Examensrelevante Rechtsprechung

Rechtsprechung Strafrecht

BT 2: Diebstahl, Betrug, Raub, u.a.

„Vermögensverlust großen Ausmaßes“ gemäß § 263 Abs. 3 S. 2 Nr. 2 Alt. 1 StGB beim Versuch? (BGH, Beschl. v. 14.05.2024 – 3 StR 107/24)

„Vermögensverlust großen Ausmaßes“ gemäß § 263 Abs. 3 S. 2 Nr. 2 Alt. 1 StGB beim Versuch? (BGH, Beschl. v. 14.05.2024 – 3 StR 107/24)

2. Juli 2025

27 Kommentare

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leichtmittelschwer

+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)

Jurafuchs

A will in einem Autohaus eine Probefahrt machen und das Auto (Wert: € 90.000) später nicht zurück bringen, sondern behalten. Gegenüber Verkäufer V gibt sie sich als interessierte Kundin aus. V begleitet A allerdings auf der Probefahrt. A kann ihren Plan nicht in die Tat umsetzen.

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Einordnung des Falls

„Vermögensverlust großen Ausmaßes“ gemäß § 263 Abs. 3 S. 2 Nr. 2 Alt. 1 StGB beim Versuch? (BGH, Beschl. v. 14.05.2024 – 3 StR 107/24)

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 10 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. A könnte sich wegen Betrugs strafbar gemacht haben, indem sie V vorspiegelte, sie wolle ein Auto kaufen (§§ 263 Abs. 1 StGB).

Ja, in der Tat!

Objektive Voraussetzungen für eine Strafbarkeit nach § 263 Abs. 1 StGB sind: (1) Täuschung über Tatsachen (2) Täuschungsbedingter Irrtum (3) Irrtumsbedingte Vermögensverfügung (4) Verfügungsbedingter Vermögensschaden A müsste zudem vorsätzlich, mit Bereicherungsabsicht, rechtswidrig und schuldhaft gehandelt haben.
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2. A hat V gegenüber vorgespiegelt, sie sei eine „normale“ Kundin und interessiert daran, ein Auto zu kaufen. Reicht das, um eine Täuschung über Tatsachen anzunehmen?

Ja!

Eine Täuschung ist das bewusste Einwirken auf das Vorstellungsbild des Getäuschten zur Erregung oder Unterhaltung eines Irrtums. Tatsachen sind Vorgänge der Gegenwart oder der Vergangenheit, die dem Beweis zugänglich sind. Dazu gehören neben den äußeren auch sog. innere Tatsachen (Gedanken, Wissen, Absichten).A hat so getan, als wollte sie ein Auto kaufen. Tatsächlich hatte sie das aber nie vor, sondern wollte das Auto lediglich bei der Probefahrt entwenden. A hat damit über ihre Absichten und somit über eine innere Tatsache getäuscht.

3. V hat A geglaubt und ist so einem Irrtum unterlegen. Wirkt es sich unmittelbar vermögensmindernd aus, dass er A von ihm begleitet das Auto zur Probe fahren ließ?

Nein, das ist nicht der Fall!

Der täuschungsbedingte Irrtum müsste zu einer Vermögensverfügung des Getäuschten geführt haben. Eine Vermögensverfügung ist jedes freiwillige Handeln, Dulden oder Unterlassen, welches sich unmittelbar vermögensmindernd auswirkt. Hier lohnt sich eine saubere Argumentation, um zum Trickdiebstahl abzugrenzen. Es kommt entscheidend darauf an, ob der Gewahrsamsinhaber dem Täter aufgrund der Täuschung eine eigene, generelle Herrschaftsspähre über die Sache einräumen wollte (= Vermögensverfügung) oder seine eigene Zugriffsmöglichkeit bewahren wollte (= lediglich Gewahrsamslockerung). V ist mit A gemeinsam im Auto gefahren. Er wollte und hat A dabei nicht den alleinigen Gewahrsam am Auto überlassen. V hat nicht über Vermögen verfügt. A hat sich nicht nach § 263 Abs. 1 StGB strafbar gemacht.Anders läge der Fall, wenn V der A das Auto zur Probefahrt ohne Begleitung überlassen hätte. Diese geht über eine reine Gewahrsamslockerung hinaus (BGH, 4 StR 458/00), sodass eine Vermögensverfügung vorläge.

