Untaugliche Handlung als Hilfeleistung 2

16. Juli 2025

4 Kommentare

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leichtmittelschwer

+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)

Jurafuchs

D hat teure Ohrringe gestohlen. Um D die Beute zu sichern, sagt sein Kumpel K gegenüber der Polizei, er habe gesehen, wie A die Ohrringe gestohlen habe. In diesem Zeitpunkt hatte D die Ohrringe aus schlechtem Gewissen schon wieder in den Briefkasten des Eigentümers geworfen.

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Einordnung des Falls

Untaugliche Handlung als Hilfeleistung 2

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 2 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. Der Diebstahl des D stellt eine taugliche Vortat für eine strafbare Begünstigung dar (§ 257 Abs. 1 StGB).

Genau, so ist das!

D hat die Ohrringe gestohlen. Dass er sie später zurück gebracht hat, berührt die Strafbarkeit wegen vollendeten Diebstahls nicht.Die spätere tätige Reue (Zurückbringen des Diebesgutes) des D kann allenfalls in der Strafzumessung strafmindernd berücksichtigt werden.
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2. Hat K dem D Hilfe zur Sicherung des Vorteils geleistet (§ 257 Abs. 1 StGB)?

Nein, das trifft nicht zu!

Für ein tatbestandliches Hilfeleisten genügt jede Handlung, die objektiv geeignet ist, die Vorteile dagegen zu sichern, dass sie dem Vortäter zu Gunsten des Verletzten entzogen werden.K hat versucht, die Polizei auf eine falsche Spur zu locken. Grundsätzlich genügt das als Hilfeleisten im Sinne des § 257 Abs. 1 StGB. Allerdings war der Vorteil (die gestohlenen Ohrringe) im Moment von Ks Aussage schon gar nicht mehr bei D. Ks Handlung war damit objektiv nicht (mehr) geeignet, den Vorteil bei D zu sichern. K hat somit keine Hilfe geleistet und ist nicht nach § 257 Abs. 1 StGB strafbar.Eine Mindermeinung lässt es genügen, dass die Handlung nach der Vorstellung des Täters geeignet ist, den Vortäter sachlich zu begünstigen. K wäre damit hier strafbar. Diese Auslegung entspräche jedoch einer unzulässigen Umdeutung von § 257 StGB in ein Unternehmensdelikt. Zudem würde die gesetzgeberische Entscheidung unterlaufen, die versuchte Begünstigung straffrei zu lassen.Anschließend wäre hier aber noch die falsche Verdächtigung zu prüfen und zu bejahen (§ 164 StGB).
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Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community

OKA

okalinkk

23.4.2025, 13:25:25

ich hätte die Strafbarkeit schon beim TBM des Tatobjekts verneint. Als Tatobjekt ist ein unmittelbar aus der Vortat erlangter Vorteil nötig, der beim Vortäter im Zeitpunkt der Begünstigungshandlung noch vorhanden ist. An letzterem fehlt es hier aber, da der Vorteil schon wieder weg war.

JES

Jessica

17.6.2025, 12:32:42

Wie sähe es hier mit

258 StGB

aus?

OKA

okalinkk

21.6.2025, 11:00:48

Hierzu gibt es wahrscheinlich zu wenig Anhaltspunkte. 258 ist ein Erfolgsdelikt. Sollte der wahre Täter also gar nicht bestraft werden oder die Verfolgung um mehr als eine Woche verzögert werden, könnte man 258 annehmen. Dazu sagt der Sachverhalt aber nichts.

Jonas22

Jonas22

27.6.2025, 11:27:42

Ich finde den Vertiefungshinweis, dass hier die falsche Verdächtigung zu bejahen ist, sehr hilfreich. Es wäre gut, wenn bei allen Fällen im Strafrecht wenigstens kurz alle anderen in Betracht kommenden Delikte genannt werden. Ich finde dadurch bekommt man den Überblick, den man für das Examen braucht. Und dadurch, dass diese Delikte nicht umfassend geprüft werden, widerspricht das auch nicht dem Konzept von Jurafuchs, wodurch bei den Fällen immer ein bestimmtes Thema im Fokus ist.


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