Beamte 1 (Lehrer)

leichtmittelschwer

+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)

Jurafuchs

Die verbeamtete Lehrerin L und Referendarin R tragen beide ihr Kopftuch während des Unterrichts. Direktor D ist dies ein Dorn im Auge. Sie fordert die beiden auf, ihre Kopftücher abzunehmen. L und R berufen sich auf ihre Religionsfreiheit (Art. 4 Abs. 1 und 2 GG).

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Einordnung des Falls

Beamte 1 (Lehrer)

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 4 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. Die Lehre des Sonderstatusverhältnisses wendet die Grundrechte im besonderen Näheverhältnis zum Staat nicht oder nur eingeschränkt an.

Ja, in der Tat!

Aus der monarchisch-konstitutionellen Zeit des 19. Jahrhunderts entstammt die damals so genannte Theorie des besonderen Gewaltverhältnisses, die heute unter dem Begriff des Sonderstatusverhältnisses bekannt ist. Dabei handelt es sich um die Annahme, dass eine besondere Beziehung zwischen Bürger und Staat in verschiedenen Sonderbereichen der Verwaltung besteht, die durch eine besondere Nähe geprägt ist. Es wurde daher angenommen, dass in diesen Verhältnissen die Grundrechte keine Anwendung finden und belastende Maßnahmen nicht unter dem Vorbehalt des Gesetzes stehen.
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2. Die Lehre des Sonderstatusverhältnisses besagt, dass Lehrer sich gegenüber einer staatlichen Schule als Arbeitgeber nicht auf ihre Grundrechte berufen können.

Ja!

Die Lehre des Sonderstatusverhältnisses nimmt an, dass eine besondere Beziehung zwischen Bürger und Staat in verschiedenen Sonderbereichen der Verwaltung besteht, die durch eine besondere Nähe geprägt ist. Daher sollen die Grundrechte in diesen Verhältnissen keine Anwendung finden und belastende Maßnahmen nicht unter dem Vorbehalt des Gesetzes stehen. Zu den erfassten Nähebeziehungen gehört das Verhältnis zwischen dem Staat und Strafgefangenen, Soldaten Lehrern und Beamten.

3. Lehrerin L kann sich wegen des Sonderstatusverhältnisses nicht auf ihre Religionsfreiheit berufen.

Nein, das ist nicht der Fall!

Die Lehre des Sonderstatusverhältnisses ist heute überholt und wird nicht mehr angewendet. Grundrechte sind auch auf Gruppen wie Strafgefangene, Lehrer und Beamte anwendbar und belastende Maßnahmen, die gegen diese Gruppen gerichtet sind, stehen wie alle anderen Maßnahmen auch unter dem Vorbehalt des Gesetzes. Das BVerfG hat klargestellt, dass sich auch Angestellte im öffentlichen Dienst und Beamte auf ihre Grundrechte berufen können. Die Grundrechtsberechtigung wird durch die Eingliederung in den staatlichen Aufgabenbereich der Schule nicht in Frage gestellt. Lehrerin L kann sich als Beamtin im öffentlichen Dienst auf ihre Religionsfreiheit berufen. Diese steht ihr wie allen anderen Bürgern gleichermaßen zu. In der Klausur solltest Du auf die Lehre des Sonderstatusverhältnisses eingehen, dabei jedoch lediglich kurz und deutlich darstellen, was die Lehre beinhaltet und sodann feststellen, dass sie heute keine Anwendung mehr findet.

4. Die Grundrechte finden jedoch auf Referendarin R keine Anwendung, da sie sich noch in Ausbildung befindet.

Nein, das trifft nicht zu!

Die Lehre des Sonderstatusverhältnisses ist heute überholt und wird nicht mehr angewendet. Das BVerfG hat klargestellt, dass sich nicht nur Angestellte im öffentlichen Dienst und Beamte auf ihre Grundrechte berufen können, sondern dies gleichermaßen für in einem öffentlich-rechtlichen Ausbildungsverhältnis stehende Referendare gilt. Die Grundrechtsberechtigung wird durch die Eingliederung in den staatlichen Aufgabenbereich der Schule nicht in Frage gestellt. Die Grundrechte finden daher auch auf Referendarin R Anwendung. Dass sie sich noch in Ausbildung befindet, macht hier keinen Unterschied. Ob es Lehrern, Beamten oder Referendaren untersagt werden kann, nach außen hin sichtbare Kennzeichen ihres persönlichen Glaubens bei der Verrichtung ihrer Tätigkeit zu tragen, ist eine Frage der Rechtfertigung und wird von uns bei der Glaubensfreiheit thematisiert.
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