4. A könnte sich aber wegen versuchten Betrugs strafbar gemacht haben, indem sie V vorspiegelte, sie wolle ein Auto kaufen (§§ 263 Abs. 1, 22, 23 StGB).

Ja, in der Tat!

Dafür müsste die Vorprüfung ergeben, dass die Tat nicht vollendet und der Versuch des Delikts strafbar ist. Dann müsste A mit Tatentschluss unmittelbar zur Tat angesetzt haben. Zudem müsste sie rechtswidrig und schuldhaft gehandelt haben und dürfte nicht mit strafbefreiender Wirkung vom Versuch zurückgetreten sein.

5. Handelte A mit Tatentschluss bezüglich der Verwirklichung des Tatbestands von § 263 Abs. 1 StGB?

Ja!

Die Täterin handelt mit Tatentschluss, wenn sie Vorsatz bezüglich aller objektiven Tatbestandsmerkmale hat und eventuell bestehende deliktsspezifische subjektive Tatbestandsmerkmale erfüllt.A gab sich gegenüber V als interessierte Kundin aus, damit dieser ihr das Auto für eine Probefahrt überließe. Dabei wollte sie dann mit dem Auto wegfahren, um es behalten zu können. A handelte damit vorsätzliche bezüglich aller objektiven Tatbestandsmerkmale und mit Bereicherungsabsicht.

6. Weiterhin müsste A unmittelbar zur Tat angesetzt haben. Könnte A dies dadurch getan haben, dass sie kommunikativ auf V eingewirkt hat?

Genau, so ist das!

Ein unmittelbares Ansetzen liegt vor, wenn der Täter subjektiv die Schwelle zum „Jetzt-geht’s-los“ überschreitet und objektiv Handlungen vornimmt, die bei ungestörtem Fortgang ohne wesentliche Zwischenschritte zur Tatbestandsverwirklichung führen oder mit ihr in unmittelbarem räumlichen und zeitlichen Zusammenhang stehen.A hat sich gegenüber V als „normale” Käuferin ausgegeben, um ihn so dazu zu bringen, ihr das Auto für eine Probefahrt zu geben. Sie wollte so erreichen, dass V ihr schon kurze Zeit später das Auto zur Probefahrt ohne Aufsicht überließe. A hat damit unmittelbar zur Tat angesetzt.

7. Im Ergebnis scheidet eine Strafbarkeit der A wegen versuchten Betruges strafbar dennoch aus (§§ 263 Abs. 1, 22, 23 StGB).

Nein, das trifft nicht zu!

A handelte rechtswidrig und schuldhaft. Sie ist auch nicht mit strafbefreiender Wirkung vom Versuch zurückgetreten. A hat sich damit wegen versuchten Betruges strafbar gemacht.

8. A könnte sich zudem wegen versuchten Betruges in besonders schwerem Fall strafbar gemacht haben (§§ 263 Abs. 1, Abs. 3 S. 2 Nr. 2 Alt. 1, 22, 23 StGB).

Ja!

Dafür müsste A einen versuchten Betrug begangen haben und dabei das Regelbeispiel des § 263 Abs. 3 S. 2 Nr. 2 Alt. 1 StGB (Vermögensverlust großen Ausmaßes) verwirklicht haben.

9. Wäre ein tatsächlich eingetretener Vermögensschaden beim Autohaus von € 90.000 ein Vermögensverlust großen Ausmaßes im Sinne des § 263 Abs. 3 S. 2 Nr. 2 Alt. 1 StGB?

Genau, so ist das!

Ein Vermögensverlust großen Ausmaßes liegt vor, wenn die Höhe der Schadensverursachung außergewöhnlich hoch ist. Das Ausmaß ist dabei opferbezogen zu bestimmen. Es kommt bei der Bestimmung also auf den Verlust des Opfers, nicht auf den Gewinn des Täters an. Der Schaden muss laut BGH aber bei mindestens € 50.000 liegen (BGH NStZ 2004, 155).Der Wert des Pkw liegt bei € 90.000. Es ist davon auszugehen, dass auch für ein Autohaus ein Schaden in dieser Höhe außergewöhnlich hoch ist. Zudem ist die Mindestgrenze der Rspr. bei weitem überstiegen.

