Versicherungssumme eine Schenkung i.S.d. § 1374 Abs. 2 Alt. 3 BGB?

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Nein, das ist nicht der Fall!

Vermögen, dass ein Ehegatte durch Schenkung erwirbt, wird zum Anfangsvermögen gerechnet (§ 1374 Abs. 2 Alt. 3 BGB). . Eine Schenkung ist eine freiwillige und unentgeltliche Zuwendung von Vermögen durch eine Person an eine andere. Die Auszahlung der Versicherungssumme beruht auf einer vertraglichen Verpflichtung des Versicherers und ist somit keine freiwillige und unentgeltliche Zuwendung.

2. Hat Eva die Versicherungssumme aufgrund einer Erbschaft erworben (§ 1374 Abs. 2 Alt. 1 BGB)?

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Nein, das trifft nicht zu!

Vermögen, das ein Ehegatte durch Erbschaft erwirbt, wird zum Anfangsvermögen gerechnet. Solche Zuwendungen sind ebenfalls nicht das Ergebnis gemeinsamer Lebensleistung der Ehegatten. Im Gegensatz zur Erbschaft beruht die Auszahlung der Versicherungssumme nicht auf einer gesetzlichen, sondern einer vertraglichen Grundlage. Der Begünstigte erwirbt ein eigenes Recht gegen den Versicherer (§§ 328, 330, 331 BGB). Die Versicherungssumme fällt dem Begünstigten aus dem Vermögen des Versicherers zu. Die Versicherungssumme fällt also dem Wortlaut nach unter keinen der Fälle des § 1374 Abs. 2 BGB.

3. Nach dem BGH ist jedoch die Auszahlung der Summe aus einer Lebensversicherung „erbrechtsähnlich“ und fällt deshalb auch unter § 1374 Abs. 2 BGB.

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Ja!

Im Wege der teleologischen Ausdehnung fallen auch erbrechtsähnliche Erwerbsvorgänge unter den privilegierten Erwerb nach § 1374 Abs. 2 BGB. Sowohl der „Erwerb von Todes wegen“, als auch der Erwerb „mit Rücksicht auf ein künftiges Erbrecht“ beziehen sich auf alle Erwerbsvorgänge, die aufgrund eines eingetretenen oder künftigen Todesfalls des Zuwendenden und einer besonderen persönlichen Beziehung des Begünstigten zu dem Zuwendenden. Zudem sind die Erwerbsvorgänge kein Ergebnis gemeinsamer Lebensleistung der Ehegatten. Diese Kriterien seien auch beim Erwerb als Bezugsberechtigter einer Lebensversicherung erfüllt. Somit zählt die Versicherungssumme zum Anfangsvermögen. Da somit sowohl Evas Anfangsvermögen, als auch ihr Endvermögen nur aus der Versicherungssummer besteht, hat sie keinen Zugewinn. Folglich ist sie Adam auch nicht zum Ausgleich verpflichtet (§ 1378 Abs. 1 BGB).

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