+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)
Mandant M kommt zu Anwältin A. M trägt vor, dass er zu Recht von K auf Herausgabe der Kaufsache nach Rücktritt verklagt wird. Zugleich erzählt er, dass er den gezahlten Kaufpreis noch nicht von K zurückerhalten hat.
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Einordnung des Falls
Bestehen eigener, nicht gleichartiger Gegenansprüche II
Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 5 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt
1. A wird M raten, die Aufrechnung mit seinem Gegenanspruch auf Rückzahlung des Kaufpreises infolge des Rücktritts (§ 346 Abs. 1 BGB) zu erklären (§§ 387 ff. BGB).
Nein!
Wenn dem Beklagten eigene Gegenansprüche gegen den Kläger zustehen, ist umfassend zu erörtern, wie diese in den Prozess eingeführt werden können. Eine Aufrechnung ist nur bei gegenseitigen, gleichartigen Ansprüchen zulässig (§ 387 BGB). Die Ansprüche von K (Herausgabe der Kaufsache) und M (Rückzahlung des Kaufpreises) haben nicht denselben Inhalt. Folglich kommt eine Aufrechnung mangels Gleichartigkeit nicht in Betracht.
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2. Kann M ein Zurückbehaltungsrecht nach §§ 348, 320 BGB geltend machen?
Genau, so ist das!
Die Geltendmachung des Zurückbehaltungsrechts nach §§ 348, 320 BGB führt dazu, dass der beklagte Mandantnur Zug-um-Zug verurteilt wird, § 322 BGB. Dies ist günstig und somit zweckmäßig. Hier sind die Voraussetzungen von §§ 348, 320 BGB erfüllt. Es ist folglich zweckmäßig, einen Klageabweisungsantrag zu stellen und das Zurückbehaltungsrecht zu erheben. Sofern der Mandant gegen den klägerischen Anspruch unabhängig vom Zurückbehaltungsrecht weitere Einwendungen vorträgt, sollte das Zurückbehaltungsrecht nur hilfsweise für den Fall, dass die Klage begründet sein sollte, geltend gemacht werden. So regelmäßig in der Klausur.
3. Kann auch M aus dem Urteil vollstrecken, wenn er Zug-um-Zug gegen Rückzahlung des Kaufpreises zur Herausgabe der Kaufsache verurteilt wird?
Nein, das trifft nicht zu!
Die Geltendmachung des Zurückbehaltungsrechts führt zwar zu einer für den Mandanten günstigen Zug-um-Zug-Verurteilung. Einen eigenen Titel über den Gegenanspruch erhält er hierdurch aber nicht ohne Weiteres.
4. Zweckmäßig ist es deshalb, zusätzlich zum Klageabweisungsantrag Widerklage zu erheben.
Ja!
Da der Beklagte bei der Verteidigung mit einem Zurückbehaltungsrecht keinen eigenen Titel erhält, bietet es sich an, zusätzlich einen Widerklageantrag bezüglich des Gegenanspruchs zu stellen. Dafür müssen die Zulässigkeitsvoraussetzungen der Widerklage (§ 33 ZPO) sauber geprüft werden. Liegen diese vor, ist eine Kombination von Zurückbehaltungsrecht und Widerklage zweckmäßig. Gegenüber einer separaten Klage hat dies zusätzlich den Vorteil einer schnelleren Erledigung (=nur ein Verfahren) sowie Kostenvorteile aufgrund der Gebührendegression.M kann seinerseits also eine Widerklage erheben. Um seinerseits eine Teilabweisung der Widerklage zu vermeiden, sollte diese aber von vorneherein auf eine Zug-um-Zug Verurteilung gerichtet sein.
§ 261 Abs. 3 Nr. 1 ZPO steht der Widerklage nicht entgegen, da Ansprüche, die als Zurückbehaltungsrecht geltend gemacht werden, nicht rechtshängig sind.
5. Aus Kostengründen bietet es sich bei unsicherem Gegenanspruch zudem an, die Widerklage als Hilfswiderklage zu stellen.
Genau, so ist das!
Besteht der klägerische Anspruch und lehnt das Gericht zugleich das Zurückbehaltungsrecht mangels Gegenanspruch ab, so unterliegt der Mandant. Sofern die Widerklage unbedingt erhoben wird, wäre aufgrund des fehlenden Gegenanspruchs zugleich auch sie unbegründet und erfolglos.
Um zu verhindern, dass dem Mandanten hierdurch weitere Kosten wegen der dann drohenden Abweisung der Widerklage entstehen, sollte die Widerklage nur hilfsweise für den Fall, dass das Gericht ein Zurückbehaltungsrecht bejaht, gestellt werden. Es handelt sich dabei um eine zulässige innerprozessuale Bedingung. Kommt das Gericht zur Überzeugung, dass das Zurückbehaltungsrecht nicht besteht, ist die Widerklage schon nicht erhoben und es entstehen keine zusätzlichen Kosten.