10. Tatsächlich konnte A ihren Plan nicht umsetzen, der Schaden ist nicht eingetreten. A hat diesen Verlust aber angestrebt. Reicht das, um eine Versuchsstrafbarkeit nach §§ 263 Abs. 1, Abs. 3 S. 2 Nr. 2 Alt. 1, 22, 23 StGB zu begründen?

Nein, das trifft nicht zu!

Unter anderem mit einem Wortlautargument („herbeiführt” und „Vermögensverlust” in Abgrenzung zum Vermögensschaden) hält der BGH es für den besonders schweren Fall für erforderlich, dass der Verlust großen Ausmaßes tatsächlich eingetreten ist. In st.Rspr. lehnt er deswegen eine Strafbarkeit wegen versuchten Betruges in besonders schwerem Fall ab, wenn ein Vermögensverlust großen Ausmaßes im Rahmen des Versuchs lediglich angestrebt wurde. A hat sich daher nicht nach §§ 263 Abs. 1, Abs. 3 S. 2 Nr. 2 Alt. 1, 22, 23 StGB, sondern „nur“ nach §§ 263 Abs. 1, 2, 22, 23 StGB strafbar gemacht. Die sonst häufig anzutreffende Diskussion um die Strafbarkeit beim Versuch eines Regelbeispiels spielt hier also keine eigene Rolle, sondern geht in dem eben Erläuterten auf.
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Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community

NI

Nils

12.11.2024, 09:53:05

Wird hier in dem Überlassen zur Probefahrt die

Vermögensverfügung

gesehen, weil mich die Konstellation eher an den

Trickdiebstahl

erinnert.

Linne Hempel

Linne Hempel

15.11.2024, 09:42:35

Hey Nils, danke für die gute Nachfrage! In der Tat sollte man hier in der Klausur sauber arbeiten und deutlich machen, dass es hier besonders auf die Abgrenzung zwischen der

Vermögensverfügung

und der Wegnahme ankommt. Ein

Trickdiebstahl

wäre dann zu bejahen, wenn die

Täuschung

der Täterin lediglich zu einer

Gewahrsamslockerung

beim Opfer geführt hätte und diese

Gewahrsamslockerung

wiederum die spätere Wegnahme (=

Gewahrsamsbruch

) ermöglicht hätte. Hier kommt es auf eine wertende Betrachtung des Einzelfalls, insbesondere auf die Vorstellung / den Willen des Gewahrsamsinhabers (nach der Verkehrsanschauung) an. Hierbei kann man folgende Differenzierung vornehmen: Billigung des Gewahrsamsverlusts vs.

Gewahrsamslockerung

. Die Billigung des Gewahrsamsverlust (=

Vermögensverfügung

) ist zu bejahen, wenn der Gewahrsamsinhaber einverstanden damit das, dass der Gegenstand in eine generelle Herrschaftssphäre des Täters sowie in eine

Gewahrsamsenklave

des Täters verbracht wird. In diesem Fall geht die Zugriffsmöglichkeit des Berechtigten mit seinem (möglicherweise

täuschung

sbehafteten) Willen vollständig verlustig. Hier also: Kein

Trickdiebstahl

, sondern Betrug. Demgegenüber verbleibt es bei einer bloß zugestandenen

Gewahrsamslockerung

, wenn der Gegenstand in der eigenen generellen Herrschaftssphäre des bisherigen Gewahrsamsinhabers verbleiben oder eine Zugriffsmöglichkeit (z.B. infolge Sichtkontakt, Wissen um Verbleib) bestehen bleiben soll (z.B. Täter täuscht vor, nur einen Anruf mit dem Mobiltelefon des Opfers tätigen zu wollen und der Täter steckt es ein). Die (unbegleitete) Probefahrt geht aber über eine

Gewahrsamslockerung

hinaus, denn hier wird die Zugriffsmöglichkeit auf das Auto bewusst aufgegeben. So auch die Rspr. des BGH: BGH 4 StR 458/00, Beschl. v. 12. Dezember 2000. Siehe auch BGHR, § 263 Abs. 1, RdNr. 15 (nachzulesen auch bei Schönke/Schröder, Strafgesetzbuch, 30.A. 2019): „Wird ein Autohändler dagegen unter Vorspiegelung eines Kaufinteresses veranlasst, ein Fahrzeug zu einer Probefahrt zu verleihen, um es dann veräußern zu können, liegt Betrug vor, weil die Verleihung eine zum Besitzverlust führende

Vermögensverfügung

darstellt und nicht nur eine

Gewahrsamslockerung

.“ In der Klausur im ersten Examen ist es vor allem wichtig, dass Du dieses Problem erkennst und weißt, wie Du hier argumentieren musst. Es kann natürlich hilfreich sein, die einschlägige BGH Rspr. zu kennen, aber viel wichtiger ist die eigene Argumentation. Also keine Sorge, wenn Du im Ergebnis mal nicht der Rspr. folgst. Anders natürlich im zweiten Examen, hier hilft dann aber der Kommentar! :) Ich hoffe, ich konnte dir damit weiterhelfen. Viele Grüße – Linne, für das Jurafuchs-Team

Blan

Blan

19.11.2024, 20:31:58

@[Linne_Karlotta_](243622)Kann man echt so einfach behaupten jede (unbegleitete) Probefahrt stelle pauschal mehr als nur eine

Gewahrsamslockerung

dar? Denn je nachdem wie die Probefahrt gestaltet ist, kann es auch bei einer kurzen Probefahrt an der gewissen Dauer für die

Sachherrschaft

fehlen, sodass gem. § 856 II BGB lediglich eine

Besitzlockerung

anzunehmen ist ( so BGH, Urteil vom 18.09.2020 – V ZR 8/19 Rn. 13). Kommt es dann nicht auch im Rahmen einer (wenn auch unbegleiteten Probefahrt) nicht auf den Einzelfall an, sodass ein pauschales unterstellen hier in deinem Beipsiel nicht ganz richtig ist? Oder denk ich hier zu kleinlich/falsch?😅

Linne Hempel

Linne Hempel

20.11.2024, 10:32:20

Hallo @[Blan](214079), danke für deine Nachfrage und den Hinweis. Generell ist es natürlich wichtig, nicht „pauschal“ mit einer BGH Rspr. zu argumentieren, sondern sich mit den Umständen des Einzelfalls auseinanderzusetzen und hier sauber zu subsumieren. Daher habe ich hier auch zunächst die Definitionen von Gewahrsamsverlust und

Gewahrsamslockerung

vorangestellt und nur zusätzlich auf die einschlägige Rechtsprechung verwiesen. M.E. ist es auch bei einer kurzen Probefahrt entscheidend, dass der Gewahrsamsinhaber die tatsächliche Zugriffsmöglichkeit auf den Wagen wissentlich aufgibt. Sobald der Täter außer Sichtweite ist, könnte er überall hinfahren. Die Dauer der Fahrt ist m.E. kein entscheidendes Kriterium. Mit einer guten Argumentation und je nachdem, wie der Fall in der Klausur konkret ausgestaltet ist, kann man hier aber ggf. auch zu einem anderen Ergebnis kommen. Letztlich wird das in der Klausur nicht entscheidend sein, so lange man sich ausreichend mit dem Thema beschäftigt. Bzgl. der von dir zitierten Entscheidung musst du zunächst beachten, dass es sich um eine Entscheidung eines zivilrechtlichen Falles handelt. Hier solltest du generell vorsichtig sein. Umso mehr in diesem konkreten Fall, da der strafrechtliche Gewahrsamsbegriff sich nicht zwangsläufig mit dem zivilrechtlichen Begriff des Besitzes deckt. Man kann z.B. Gewahrsam haben, ohne aber

unmittelbarer Besitzer

zu sein (z.B. bei der

Besitzdienerschaft

), vgl. z.B. Schönke/Schröder, Strafgesetzbuch, 30.A. 2019, § 242 RdNr. 31. Du solltest also niemals in einer strafrechtlichen Klausur (nur) mit dem zivilrechtlichen Besitz argumentieren, sondern vielmehr sauber unter die Definition des Gewahrsams subsumieren. Zudem hast du die zitierte Stelle – glaube ich – falsch verstanden. Denn auch dort geht der BGH davon aus, dass es sich nicht um eine bloße

Besitzlockerung

handelt. Lies dir am besten RdNr. 13 und 14 noch einmal durch. Zum Zusammenspiel von der Übertragung der unmittelbaren Gewalt und des unmittelbaren Besitzes empfehle ich außerdem die RdNr. 15ff. des Urteils. Wir haben das von dir angesprochene Urteil auch aufbereitet, es hilft bestimmt auch, wenn du dir das einmal anschaust: https://applink.jurafuchs.de/bTEqwq3TFOb Ich hoffe, ich konnte dir damit weiterhelfen. Viele Grüße – Linne, für das Jurafuchs-Team

consul

consul

1.12.2024, 16:43:09

Was m

ich gerade noch kurz verwirrt hat, ist dass im vorliegenden Fall die Probefahrt ja gerade nicht unbegleitet war. Denke wir landen aber aus dem Grund a.E. bei der (versuchten) Betrugsstrafbarkeit, weil die unbegleitete Probefahrt von A ja angestrebt wurde, nur dann nicht gelang.

Linne Hempel

Linne Hempel

21.12.2024, 15:54:07

Hey @[consul](194231), genau so ist es & genauso prüfen wird es hier. Die oben dargestellte Abgrenzung ist dennoch wichtig, da sie i.R.d.

Tatentschluss

vorgenommen werden muss. Denn wie Du schon richtig sagst: Die Täterin ging hier von einer unbegleiteten Probefahrt aus, sodass sich ihr

Tatentschluss

auf einen Betrug und nicht auf einen

Trickdiebstahl

bezog. Viele Grüße – Linne, für das Jurafuchs-Team

PAT

Patrycia

12.11.2024, 13:37:44

Ist sie wegen Versuchs strafbar weil der Versuch fehlgeschlagen ist?

Amelie

Amelie

16.2.2025, 12:43:16

Obwohl ich die Argumentation verstehe, fällt mir das Ergebnis etwas schwer. Ist das nicht Gesinnungsstrafrecht? Letztendlich hat A ja nur eine Probefahrt durchgeführt. Was hätte A machen müssen, um straffrei zurückzutreten, wenn sie sagen wir aus anderen Gründen (Kaufinteresse wurde doch später geweckt) die Probefahrt durchführte? Wäre dies vielleicht als

untauglicher Versuch

zu werten? Mit V im Auto (vielleicht ist das der Standard bei dem Autohaus?) wäre ein Wegfahren nie möglich. Aber hätte sie dann die Probefahrt abbrechen müssen und das vordem V ihr klar macht er würde mitfahren um zurückzutreten? Wo liegt mein Denkfehler? Oder wird hier tatsächlich ihre Gesinnung bestraft?

Charles "Chuck" McGill

Charles "Chuck" McGill

18.3.2025, 20:46:49

"Gessinungsstrafrecht" darf nicht zu weit verstanden werden. Ein Gesinnungsstrafrecht bestraft eine bloße Überlegung, einen bloßen Gedanken in sich. Sobald A unmittelbar dazu ansetzt, ihren Gedanken in die Tat umzusetzen, wird sie nicht mehr nur für ihre Gesinnung bestraft. Das hat auch mit der Möglichkeit oder

Unmöglichkeit

der späteren Ausführung nichts zu tun. Insofern A erst nach ihrer Äußerung auf Wunsch nach Probefahrt erfahren hat, dass sie nicht alleine fahren wird, ist ihr Versuch eben fehlgeschlagen. Ich sehe aber nicht, wo hier das Problem sein soll. Derjenige, der in die leere Tasche eines andern greift, weil er dort den

Geld

beutel vermutet, hat halt auch Pech gehabt. Genauso der, welcher auf eine Strohpuppe schießt, die er für seinen Feind hält. All diese Leute haben Handlungsunrecht verwirkt und sind entsprechend zu bestrafen.

Erik_1995

Erik_1995

20.5.2025, 16:01:06

Warum wird hier nicht diskutiert, ob nicht ein

Versuch des Regelbeispiels

vorliegt bzw. dieses überhaupt möglich ist? Sofern man im den Ansprechen des Verkäufers ein

unmittelbares Ansetzen

zur Herbeiführung eines Vermögens

schaden

s sieht, muss man doch diskutieren, ob damit nicht auch das

Regelbeispiel versuch

t wurde? Denn beides zielt auf das gleiche Tatobjekt ab. Wie kann jemand unmittelbar dazu ansetzen, ein Auto im Wert von 90.000 Eur zu erlangen, aber nicht dazu, einen Vermögensverlust von 90.000 Eur herbeizuführen? Nachtrag: Der BGH scheint im Vorhinein bereits die Anwendbarkeit des versuchten

Regelbeispiel

s ausnahmsweise auszuschließen, da wertungsmäßig hier der Versuch nicht einer Vollendung gleichstehen soll, da das

Regelbeispiel

primär den Erfolgseintritt missbilligt. (90k eingetretener

Schaden

). Finde ich fraglich, da die Versuchsstrafbarkeit doch gerade zeigt, dass eine Strafnorm sowohl

Erfolgsunrecht

als auch Handlungsunrecht (=Versuch) bestraft. Weshalb soll ausgerechnet diese Variante des

Regelbeispiel

s dem nicht entsprechen?

Sebastian Schmitt

Sebastian Schmitt

25.5.2025, 19:33:29

Hallo @[Erik_1995](177911), Dein Nachtrag trifft es schon ganz genau: Der BGH entnimmt dem Wort "herbeiführen" und dem Begriff des "Vermögensverlusts" (in Abgrenzung zum Vermögens

schaden

) in § 263 III 2 Nr 2, 1. Var StGB in st Rspr, dass der Vermögensverlust tatsächlich eingetreten sein muss. Ein bloß darauf gerichteter Vorsatz soll eine Versuchsstrafbarkeit generell nicht begründen können (BGH NStZ-RR 2018, 109, 110). Auch systematische und Bestimmtheits-Argumente sollen eine Rolle spielen (ganz ausführliche Argumentation zB bei BGH NJW 2003, 3717, 3718 f). Der von Dir angedeutete Streit um die Versuchsstrafbarkeit bei

Regelbeispiel

en geht darin auf, stellt sich also in dieser Form bei § 263 III 2 Nr 2, 1. Var StGB nicht, wenn man der Rspr folgt. Ob einen das überzeugt, ist eine andere Frage. Vereinzelte Gegenstimmen gibt es natürlich (Nachweise dazu bei Kindhäuser/Neumann/Paeffgen/Saliger/Kindhäuser/Hoven, StGB, 6. Aufl 2023, § 263 Rn 394, Fn 1264), auch in der Lit schließt man sich dem BGH aber vielfach an. Viele Grüße, Sebastian - für das Jurafuchs-Team

LEXA

lexa

19.6.2025, 12:16:55

Auch eine Diskussion würde zum selben Ergebnis führen, da der BGH bei erfülltem Grunddelikt und versuchtem Regelbsp. nur nach dem Grunddelikt verurteilt.

Erik_1995

Erik_1995

21.6.2025, 02:52:13

@[lexa](296525) diese Behauptung ist falsch. Im vorliegenden Fall ist das Grunddelikt nur versucht, sodass der BGH eigentlich nach versuchten Betrug im besonders schweren Fall bestrafen würde. Es macht also einen Unterschied, ob man den Standard-Streit führt oder den Standard-Streit führt und dann sagt, dass dieses

Regelbeispiel

etwas besonderes ist und ein Versuch grundsätzlich (ausnahmsweise) nicht möglich ist (BGH). Ich würde mir einfach mehr didaktischen Aufwand wünschen damit man im Kopf verknüpfen kann "ah dieses

Regelbeispiel

ist etwas besonderes, der BGH hält ausnahmsweise bei diesem spezifischen

Regelbeispiel

den Versuch nicht für möglich, sonst aber schon." Wäre schon wichtig zum lernen und Verstehen...

LEXA

lexa

21.6.2025, 15:43:56

Falsch nicht, aber ich sehe deinen Punkt :)

Erik_1995

Erik_1995

21.6.2025, 15:57:46

@[lexa](296525) gerne diskutier ich darüber :D warum nicht falsch? Im obigen Fall liegt doch nur ein versuchtes Grunddelikt vor und deine Aussage bezog sich auf ein vollendetes Grunddelikt. Können wir uns auf "nicht zutreffend" einigen? 😁

LEXA

lexa

21.6.2025, 16:42:08

Oh wow, das stimmt! Sorry, ich war in der falschen Konstellation unterwegs haha. Danke für die Geduld :)


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